Bestseller mit Bergen

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Bestseller mit Bergen

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Wer kurz vor knapp ein Buch zum Verschenken sucht, der schaut zur Orientierung möglicherweise auf die Spiegel-Bestsellerliste. Davor allerdings ist in diesem Jahr noch stärker abzuraten als sonst: Mehr oder minder nur Mittelmaß bis Mist auf der Liste. Dass das nicht so sein muss, zeigt der Roman “Die Bagage” von Monika Helfer (Hanser Verlag, Euro 19,–), sowas wie mein Lieblingsbestseller 2020: Eine Jahrhundert-Familiengeschichte aus den Bergen, mit Blick auf die Frauen aus vier Generationen, konzentriert und voller Essenz, autobiographisch inspiriert, sehr beeindruckend. Demnächst wird ein neuer Roman von Monika Helfer erscheinen, über den Vater; es bietet sich also auch insofern an, zur Vorbereitung, die Zeit zwischen den Jahren zu nutzen und “Die Bagage” zu lesen. * Wer dann noch nicht genug hat vom steinigen Leben in den Bergen früher, für den wäre der Roman “Ich bleibe hier” von Marco Bolzano ein Tipp (Diogenes, Euro 22,–): Wenn man von Bayern aus über den Reschenpass nach Italien fährt, kommt man an einem Stausee vorbei, aus dem der einsame Kirchturm eines aufgelassenen Dorfes ragt. Wer mag hier wohl wie gelebt haben? Und wohin hat es die Dörfler nach der Flutung wie verschlagen? Das sind die Fragen, die sich stellen, mir zumindest, schon vor vielen Jahren in der Kindheit. Marco Bolzano hat sich das alles ebenfalls gefragt – und eine Geschichte draus gemacht, die des Dorfes Graun, das im See verschwinden wird. Diese Geschichte ist zugleich die der Region Südtirol und ihrer Zerrissenheit zwischen Deutschland/Österreich und Italien, speziell auch zur Mussolini- und NS-Zeit. Bestsellerautor Marco Balzano schafft es, davon anschaulich und sorgsam zu erzählen. Interessant übrigens immer wieder, wenn man die Lebenssituation in den Alpen heute mit den Bildern abgleicht, die solche zeitgeschichtliche Romane bieten: Der Tourismus hat zu enormem Wohlstand geführt, die EU dient (in Südtirol vor allem) dabei als stabilisierender, Konflit-entschärfender Rahmen – die Zeit, als in den Bergen bittere Armut herrschte, ist historisch gesehen allerdings nichtmal einen Wimpernschlag entfernt.

2 Kommentare

  1. Babette Werner am

    Lieber Ullrich, du hattest in einer deiner letzten Buchempfehlungen das Buch , doppelter Boden’ vorgestellt.
    Leider konnte ich das Buch nicht finden ohne Autor.
    Könntest du mir den Namen des Autos nennen?
    Vielen lieben Dank für alle tollen Buch Empfehlungen:)

    • Hallo Babette! Vielen Dank erstmal für das freundliche Feedback! Kann es sein, dass es sich um den Roman “Doppelte Spur” von Ilija Trojanow handelt? Der ist auf jeden Fall sehr empfehlenswert. Von doppelten (und dreifachen) Böden hatte ich auch beim Nachruf auf John le Carré gesprochen – da wäre sein letzter Roman “Federball” ein Tipp … Guten Rutsch!

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