Mitte August erscheint ein neuer Roman von Oliver Bottini, freue ich mich schon drauf. Mal nachschauen, dachte ich, wie lange sein letzter “Der Tod in den stillen Winkeln des Lebens” schon als Taschenbuch verfügbar ist und was das Ding kostet. Also: Ein Blick auf amazon, das kann man ja auch als Datenbank nutzen. Und – Überraschung: “Der Tod in den stillen Winkeln des Lebens” wird da in der Taschenbuchausgabe nicht als solches, sondern als “Groschenroman” angepriesen. Erstaunlich. Groschenromane, das waren früher diese Heftchen, die man am Bahnhof oder am Kiosk kaufen konnte, und als geflügeltes Wort hat die Phrase die Bücher bezeichnet, die irgendwie das Gegenteil von “richtiger Literatur” waren, was auch immer das bedeuten mag. Dieser Begriff aus alter Zeit ist mir jedenfalls schon ewig nicht mehr untergekommen – amüsant, dass das ausgerechnet in der Weise bei dem (höchst lesenswerten und ausgesprochen “literarischen”) Roman von Oliver Bottini passiert. Hielt übrigens nur ein paar Tage an, mittlerweile ist der Bug beseitigt. Aber es gibt noch einen weiteren, dazu gleich mehr. Ein ausführliches Interview mit Oliver zu “Der Tod in den stillen Winkeln des Lebens” findet sich HIER.
“Noch einmal sterben”, Olivers kommender Roman, beschäftigt sich übrigens mit dem Auslandsgeheimdienst BND, im Zusammenhang mit der Frage, ob es tatsächlich “Gründe” für den Irakkrieg 2003 gab; bin sehr gespannt, was für eine Geschichte er dazu erzählt, demnächst mehr an dieser Stelle. Der Bundesnachrichtendienst ist jedenfalls ein Thema in der deutschsprachigen Spannungsliteratur. Zum Beispiel bei Andreas Pflüger, der mit seinem Roman “Richie Girl” auf der Basis von Fakten und zeitgeschichtlichen Ereignissen die Gründungszeit des Dienstes ausleuchtet, mit Blick auf die Frage, welche ehemaligen NS-Täter damals mehr oder minder unbehelligt weitermachen konnten, weil das den Amerikanern im “Kampf gegen den Kommunismus” gut in den Kram passte. Dieser Roman wird Mitte September in der Taschenbuchausgabe erscheinen. Schon verfügbar ist Merle Krögers Mammut “Die Experten” – sie hat ebenfalls (unter anderem!) in den Archiven des BND recherchiert und erzählt die bis dato fast unbekannte Geschichte deutscher Ingenieure und Raketenwissenschaftler, die in den 1950er und 1960er Jahren vom Staat Ägypten angeheuert wurden und mit ihren Familien nach Kairo zogen. Ein fundamentaler und erhellender dokumentarischer Politthriller. Mehr zum Roman von Andreas Pflüger gibt es HIER auf diesem Blog – mehr zum Roman von Merle Kröger HIER und HIER.
Eines meiner Lieblingsbücher 2021 war “Das achte Kind”, der autobiographisch fundierte Debütroman von Alem Grabovac – ist jetzt ebenfalls in der Taschenbuchausgabe erschienen. Das “achte” Kind deshalb, weil Alem als Sohn einer damals so genannten “Gastarbeiterin” teils als Pflegekind einer deutschen Familie mit sieben Kindern, teils bei seiner Mutter aufwuchs. Was dazu führte, dass sein Leben von, sagen wir, ziemlich diversen Erfahrungen und einigen so ziemlich merk-würdigen Geheimnissen geprägt war. Die Alem sehr gekonnt in seinem Roman zu vielen Anekdoten und Geschichten verdichtet. Das ist bitter und herzerwärmend zugleich und immer wieder auch sehr verschmitzt und lustig – eine besondere “Migrationsgeschichte”, die einen Blick auf ein spezielles Kapitel der Einwanderungsgesellschaft in Deutschland legt. Denn viele Kinder von “Gastarbeiter:innen” waren in solchen Pflegefamilien untergebracht, da die Eltern ja arbeiten mussten, und das war, freundlich formuliert, nicht immer nur eine richtig gute Erfahrung; einer meiner besten Freunde weiß davon beispielsweise ebenfalls zu berichten. Kleine Pointe zum Schluss: Bei amazon firmiert “Das achte Kind” in der Taschenbuchausgabe nicht als “Groschenroman”, dafür aber als “Literaturbeilage” – warum auch immer … – Weitere Informationen zu Alem Grabovac und seinem Roman finden sich jedenfalls HIER.