Afrikanische Literaturen

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Afrikanische Literaturen

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Wer sich für Literatur aus afrikanischen Kulturen und Ländern interessiert, dem wird derzeit was geboten, und zwar insbesondere in Köln und in Berlin. Unter anderem mit Ngũgĩ wa Thiong’o…

Literatur aus Afrika? Bei uns? Schwierig. Gut, Krimi aus Südafrika, das hat sich in den letzten Jahren auch auf dem großen Markt etabliert. Und ein paar Transit-Autor*innen, die ihre Wurzeln in afrikanischen Ländern haben, aber irgendwo „im Westen“ leben, konnten vereinzelt Erfolge landen; allen voran Chimamanda Ngozi Adichie mit ihrem Roman „Americanah“ (mittlerweile als Fischer-Taschenbuch erhältlich, für 10 Euro). Wobei sich die Frage stellt: Ist das nun eine afrikanische Literatur oder eine amerikanische – oder einfach nur Weltliteratur?

Jedenfalls: Große Verkaufserfolge sind bei „afrikanischer Literatur“ nicht zu erwarten. Kleinere Verlage bestellen dieses Feld, wacker, aber reich können die Damen und Herren Verleger damit sicher nicht werden, im Gegenteil. Und allzu viel Aufmerksamkeit, etwa in den Medien, bekommen sie auch nicht. Außer man kann eine kluge, redegewandte, möglichst auch noch hübsche Transit-Autorin in bunten Bildern präsentieren, dann geht manchmal was. Aber eben auch nur: manchmal.

„Die“ Afrikaner

„Afrikanische Literatur“ in Anführungszeichen, weil das natürlich Quatsch und im Prinzip sogar eine Unverschämtheit ist, wenn „die Afrikaner“ in den einen Topf der „afrikanischen Literatur“ geworfen werden; es sind eben nicht „die“ Afrikaner, sondern verschiedenste Schriftsteller aus verschiedensten Ländern und Kulturen mit verschiedensten (sprachlichen) Hintergründen – die die unterschiedlichste Anliegen und Themen haben mit ihrem Schreiben.

Ein Faktor dabei allerdings, für viele: Der Umgang mit dem postkolonialen Zwangserbe. Die Frage der “afrikanischen” Identität, damit zusammenhängend. Dieses kollektive Trauma wirkt bis heute, und zwar nicht nur gesellschaftlich, ökonomisch und politisch, sondern insbesondere auch was, sagen wir, die kulturelle Prägung angeht: Welche „eigenen“ Erzähltraditionen werden wie warum aufgegriffen – oder nicht? Welche literarischen Techniken des Westens mag man verwenden – oder nicht? Oder ist das alles egal – und es geht um die Weltliteratur des globalen Dorfes? Außerdem: Welche Sprache ist die, in der sich´s optimal schreiben lässt? Die „eigene“, was auch immer das meint – oder die der ehemaligen Eroberer, denen das Problem zu verdanken ist, dass man sich damit überhaupt erst beschäftigen muss. Schwierig – und diese Fragen stehen an, grundlegend, für jede/n, bevor´s mit dem Schreiben überhaupt losgeht…

„Stimmen Afrikas“ in Köln: Mia Couto und Ngũgĩ wa Thiong’o

Zwei Schriftsteller, die sich dezidiert mit diesen Problematiken auseinander gesetzt haben, präsentiert die großartige Reihe „Stimmen Afrikas“, deren Macher seit 2009 einmal im Monat afrikanische Schriftsteller*innen im Kölner Allerweltshaus und gelegentlich auch an anderen Orten vorstellen: Am 24.4. um 19.30 stellen sie in Zusammenarbeit mit dem Literaturhaus zum einen den mosambikanischen Autor Mia Couto vor; in seinem neuen Roman “Imani” (Unionsverlag, Euro 22) entführt er in die (Kolonial-)Geschichte der 1890er Jahre; erzählt eine ungewöhnliche Liebesgeschichte, zugleich aber vom Ringen um die Macht im Land zu der Zeit.

Am 18. Juni um 19 Uhr folgt dann im VHS-Forum zweitens ein ganz besonderes Highlight: Ngũgĩ wa Thiong’o, der möglicherweise prominenteste afrikanische Schriftsteller, seit Jahren Nobelpreiskandidat, wird kommen, um seinen wichtigen, viel diskutierten Essay „Dekolonisierung des Denkens“ vorzustellen, der im letzten Jahr auch auf Deutsch erschienen ist (Unrast Verlag, 18 Euro). Wir von Cosmo werden die Veranstaltung als Medienpartner begleiten – weitere Infos folgen hier, sobald die Details feststehen. Wer sich schonmal einlesen möchte: Sein opulenter Roman „Herr der Krähen“ (Taschenbuch bei Fischer, Euro 13,99) wäre ein Tipp. Aber Obacht: Ist ganz schön viel ganz schön dickes Holz…

„Writing in Migration – African Book Festival Berlin“ – vom 26. bis 28. April

Mukoma wa Ngugi ist der Sohn von Ngũgĩ wa Thiong’o, diesen ganzen Themenkomplex um afro-amerikanisch-afrikanische Identitätsfragen hat er in zwei listigen Genreromanen aufgearbeitet – „Blackstar Nairobi“ und „Nairobi Heat“ (beide erschienen beim Transit Verlag). Was Neues gibt’s derzeit zwar nicht von diesem Autor, leider. Trotzdem wird er in den kommenden Tagen in Berlin erwartet – als einer der vielen spannenden Gäste des Literaturfestivals „Writing in Migration“, das zwischen dem 26. und dem 28. April im Babylon Kino stattfinden wird. „Writing in Migration“ präsentiert vor allem Podiumsdiskussionen – zu Themen wie „Immer in Bewegung – Afrikanische Identität & afrikanisches Schreiben“ oder „Zwischen Mythos und Trauma – Wie schreiben Autor*innen über das Unaussprechliche“ oder „Die Kompaktversion – Renaissance der Kurzgeschichte“. Ein Rundumschlag in Sachen afrikanischer Literaturen, opulent und hochkarätig besetzt, ganz großartige Sache. Und natürlich darf auch eine Diskussion über Ngũgĩ wa Thiong’os „Dekolonisierung des Denkens“ nicht fehlen – eben mit dem Sohnemann, Mukoma wa Ngugi.

Tagestickets kosten 25 Euro, das Festivalticket 50 Euro, die einzelnen Veranstaltungen sieben bis neun Euro – und hier findet sich: das Festivalprogramm.

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