Vom „Weltempfänger 38“: Geschichten aus Kuba, Israel, Japan, Indien, Chile, Mosambik

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Vom „Weltempfänger 38“: Geschichten aus Kuba, Israel, Japan, Indien, Chile, Mosambik

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Neu in diesem kalten Monat März: Die 38. Ausgabe der „Weltempfänger“-Bestenliste – mit Blick auf „entlegenere“ Literaturen, jenseits von Europa und den USA, insbesondere aus Afrika, Asien, Lateinamerika. Eine reichlich bunte, facettenreiche, vielschichtig Auswahl an Themen, Charakteren und Geschichten, erfrischend, wieder einmal.

Ganz vorne: „Wölfe in der Nacht. 16 Geschichten aus Kuba“ – von Ángel Santiesteban, einem der populärsten Autoren Kubas, geboren 1966. Santiesteban, der auf der Insel Publikationsverbot hat, gilt als eine er wichtigsten, vielleicht sogar die wichtigste zeitgenössische Stimme der kubanischen Literatur, die sechzehn kurzen bis mittellangen Erzählungen belegen eindrucksvoll, warum das so ist: Kunstvoll gewirkte, pointiert inszenierte Momentaufnahmen, die die Gegenwart wie auch die Zeitgeschichte Kubas detailliert spiegeln – alles in allem ein bitter-böser Abgesang auf die institutionalisierte Revolution, gesellschaftspolitisch treffend, literarisch versiert.

Direkt dahinter: „Die schwere Hand“, der neue Krimi des israelischen Autors Dror Mishani, den ich hier bei „Noller liest“ vor einigen Wochen bereits vorgestellt habe – eine unbedingte Leseempfehlung.

Danach dann auf Rang 3: „Das Brautkleid“ von Ismat Chughtai, das wohl exotischte und ungewöhnlichste Buch auf der aktuellen Liste; handelt es sich doch um eine Übersetzung aus dem Urdu, einer Sprache, die in Pakistan, Afghanistan und Teilen Indiens gesprochen wird. Die Inderin Ismat Chughtai, die von 1915 bis 1991 lebte, ist eine der wichtigsten Autorinnen des Urdu, eine Entdeckung: Eine Feministin, wenn man so will, die sich den traditionellen Konventionen widersetzte, ein selbstbestimmtes Leben gegen alle Widerstände führte – und die in ihren Geschichten die Lebenswirklichkeiten indischer Frauen auf verschiedensten Wegen detailfreudig spiegelte, mit genauem Blick und mit leisem Witz, trotz allem. Neun ihrer Geschichten sind in dem wirklich bemerkenswerten Band versammelt, mal was ganz anderes.

Auch interessant: Der Roman „Die Insel der Freundschaft“ von Durian Sukegawa. Drei Menschen, die einfach bloß einen Job gesucht haben, landen auf Aburi, einer kargen, kleinen Insel weitab vom Festland draußen im Atlantik. So rau und verschlossen wie das Eiland, präsentieren sich auch die Bewohner, ein, freundlich gesagt, sehr merkwürdiges Völkchen mit eigenen Ritualen und schwer durchschaubaren Strukturen. Die auch bedrohlich sind. Bloß wieder weg? Wenn´s denn möglich wäre, denn die Insel ist bloß schwer erreichbar, abgesehen von den vertraglichen Vereinbarungen. Oder wird der eine bzw. die andere so ankommen, sich einfügen können, dass sogar ein Bleiben denkbar ist? Oder ist es gar kein Zufall, dass die Drei ausgerechnet auf dieser entlegenen Insel gestrandet sind? Durian Sukegawa, geboren 1962, in Japan ein bekannter Schauspieler und Popstar, macht die Insel zur Bühne, um grundlegende Fragen der menschlichen Existenz zu thematisieren – und der ritualisierten, starren Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten. Eine Klippe von einem Roman, man muss schauen, dass man sich nicht allzu tief hinunter fallen lässt…

Und sonst? Nochmal Japan, auf Platz 5 – „Der Sonnenschirm des Terroristen“ von Iori Fujiwara, ein zeitgeschichtlich fundierter Kriminalroman, spannend; habe ich hier ebenfalls schon vorgestellt. Gleiches gilt „Rot vor Augen“, Rang 6, von Lina Meruane aus Chile; die Geschichte einer Frau, die auf einer Party plötzlich ihr Augenlicht verliert – und sich danach zusätzlich auch noch mit existentiellen Zweifeln quält. Bleibt nicht zuletzt noch Platz 6: „Imani“, das neue Buch des mosambikanischen Schriftstellers Mia Couto; ein historischer Roman, die tief in die Kolionalgeschichte zwischen Portugal und Mosambik entführt.

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