Tag 129: “Das war uns zu gefährlich”

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Tag 129: “Das war uns zu gefährlich”

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Am heutigen Prozesstag ist der Duisburger Betriebsleiter einer großen Sicherheitsfirma im Zeugenstand. Bei der Loveparade 2010 war er für den Einsatz von rund 100 Ordnungskräften seiner Firma zuständig. Er verbrachte den Tag in der Sicherheitszentrale; in dem Büro, in dem auch zwei der Angeklagten saßen. Dort sollten an Bildschirmen Überwachungsvideos live betrachtet und über Funk Informationen und Befehle mit den Mitarbeitern auf dem gesamten Gelände ausgetauscht werden.

“Die Gegend kenne ich wie meine Westentasche” – Ein ortskundiger Sicherheitsfachmann

Der 61-Jährige berichtet, dass er nur 500 Meter vom Karl-Lehr-Tunnel, dem Unglücksort, aufgewachsen sei. Deshalb kenne er die Gegend sehr gut. Als seine Sicherheitsfirma vom Veranstalter gefragt wurde, ob sie nicht die Einlasskontrollen übernehmen wolle, habe er sich sehr schnell dagegen entschieden, sagt er. “Die Betreuung der Vereinzelungsanlagen war uns zu gefährlich”, erinnert er sich. Dass Hunderte Menschen zum Tunnel strömen und seine Mitarbeiter dort mitten auf der Straße stehen würden, habe er sich nicht vorstellen können.

Den Rettungsweg habe man mit der Feuerwehr “wegdiskutiert”

Dann habe man sich aber doch mit Lopavent geeinigt. Etwa 100 geschulte Sicherheitskräfte seiner Firma seien an verschiedenen Notausgängen des Partygeländes postiert worden. Diese befanden sich weiter von der Rampe und dem späteren Unglücksort weg. Doch auch dort sei nicht alles richtig gelaufen, sagt der Zeuge.

Bei einer Vorbesichtigung habe er erkannt, dass an den Notausgängen nicht alles wie geplant gebaut worden sei. Es habe keinen Weg für Rettungswagen gegeben. Der Veranstalter habe wissentlich auf einen Rettungsweg verzichtet. Auf Nachfrage habe ein Angeklagter zugesichert, dass das mit der Feuerwehr abgesprochen sei. Den Rettungsweg habe man “wegdiskutiert”.

Das bleibt nicht die einzige Äußerung des Zeugen, die zu Ungunsten der Angeklagten ausfällt.

War die Sicherheitszentrale durchgehend besetzt?

Der Zeuge sagt aus, dass die Angeklagten “stundenlang nicht in der Sicherheitszentrale anwesend” gewesen seien. Er habe vermutet, dass sie auf dem Gelände waren.

Nicht verwandt und nicht verschwägert

Der 61-jährige Betriebsleiter macht bisher einen souveränen und unabhängigen Eindruck. Im Gegensatz zu vielen anderen Zeugen, die in den vergangenen Prozesstagen ausgesagt haben, ist er weder geschäftlich noch privat mit den Angeklagten verbunden. Die Verteidigung hat am kommenden Dienstag die Gelegenheit, den Zeugen zu befragen.

Über den Autor

in Duisburg geboren. Nach einem Volontariat bei einem TV-Sender ging es weiter als freie Videojournalistin für verschiedene TV Sender und internationale Online-Plattformen. Seit 2016 im WDR Studio Duisburg zuhause.

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