1. »Das Versprechen« Damon Galgut SÜDAFRIKA
(Roman. Aus dem Englischen von Thomas Mohr. Luchterhand. 368 Seiten. 24,00 €)
Einen virtuosen Strom verschiedener Perspektiven, Gedanken und Gefühle erzeugt Galgut in seinem unwiderstehlich erzählten Roman und verbindet die Transformation der südafrikanischen Gesellschaft seit 1986 mit dem Auseinanderbrechen einer weißen Familie. Dadurch wird klar: Allumfassende Gerechtigkeit ist in diesem Land nicht möglich. Sonja Hartl
2. »Liebe im neuen Jahrtausend« Can Xue CHINA
(Roman. Aus dem Chinesischen von Karin Betz. Matthes & Seitz. 398 Seiten. 26,00 €)
Ein rasanter wie rasant erzählter Roman über den Überwachungsstaat China. Im Mittelpunkt: ein tumber Held namens Wei Bo. Doch bald ist klar: Nichts ist, wie es scheint. Stattdessen: Falltüren ohne Ende, auch für den Leser. Und niemand kann vor dem Nächsten sicher sein. Die Lektüre: reines Kung Fu. Claudia Kramatschek
3. »Das verlorene Paradies« Abdulrazak Gurnah TANSANIA / GROSSBRITANNIEN
(Roman. Aus dem Englischen von Inge Leipold. Penguin. 336 Seiten. 25,00 €)
In seinem Debut erzählt der Nobelpreisträger, wie und bis Yusuf in Sansibar um 1910 erwachsen wird. Mit Anklängen an den Koran, aber auch an den Josef der Bibel, sowie Anklagen diverser Rassismen, auch der damaligen deutschen Kolonialherren. Ein postkolonialer Abenteuerroman, manchmal realistisch, manchmal poetisch, immer ergreifend. Ruthard Stäblein
4. »Mein Bruder« Jamaica Kincaid ANTIGUA
(Roman. Aus dem Englischen von Sabine Herting. AKI Verlag. 240 Seiten. 22,00 €)
Der Bruder der Autorin hat Aids. Er lebt auf Antigua, der Insel ihrer Herkunft. Die Annäherung an den Sterbenden wird zu einem schonungslosen, jeden Winkel ihrer eigenen Seele ausleuchtenden Text über das Erinnern. An den Platz in der Familie, den Schmerz des Fortgehens und Wiederkommens. Einzigartig. Anita Djafari
5. »Schnee fällt auf Chinas Erde« Ai Qing CHINA
(Gedichte. Aus dem Chinesischen von Susanne Hornfeck. Penguin. 144 Seiten. 20,00 €)
Lebensnah und unverstellt — das sind die Gedichte des modernen Klassikers Ai Qing (1910-1996). 21 Jahre lang war er in die Wüste Gobi verbannt und hatte Schreibverbot. Dieses Zeitloch klafft auch in seiner chronologisch sortierten Lyriksammlung. Wie hat er es geschafft auch danach nicht bitter zu klingen? Katharina Borchardt
6. »Die Narayama-Lieder« Shichiro Fukazawa JAPAN
(Roman. Aus dem Japanischen von Thomas Eggenberg. Unionsverlag. 128 Seiten. 20,00 €)
Dieser bereits 1956 geschriebene Roman beginnt leise und unscheinbar und endet bildmächtig und gnadenlos. Das Leben in dem kleinen Dorf am Fuße des Narayama ist nach strengen Regeln organisiert, zu denen auch die Altentötung gehört — Fukazawa greift diesen Mythos auf und schafft bei aller Härte ein ungemein zartes Buch über Abschied und Trauer. Ines Lauffer
7. »Von blauen Träumen und Gegenträumen« Elicura Chihuailaf CHILE
(Lyrik. Aus dem Spanischen von Juana und Tobias Burghardt. Edition Delta. 132 Seiten. 17,50 €)
Auf Spanisch und Mapudungun, der Sprache der Mapuche, verfasst der chilenische Dichter Elicura Chihuailaf in der Gesprächstradition seiner Vorfahren zeitgenössische Verse, in denen die Natur allgegenwärtig ist. Der dreisprachige Gedichtband »Von blauen Träumen und Gegenträumen« berührt und erinnert uns mit Dringlichkeit daran, dass wir ein Teil, aber nicht das Zentrum des Universums sind. Andreas Fanizadeh