Neulich, in der Lieblingsbuchhandlung: Weihnachtsgeschäft, und zwar kurz vor Schluss. Bisschen Stress liegt in der Luft, klar, der Laden ist voll, zwei Einpackerinnen leisten Akkordarbeit. Trotzdem: Gute Stimmung, durchatmen vor dem Endspurt. “Und, alles okay bei Euch?“ Ja, alles bestens, sagt die Lieblingsbuchhändlerin, zufrieden. Wie sollte es auch anders sein, man kennt ja seine Pappenheimer, man ist aufgestellt und vorbereitet dort.
Dann allerdings doch ein kleines Runzeln auf ihrer Stirn. „Ja-aa?“ Also, die Fragen der Kunden, die Spezial- und Sonderwünsche, das würde schon immer verrückter, und zwar von Jahr zu Jahr. “Ach ja? Wieso?“ Na, da kämen halt die entlegensten Mini-Infoschnipsel, mit der Frage, ob man das Buch dazu habe. Und das im Weihnachtsgeschäft, direkt an der Kasse sozusagen! „O-kay…“ Ein Beispiel: Eine Kundin, Redakteurin einer stadtbekannten Frauenzeitschrift übrigens, hat nach einem rosafarbenen Delphindildo gefragt, also sowas… „Ein – Delphindildo? Rosa? Echt?“
Tja, darüber konnte man lange nachdenken. Und diskutieren. Oder auch einfach nur – helfen. Weihnachtlich. Denn dies ist der Moment, um sich zu outen, als Dildo-Experten, der sich die Zeit ja nur gelegentlich, nur nebenbei auch mit Büchern und Hörbüchern vertreibt. Also: Ein Runzeln, jetzt auf meiner Stirn. Zeit, ich brauche ein paar Sekunden … „Äh, warte Mal, Delphindildo, da war doch was…“ Kurz nachdenken, schnell die Festplatte ordnen – und flupp! ist es wieder da: Ja, klar, da war tatsächlich was – nämlich „Qualityland“ von Marc-Uwe Kling.
Einer von vielen schönen Einfällen dieser Digital-Zukunfts-Groteske (die der Autor in der Hörbuchversion übrigens sehr gelungen selbst eingelesen hat): Ein Loser namens Peter Arbeitsloser bekommt vom Onlinehändler einen rosafarbenen Delphindildo zugeschickt, weil der Algorithmus ausgerechnet hat, dass das seinen Wünschen entspricht – und wird das Ding ums Verrecken nicht mehr los. Marc-Uwe Kling, das ist übrigens der Witzbold mit den „Känguru-Chroniken“ – „Qualityland“ ist sein erster Roman (den ich zufällig kurz davor gelesen hatte..)
Jetzt, gut vier Wochen später, belegt Marc-Uwe Kling mit seinen vier Hörbüchern die ersten vier Plätze der „Spiegel“-Hörbuch-Bestsellerliste. Die ERSTEN VIER!! Das ist nicht bloß erstaunlich, sondern sensationell – wenn man die Hintergründe nicht kennt. Wie wir. Jedenfalls, wieder was gelernt: Nicht bloß in Sachen #metoo, sondern auch sonst, ganz klassisch analog jede Menge Frauenpower, nach wie vor, die publizistische Macht der Feministinnen bleibt unerschöpflich.