Sommerliche Romane aus Finnland, Dänemark, Deutschland, Tschechien

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Sommerliche Romane aus Finnland, Dänemark, Deutschland, Tschechien

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Vorm Sommer, klar, hauen die Verlage palettenweise Bücher für den Sommer raus; Anthologien, Romane und neuerdings auch so genannten „Touristenkrimis“ in Massen für die Massen an den Stränden. Daneben gibt’s, eher etwas abseits im Schatten, aber immer auch einige Romane, die den Sommer an sich zum Thema machen – helle, lichte, leichte Geschichten meist, in denen doch das Unheil irgendwie mitschwingt, denn dem Sommer, auch klar, ist ja immer schon mit eingeschrieben, dass er enden wird – wie auch immer. Ein beliebtes Motiv bei solchen Geschichten: Der Ferienort als Bühne, auf der die Verwerfungen und Sollbruchstellen (in der Familie) sichtbar werden; ob sie auch zu wirklichen Brüchen führen, das weiß natürlich nur der Herbst.

Ein Beispiel, in diesem Jahr: „So also endet die Welt“ (Blessing Verlag, 20 Euro), der neue Roman des finnischen Autors Philip Teir, in dem eine Familie aus Helsinki gleich sechs Wochen in der Hütte überstehen muss, die die Großeltern der Mutter einst in einer entlegenen Ferienhaussiedlung angeschafft haben. Eine Herausforderung – insbesondere durch den Partner einer Jugendfreundin, die ebenfalls nach vielen Jahren den Weg zuürck in die Feriensiedlung der eigenen Jugend gefunden hat: Dieser Partner, ein Schotte, ist ein Öko-Apokalyptiker, der vom nahenden Ende der Welt durch den Klimawandel überzeugt ist – er stellt Julia und Erik und ihre beiden Kinder vor diverse Herausforderungen, Thema dabei auch: die freie Liebe. Und so weiter und so fort. Das Ergebnis entspricht den genannten Bedingungen: Eine lichte Geschichte, in der die Schwere, das drohende Ende doch immer mitschwingt, in vielfacher Hinsicht – eine Geschichte, die Spuren zeitigen wird, lang über den Sommer hinaus. (Übersetzt von Thorsten Alms.)

Überhaupt, dieses Motiv des Unbekannten, der ins Leben einer Gemeinschaft tritt – und allein schon durch sein Erscheinen, mehr aber noch durch seine unkonventionellen Verhaltensweisen alles auf die Probe stellt, das ist ganz typisch für diese Art von sommerlicher Literatur im Schatten des Mainstreams. In „Der endlose Sommer“ (Kiepenheur & Witsch, 18 Euro) von Madame Nielsen ist es ein Rucksackreisender aus Portugal, mit dem die Mutter einer sowieso schon merkwürdigen Familie in einem dänischen Gutshaus eine Affäre beginnt – was natürlich alles durcheinander würfelt, noch mehr, als alles eh schon durcheinander ist. Madame Nielsen, in Dänemark bekannt als Sängerin und Aktionskünstlerin, operiert sprachlich und formal allerdings eher untypisch für die Kategorie der Sommerromane – mit langen, fast psychedelisch anmutenden Satzkonstruktionen entwickelt sie einen Sog, der einen hineinzieht in diesen endlosen Sommer, der auch hier – natürlich – doch ein Ende haben wird; die Frage ist nur, welches? (Übersetzt von Hannes Langendörfer.)

Sehr interessant auch der Roman „Der restliche Sommer“ von Max Scharnigg (Hoffmann und Campe, 20 Euro), der einen schwer verliebten Berliner Benimm-Kolumnisten samt seiner neuen Freundin ein paar Wochen durch Portugal begleitet, wo die beiden sich im Liebestaumel treiben lassen – bis dieser Taumel, logisch, zu taumeln beginnt. Auch hier also: Das Ende des Sommers – stets mit im Gepäck. Interessant ist dieser Roman auch deshalb, weil im Grunde genommen alle Protagonisten unsympathisch sind – ebenso die Art und Weise, wie sie inszeniert und beschrieben werden. Eine Lektüre wie ein Urlaub mit den falschen Mitreisenden, deren Sinn man insofern im Grunde permanent hinterfragt – bis die sehr originelle Schlusspointe das alles doch noch vom Kopf auf die Füße stellt. Und man amüsiert denkt: Ja, klar, kann man so machen, passt schon.

Und nicht zuletzt: Die tschechische Schriftstellerin Bianca Bellová mit ihrem glasklaren Roman „Am See“ (Kein & Aber, 20 Euro), für mich eine der spannendsten Entdeckungen des ersten Halbjahrs. Die Geschichte ist allerdings nicht in Tschechien angesiedelt, sondern in einer fiktiven zentralasiatischen Republik zur endenden Sowjetzeit – an einem See, der immer weiter zurückweicht, weil die rundherum angesiedelte Baumwollindustrie diese Überlebensquelle von allem langsam trocken legt. Das ist das Setting, in dem ein Junge, der in der Nähe des Sees bei der Großmutter aufgewachsen ist, nach deren Tod die unbekannte Mutter sucht, an die er nur eine Erinnerung hat: Das verschwommene Bild eines Tages am Strand, bei dem auch eine Frau mit drei Farbflecken am Körper dabei war – die Mutter in ihrem Bikini. Ein kraftvoller, nüchterner, zugleich bildstarker Roman über Bindung und Entwurzelung – und zugleich eine packende Abenteuer- und Entwicklungsgeschichte. (Übersetzt von Mirko Kraetsch.)

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