Schmugglerpfad in Richtung Erkenntnis: Marica Bodrožić folgt dem Philosophen, Essayisten und Schriftsteller Walter Benjamin auf seinem letzten Weg und erkundet dabei in ihren “Seelenstenogrammen“ Gedankenwelten – seine, ihre, unsere.
Zu bleiben, hätte den sicheren Tod bedeutet. Im September 1940 wagte Walter Benjamin den nächtlichen Weg vom französischen Banyals-sur-Mer nach Portbou auf der spanischen Seite der Grenze – wo er wenig später seinem Leben ein Ende setzte.
80 Jahre später nahm Marica Bodrožić denselben Weg, zusammen mit ihrem Mann und einem werdenden Leben im Bauch, jenseits der Reisezeit, die Drei waren unterwegs wohl weitgehend allein.
Dieser Weg bildet den Rahmen und auch das Gerüst ihres Buches, sie nutzt ihn, um Gedankenwege zu gehen, die letztlich die Gedankenwelten ausloten, die das Menschsein in der Welt bedeuten. In guten wie in schlechten Zeiten.
„Die Arbeit der Vögel“ ist ein Hybrid, möglicherweise auch ein Roman: Zwischen Essayistischem und Autofiktionalem changieren und interagieren unterschiedlichste Schreibweisen, Textsorten und Denkarten. Und die Sprache, die das vollbringt, ist vermutlich sowieso das Eigentliche – was den Menschen zum Menschen macht.
Das Ergebnis ist kein großes Ganzes, das wäre sowieso eine Illusion, aber durchaus ein Universum, aus dem sich schöpfen lässt, beinahe unendlich: Ausgesprochen reich an Themen, Assoziationen, Wendungen, Erkenntnissen, neuen Fragen fordert dieses Buch seiner Leserinnen und Leser mit ihrer Neugier und Erkenntnislust heraus.
Marica Bodrožić: Die Arbeit der Vögel. Luchterhand Verlag, 2022. 345 Seiten. ISBN 978-3630875941. Euro 22,–