Die Orchidee ist eine sagenumwobene und mysteriöse Pflanze. Seit der Antike beschäftigt und begleitet sie den Menschen. Zwischen Handelsverbot, Massenproduktion und Sammlerleidenschaft hat sich die Schweizer Autorin Noemi Harnickel in ihren Bann ziehen lassen – eine Kulturgeschichte mit Aha-Effekt.
Die Orchidee ist in unserer Gesellschaft im Grunde eine paradoxe Angelegenheit: Einerseits sie omnipräsent und überall zu finden, dabei handelt es sich meist um die Art der Phalaenopsis, also der Schmetterlingsorchidee. Diese Pflanzen stammen aus industrieller Produktion und sind für kleines Geld in jedem Baumarkt zu haben. Andererseits gelten die Orchideen als Pflanzenfamilie als bedroht, Einfuhr und Handel sind weltweit extrem beschränkt, seltene Exemplare haben deshalb einen hohen Preis und Sammlerwert.
Insgesamt gibt es über 30.000 Arten von Orchideen, hinzu kommen Zigtausende Hybride, die von Menschen gezüchtet wurden. Die Orchidee begleitet die menschliche Existenz seit Ewigkeiten – von der Antike über die Kolonialgeschichte bis in die Gegenwart mit ihren ökologischen Problemfragestellungen. Sie galt als Aphrodisiakum, sie wird in ihrer vielfältigen Schönheit bewundert, sie sorgt für feine Gerüche und einen der beliebtesten Geschmacksstoffe: die Vanille.
Was macht die Faszination dieser schillernden Pflanze aus? Auf die Frage gibt es viele Antworten, aber keine definitive. Die Farben, die Formgebungen? Die Blüten und die Düfte? Die Art der Vermehrung? Schon die Faszination, die die Pflanze ausübt, ist faszinierend. Eben, wie sie in den Bann zu ziehen weiß. Die Orchidee ist eine gesellschaftliche Schnittstelle, sagt Noemi Harnickell; ein Scharnier, das völlig unterschiedliche Welten miteinander verbindet.
Noemi Harnickel: Verstörend betörend. Im Bann der Orchidee. HarperCollins, 2022. Euro 20,–