Tag 61: Kommunikations-Chaos bei der Polizei

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Tag 61: Kommunikations-Chaos bei der Polizei

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Wieder ist der Stabsleiter der Polizei geladen. Heute dürfen die Verteidiger Fragen stellen und – klar – sie bohren tief, sehen sie doch die Polizei verantwortlich für die Katastrophe.

Dass die Polizei am Veranstaltungstag massive Kommunikationsprobleme hatte, ist bekannt. Und das, obwohl man sich im Vorfeld “mit dem Thema Funk und Telefon schon tief befasst” hat, so der Zeuge. Der Telekommunikationsanbieter Vodafone habe der Polizei ein sicheres Telefonnetz zugesichert, “und dabei habe ich es bewenden lassen.” Er ergänzt: “Ich muss zugeben, wir haben uns schlecht beraten lassen”.

Spontane Planänderung

Weil die Zugangswege im Westen schnell überlastet waren, habe man in einer Telefonkonferenz besprochen, das anreisende Publikum entgegen vorheriger Absprachen verstärkt über die Ostroute zu lenken, sagt der Zeuge. Eine fatale Entscheidung? Immerhin war im Vorfeld mit allen Akteuren vereinbart worden, die Besucher eben nicht über die Ostroute um-, sondern in Richtung Innenstadt abzuleiten.

Ein Verteidiger merkt an, dass die Polizei im Osten trotz der spontanen Strategieänderung lange keine Vorsperren errichtet habe, um den Besucherstrom zu kontrollieren. Und das, obwohl Bildaufnahmen zeigen, wie voll es bereits um 14.20 Uhr auch im östlichen Bereich bereits war. Die Entscheidung über die Errichtung von Vorsperren habe bei den jeweiligen Abschnittsführern gelegen, betont der Zeuge. “Sie können nicht alle Entscheidungen zentral treffen.”

Anrufe laufen ins Leere

Eigentlich ist der Informationsfluss bei der Polizei klar geregelt. Jeder hat seinen festen Platz in der Telefonkette, vorausgesetzt, die Technik spielt mit und Anrufe laufen nicht ins Leere. Der Zeuge betont, er habe während der Katastrophe kaum Informationen von seinen Kollegen erhalten. Sprich: Der Stabsleiter wusste lange nicht, was in den einzelnen Zuständigkeitsbereichen der Polizei geschieht.

Erst gegen 17 Uhr will er von Polizeiketten und wendenden Fahrzeugkolonnen in den Tunneln und auf der Rampe erfahren haben. Einem Verteidiger platzt der Kragen. Seine Stimme wird laut, sein Kopf rot: Bei der Polizei habe die rechte Hand nicht gewusst, was die linke tut.

Der Zeuge bleibt immer ruhig und sachlich: “Mir ist sehr bewusst, was passiert ist und mir ist sehr bewusst, welche Rolle wir haben.” Oft bleibt er den Fragenden aber Antworten schuldig: Im Nachgang der Katastrophe habe er aber nicht weiter gefragt, warum ihn wichtige Informationen am Veranstaltungstag nicht erreicht haben. Er habe seine Kollegen nicht verunsichern wollen.

Über den Autor

Geboren 1985 in Rees am Niederrhein. Studium in Bochum (Germanistik und Geschichte). Seit 2012 als Journalist in Duisburg. Onliner bei der WDR Lokalzeit aus Duisburg sowie Radiomacher (u.a. WDR5 und Deutschlandfunk Nova).

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