Der 20. Verhandlungstag ist schnell wieder vorüber. Nach nur einer Stunde ziehen sich alle Prozessbeteiligten zu einer internen Beratung zurück. Hinter verschlossenen Türen wollen sie ab dem späten Vormittag beraten, wie die Beweisaufnahme ab Mitte Mai fortgesetzt wird.
Aber von vorn: Auch heute ist mit Dr. Peter Gabriel ein Rechtsmediziner zur Verhandlung geladen. Gabriel hat kurz nach dem Loveparade-Unglück die Leichen von vier Opfern obduziert – am Tag des Unglücks waren sie 18, 18, 19 und 21 Jahre alt.
Kaum Nachfragen zu Obduktionsergebnissen
Auch Gabriel zählt – wie schon seine Kollegen am Vortag – alle Verletzungen auf. Opfer für Opfer. In sachlichem Tonfall ordnet er ein, wodurch die Verletzungen verursacht worden sein könnten und welche Rolle sie für den Tod gespielt haben. Die Todesursache ist in allen vier Fällen gleich: Sauerstoffunterversorgung in Folge einer Hals- und Brustkorbkompression. Übersetzt: Die Menschen sind erstickt, weil kein Platz mehr zum Atmen war.
Im Team sind wir uns einig: In diesem Blog wären die medizinischen Details fehl am Platz. Zu wichtig ist es, Angehörige zu schützen und die Würde der Verstorbenen zu bewahren. Nachfragen zu den Ausführungen des Rechtsmediziners gibt es seitens der Verfahrensbeteiligten kaum.
Nachdenkliche Jura-Studenten im Zuschauerraum
Nachdem der Vorsitzende Richter den Verhandlungstag bereits um 10:20 Uhr für beendet erklärt hat, stehen im Zuschauerbereich zwei junge Männer auf. Sie sind aus Interesse hier, studieren Jura im ersten Semester. „Es kam mir ein bißchen lockerer vor als ich gedacht hab“, sagt der Eine. Er meint den Umgangston zwischen Richter und Anwälten. Zum Inhalt ergänzt er: „Schön ist das natürlich nicht“.
Sein Kommilitone zeigt sich nachdenklich. Die Opfer im Bericht des Rechtsmediziners waren damals in etwa so alt wie er heute. „Wir wären ja locker auch hingegangen.“