Prepper? Typen, Vorräte horten und sich rüsten für irgendeinen Tag X, an dem der Umsturz geschieht, die Katastrophe stattfindet, sonstwas passiert; jedenfalls die staatliche Ordnung außer Kraft gesetzt wird. Hat man bis vor kurzem vielleicht eher ein wenig belächelt, oder? Angesichts dessen, was, auch jenseits des Lübcke-Mords zuletzt aus dem braunen Untergrund hochgekocht ist, kann einem so ein Lächeln allerdings auch im Mundwinkel gefrieren. Ein Beispiel: In Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg wurden im Juni SEK-Polizisten festgenommen, die einer Prepper-Gruppe entwendete LKA-Munition verschafft hatten – und diese Prepper namens “Nordkreuz” wiederum flogen auf, weil sie sich auch Leichensäcke und Ätzkalk besorgt hatten, um am Tag X die Leichen politischer Gegner zu “versorgen”.
Krass, das alles? Wahrscheinlich weniger für den Berliner Schriftsteller Johannes Groschupf, der mit seinem Romam “Berlin Prepper” (Suhrkamp, Euro 14,95) genau in dieses Milieu hineinzielt bzw. genau aus diesem Milieu heraus erzählt: Walter Noack, sein “Held”, Berliner und Redakteur der Online-Abteilung einer großen Zeitung, ist ein Prepper, allerdings kein politisch Radikaler, ein ganz normaler Mann, der sich rüstet, im Fall der Fälle gerüstet zu sein. Und dass dieser Fall kommen wird, durch die Radikalen, davon ist er überzeugt; nicht zuletzt durch seinen Job – Noack ist dafür zuständig, die schlimmsten Hasskommentare auf der Netzseite der Zeitung zu entfernen, das verschafft im Ein- und Überblick in die Gedankenwelten derer, die da draußen (im Untergrund) vom Umsturz träumen. Dann passieren verschiedene Sachen, für Noack persönlich, aber auch gesellschaftlich, es beginnt zu brennen, im wahrsten Sinn des Wortes … – “Berlin Prepper” ist zum einen ein extrem schneller und packender Thriller, der mitten ins Schwarze der Gegenwart zielt – und eben in ihre Untergründe.
Dort schaut auch “Westwall” mal etwas genauer hin, das Romandebüt von Drehbuchautor Benedikt Gollhardt, den man unter anderem als einen der Erfinder von “Türkisch für Anfänger” kennt: Seine Heldin ist eine junge Frau namens Julia, Polizeischülerin, die ein dunkles Geheimnis umweht, von dem sie lange selbst nicht mal etwas weiß. Julia ist in einer Kommune aufgewachsen, ihr Vater, ehemaliger Punk, hat sich wohl ganz bewusst dafür entschieden, auch um das Geheimnis zu wahren, ihre Mutter hat sie nie kennengelernt. Zur Polizei ging Julia eher aus Trotz, um aufzubegehren – und als Polizeischülerin wird sie nun in eine Geschichte verwickelt, die ebenfalls in unbekannte “braune” Gefilde im Untergrund führt: Ira, eine radikale Identitäre, hat eine Gruppe von Straßenkindern aufgenommen und trainiert sie gemeinsam mit Gleichgesinnten für zukünftige Anschläge, verschiedene Verfassungschützer haben die Sache auf ganz unterschiedliche Weise im Blick, Julia gerät dabei auf mehreren Ebenen, wenn man so will, zwischen die Fronten. Gesellschaftskritische All Age-Unterhaltung, und auch diese Geschichte zielt, wenn auch ganz anders als “Berlin Prepper” mitten in unsere heutige, jetzige Realität.