Immer wieder erstaunlich, wenn das gute, alte Genre-Muster des hartgesottenen Privatschnüfflers, der gegen alle Widerstände ermittelt, doch einmal wieder richtig, sagen wir, “frisch” funktioniert, ohne jeden Staub und Muff. Neuestes Beispiel: “Der die Träume hört”, der erste Kriminalroman des deutsch-türkischen Schriftstellers Selim Özdogan. (Edition Nautilus, Euro 18)
Nizar, sein Private Eye, ist ein Cyber-Detektiv, der diverse Fälle zu ermitteln hat; vor allem aber sucht er nach einem Dealer, der seine Ware übers Darknet vertickt – und dessen Stoff für den Tod eines Jungen verantwortlich ist, was ihn unter anderem in die eigene Vergangenheit zurück führt. Von dort taucht gewissermaßen auch ein zweiter Handlungsstrang auf – Nizar hat einen Sohn, von dem er nichts wusste, Lesane, und auch dieser Sohn hat Stress in Sachen Drogen und Dealen, er muss einen hohen Betrag an Schulden zurückbezahlen, sonst wird´s gefährlich; Nizar, der selbst pleite ist, ist gefragt.
Neulich auf dem Symposium “Krimis machen” wurde über Migration als Thema im Krimi diskutiert, ein Thema mit vielen Facetten, das mittlerweile auch gut bedient wird. Erstaunlicherweise allerdings gibt´s wenig Kriminalromane von AutorInnen mit Migrationshintergrund, wie man so sagt, Selim Özdogan ist da eine Ausnahme. Er führt sehr gekonnt und engagiert und verspielt hinein in die Milieus, in denen seine Story spielt, große Klasse.
Ein wichtiges Element ist der Hip Hop, von den 90ern bis heute, das verbindende Element auch, das Vater und Sohn helfen könnte, trotz allem Fremdeln irgendwie zueinander zu finden. Zugleich ist “Der die Träume” findet, wenn man so will, auch eine Art versteckte Kulturgeschichte des Rap – und seiner Rezeption bei den jungen Männern aus Migrantenmilieus, von denen diese Geschichte mit Blick auf zwei Generationen sehr treffend erzählt.