Gleich zwei Aufgaben hatte der heutige Zeuge bei der Loveparade 2010 in Duisburg. Der heute 38 Jahre alte Polizist war für die technische und logistische Vorbereitung des Einsatzes mit mehreren tausend Beamten zuständig: zum Beispiel für Verpflegung und Mobilfunk-Kommunikation der Polizisten. Am Veranstaltungstag saß er zudem im Führungsstab und verfasste polizeiinterne Lagemeldungen.
Die Befragung zur Vorbereitungsphase verläuft zäh. Der Vorsitzende Richter Mario Plein konfrontiert den Zeugen mit zahlreichen Dokumenten aus diesen Wochen und Monaten.
Der Beamte kann sich an vieles nicht erinnern – zum Beispiel weiß er nicht mehr, wer sein Ansprechpartner beim Veranstalter Lopavent war. Bei Nachfragen, mit welchen der verbliebenen drei Angeklagten er zu tun hatte, wirkt er teils konfus.
Wichtiges Treffen in der Sportschule Wedau vergessen
Auffällig: Zum wiederholten Male kann sich ein Polizei-Zeuge nicht an die abschließende Einsatzbesprechung der Ordnungshüter in der Sportschule Wedau erinnern. An diesen polizeiinternen Termin habe er nur „rudimentäre Erinnerungen“, sagt der Zeuge: „Zum Inhalt kann ich nichts mehr sagen.“ Bedauerlich, denn man hätte schon gern gewusst, ob und welche Kritikpunkte in der Sportschule zum bevorstehenden Einsatz zur Sprache kamen.
Sein Gedächtnis funktioniert etwas besser, wenn es um den Tag der Katastrophe geht. Der Zeuge beschreibt eindrücklich die Stimmung in der Führungsstab-Zentrale am 24. Juli 2010. Von ersten Meldungen über Gedränge und überrannte Absperrungen – bis hin zur zunächst unbestätigten Meldung über „ein bis zwei Tote“. Das habe die Anwesenden „umgehauen“, berichtet der Zeuge die Atmosphäre der Fassungslosigkeit. Am Ende waren es 21 Tote und hunderte Verletzte.
Alles ging seinen bürokratischen Gang bei der Polizei
Die Zuhörer im Gerichtssaal erfahren viele Details, wie die Polizei bei so einem Großeinsatz untereinander kommuniziert. Interessant dabei: Die vom Zeugen verfassten internen Lageprotokolle waren keine brandaktuellen Eilmeldungen, sondern teilweise über eine halbe Stunde alt. Denn die Nachrichten wurden vor Veröffentlichung im Polizei-Kommunikationssystem zunächst noch von mehreren Vorgesetzten des Zeugen gegengelesen. Mein Eindruck: Auch am Einsatztag mit einer schnell eskalierenden Extremsituation ging alles seinen bürokratischen Gang bei der Polizei.
Der Zeuge wird beim nächsten Prozesstag am 12. März weiter befragt. Dann sind Nebenkläger und Verteidiger an der Reihe.