Tag 74: Feuerwehr, Teil II

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Tag 74: Feuerwehr, Teil II

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Die Rolle der Duisburger Feuerwehr in der Loveparade-Planung war schon einmal Thema im Gericht, als der Feuerwehrchef und damalige Einsatzleiter ausgesagt hat. Heute sitzt sein Ex-Kollege im Zeugenstand, ein heute 60 Jahre alter Feuerwehrmann im Ruhestand – im Vorfeld und am Tag der Katastrophe war er für einsatztaktische Fragen zuständig. 

Auch er betont: „Wir konnten gar nicht für die Erstellung dieses Sicherheitskonzeptes verantwortlich sein.“ Sein Standpunkt sei aber immer gewesen, dass man Staus im Tunnel vermeiden müsse: „Für mich war klar, auf diesem Streckenabschnitt darf es keine Stagnation, keinen Stillstand der Besucher geben.“

Uneinigkeit bei Sicherheitsfragen

Immer wieder lenkt der Vorsitzende Richter den Fokus auf die Arbeitsgruppe AG4, ein Gremium aus Vertretern von Feuerwehr, Stadt, Polizei und Veranstalter. Diese Arbeitsgruppe sei kein Beratungs-, sondern ein Entscheidungsgremium gewesen, hier habe Kompetenz gesessen, sagt der Zeuge. Konkrete inhaltliche Fortschritte bringen die Fragen nach der AG4 in meinen Augen allerdings nicht. 

Mehr Spannung versprechen die Fragen nach einem Ortstermin einen Monat vor der Veranstaltung, bei dem sich eine Delegation aus Vertretern verschiedener Behörden die Zuwege und das Veranstaltungsgelände angesehen haben. Einwände zum Sicherheitskonzept auf der Rampe seien von Polizeibeamten „despektierlich“ kommentiert worden, erinnert sich der Zeuge. Immer wieder scheint durch, dass Feuerwehr und Polizei in Sicherheitsfragen unterschiedlicher Ansicht waren. 

Das entsprechende Protokoll zum Begehungstermin wirft allerdings auch kein gutes Licht auf den Zeugen. Fragen nach dem Gesamtkonzept der Feuerwehr soll er demnach lapidar zurückgewiesen haben. Der Zeuge betont ungläubig, das sei nicht sein Stil. An die konkrete Situation kann er sich aber nicht erinnern.

“Jetzt kommt die Kür”

Der Zeuge gibt aber an, „aus brandschutztechnischer Sicht keine Bedenken“ gehabt zu haben. Das belegen auch schriftliche Stellungnahmen des Zeugen im Vorfeld der Katastrophe. Grundlage für dieses Urteil war offenbar die mangelhafte Entfluchtungsanalyse einer Duisburger Firma, die im Prozess bereits eine Rolle gespielt hat. Der Zeuge gibt zu: „Wenn ich Bedenken geäußert hätte, würden wir hier heute nicht sitzen.“ Am Morgen des Veranstaltungstages sei er sich aber sicher gewesen: “Jetzt kommt die Kür.”

Ist die Feuerwehr ihren Pflichten ausreichend nachgegangen? Hätte ein entschiedenes Veto der Feuerwehr die Katastrophe verhindern können? Klare Antworten bringt dieser Tag nicht. Vielleicht bringen die Fragen von Nebenkklägern, Staatsanwaltschaft und den für gewöhnlich gut vorbereiteten Verteidigern morgen mehr Erkenntnisse. 

Über den Autor

Geboren 1985 in Rees am Niederrhein. Studium in Bochum (Germanistik und Geschichte). Seit 2012 als Journalist in Duisburg. Onliner bei der WDR Lokalzeit aus Duisburg sowie Radiomacher (u.a. WDR5 und Deutschlandfunk Nova).

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