“Hatten sie wirklich keinerlei Informationen, was im Tunnel und auf der Rampe geschehen war?”, will ein Nebenkläger-Anwalt wissen. “Nein, nichts”, antwortet der Polizist, der heute weiter als Zeuge aussagt. Schon gestern haben wir erfahren, dass er als Einsatzleiter Raumschutz West nicht für diesen Bereich zuständig war, von dem sich anbahnenden Unglück offenbar nichts wusste. Sein Zuständigkeits- und damit auch sein Wissensbereich endete am Eingang des Veranstaltungsgeländes.
Dennoch dürften seine Entscheidungen nicht unwesentlich sein, für die Entwicklungen im Tunnel. Der Oberstaatsanwalt will zu Beginn des 103. Verhandlungstages wissen, was in den Stunden vor der Katastrophe auf den westlichen Zuwegen passiert ist.
Dramatik nicht wahrgenommen
Zeitweise habe an den Eingangsschleusen immenser Druck geherrscht, erklärt der Zeuge. Er habe Vorsperren errichten und angewiesen mehr Schleusen zu öffnen. Gegen 15:45 Uhr sei der Betrieb an der Vereinzelungsanlage West schließlich ohne größere Probleme gelaufen. “Es war eine Situation, wo man gesagt hat, das funktioniert da jetzt.” Im Tunnel, das ist bekannt, spitzte sich die Lage zu dieser Zeit bereits zu.
Warum er trotz aller Bedenken im Vorfeld nicht gegen das Sicherheitskonzept rebelliert habe, will ein Verteidiger wissen. “Das sieht das Beamtenrecht nicht vor”, antwortet der Zeuge. Ein anderer Verteidiger will wissen, ob der Zeuge hinterfragt hat, warum Menschen vom Veranstaltungsgelände auf die A59 liefen, möglicherweise in Panik, weinend, sich erbrechend. Antwort: “So eine Dramatik habe ich da nicht wahrgenommen.”
Verteidiger bohren nach
All diese Aussagen überraschen kaum. Ähnliche Erkenntnisse über volle Zuwege haben auch andere Zeugen bereits geliefert. Vom Westen nichts Neues, also. Die Verteidiger der drei angeklagten Lopavent-Mitarbeiter bohren dennoch nach. Sie sehen in den Antworten des Zeugen abermals die Chance, ihre Mandanten zu entlasten. Gewohnt ambitioniert fragen die Verteidiger nach Details zu Vorbesprechungen, Sperrmaßnahmen am Veranstaltungstag und polizeiinternen Informationsabläufen. Gegen 14 Uhr darf der Zeuge gehen.