Tag 19: Obduktionsergebnisse und ein Überwachungsvideo

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Tag 19: Obduktionsergebnisse und ein Überwachungsvideo

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Ob die Verstorbene leiden musste, fragt ein Anwalt im Namen der Angehörigen. Rechtsmediziner Dr. Matthias Schubries antwortet ehrlich: „Ich denke, das ist auch mit einer Alkoholeinwirkung schrecklich.“ Der Erstickungsvorgang dauere in der Regel drei bis fünf Minuten. Man könne aber davon ausgehen, „dass die Verstorbene relativ schnell bewusstlos geworden ist.“

Bilder wolle man möglichst nicht zeigen, sagt der Vorsitzende Richter Mario Plein. Aber er bittet die beiden Rechtsmediziner um präzise Beschreibungen. Sie sitzen hier, weil sie im Juli 2010 die Leichen zweier Loveparade-Opfer obduziert haben. Beide haben damals die „Diagnose eines Erstickens bei massiver Brustkorbkompression“ in ihre Berichte geschrieben.

Rechtsmediziner präsentieren Obduktionsergebnisse

Schubries und sein Kollege Dr. Andreas Freislederer schildern präzise sowohl äußerlich sichtbare, als auch innere Verletzungen – teils intime körperliche Details. Beide präsentieren ihre Ergebnisse nüchtern, für sie zählen derlei Untersuchungen zum Arbeitsalltag.

Bei den Zuhörern hingegen erzeugen die Schilderungen schwer zu verarbeitende Bilder im Kopf. Nachvollziehbar, dass heute keine Nebenkläger in den Prozesssaal gekommen sind. Nach einer Stunde sind die Rechtsmediziner fertig, offenbar deutlich schneller als geplant. Kurze Pause. Das Gericht will beraten, wie der Verhandlungstag weitergeht.

Dokumente werden noch eine Rolle spielen

Der zweite Teil des Verhandlungstages ist deutlich weniger emotional. Plein und seine Kollegin verlesen im Wechsel verschiedene Dokumente, beginnend mit einer Veranstaltungsbeschreibung der Firma Lopavent vom 16.07.2010. Die hierin auftauchenden Angaben zu erwarteten Besucherströmen, Zugangskontrollen und Fluchtwegen werden im Prozess mit Sicherheit noch eine Rolle spielen. Verlesen werden auch eine Rahmenvereinbarung zwischen Stadt und Veranstalter, sowie Sitzungsprotokolle des Stadtrats.

Überwachungsvideo zeigt fröhliche Menschen

Zum Abschluss des Tages zeigt das Gericht einen Teil eines tonlosen Überwachungs-Videos auf den beiden großen Leinwänden. Stille im Verhandlungssaal. Eine halbe Stunde lang offenbart Kamera 13 einen Blick auf die Rampe – ungeschnitten.

Der Ausschnitt zeigt die Szenerie ab 13:27 Uhr: Auch wenn Bauzäune die Rampe verengen, schlendern die Besucher gemütlich auf das Gelände. Einige Männer urinieren an Wände, ein Flaschensammler steht neben seiner Mülltüte. Um 13:39 hüpfen zwei Partybesucher durch das Bild. Sie wirken fröhlich, wie sie ihre Arme in die Luft strecken. Von Massenpanik ist zu diesem Zeitpunkt noch nichts zu spüren. Doch auch diese Bilder wird das Gericht bald zeigen müssen.

Über den Autor

Geboren 1985 in Rees am Niederrhein. Studium in Bochum (Germanistik und Geschichte). Seit 2012 als Journalist in Duisburg. Onliner bei der WDR Lokalzeit aus Duisburg sowie Radiomacher (u.a. WDR5 und Deutschlandfunk Nova).

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