Ratingen und die gärige FDP-Basis

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Ratingen und die gärige FDP-Basis

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In Ratingen, einer nordöstlichen Nachbarstadt von Düsseldorf, ist etwas bemerkenswertes passiert: Die örtliche FDP-Vositzende ist am Wochenende überraschend zurückgetreten. Mit ihr verließen noch zwei weitere Mitglieder den Vorstand. Was war passiert? Bei der Aufstellung der Listen zur Kommunalwahl hatten sich andere durchgesetzt. Statt der lokalen Parteichefin Tina Pannes wurde Markus Sondermann zum Bürgermeisterkandidat der Ratinger Freidemokraten und ergatterte Platz eins für die Wahl zum Stadtrat. Sondermann, seit fünf Jahren in der FDP, bezeichnet sich in der lokalen Presse als Wirtschaftsliberaler.

Nach dieser Wahlschlappe trat Pannes zurück, via Twitter und Facebook, wo sie für eine Lokalpolitikerin einen erstaunlich großen Kreis an Menschen erreicht.  Sie schrieb, es sei ein “inhaltlicher und stilistischer Kurswechsel” beschlossen worden, den sie nicht mittragen könne. In der politischen Szene in Düsseldorf hat dieser Schritt Erstaunen ausgelöst. So schrieb die Staatssekretärin des Integrationsministeriums, Serap Güler (CDU), auf Twitter: “Sorry, auch wenn jegliche Einmischung von Außen unangebracht ist, ich kann nicht anders: Das spricht nicht für die FDP Ratingen.

An diesem Punkt könnte Tina Pannes’  Rücktritt für die Landes-FDP zu einer interessanten Angelegenheit werden könnte. Die 37-Jährige hatte zuletzt bundesweit Bekanntheit erlangt, weil sie sich kurz nach der Ministerpräsidenten-Wahl in Thüringen schnell und deutlich positionierte. Während die komplette FDP-Führungsriege abtauchte und zu verstehen versuchte, wie FDP-Mann Thomas Kemmerich mit Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten gewählt werden konnte, wurde Pannes schnell deutlich.

Sie lieferte damit eine Art Blaupause für FDP-Landeschef Joachim Stamp, der wenig später den Rücktritt Kemmerichs forderte – als einer der ersten Spitzenpolitiker der Freidemokraten. Pannes selbst war danach gefragte Interviewpartnerin in überregionalen Medien. Sie war eines der “anderen” Gesichter, das die FDP-Verantwortlichen nach dem Thüringen-Desaster dringend brauchten. In Umfragen befindet sich die Partei durch die Unschärfen am rechten Rand auf dem Weg nach unten. Man könnte also annehmen, dass Tina Pannes für die Freidemokraten im Land eine wichtige Person der Basis ist, die den Abgrenzungsproblemen nach Rechts glaubwürdig entgegen treten kann.

Ein lokaler Putsch?

In Ratingen sieht das anders aus. In Sozialen Medien ist von einem “Putsch” die Rede. Die lokalen Medien sprechen von einer breiten Mehrheit, die sich gegen Pannes stellt. Erste Statements lassen eine inhaltliche Abgrenzung zum Kurs der bisherigen Parteichefin erahnen.

In der FDP stand sie für eine Partei, die nicht nur ihren wirtschaftsliberalen Kern bedient. Diese Zeiten könnten vorbei sein. Auf der Kommunalwahlliste der FDP steht jetzt auf Platz 6 nun jemand, der in einem Zeitungs-Leserbrief nach der Kemmerich-Wahl von einem “Merkel-Diktat” schrieb. Und davon, dass die CDU für die Existenz der AfD verantwortlich sei, weil Konservative in der Union keine Heimat hätten.

“Die AfD erst trotzig zu ignorieren und die AfD-Wähler jetzt allesamt als Nazis zu beschimpfen, ist umso absurder, als die CDU auf dem Weg ist, die Nachfolger der DDR-Diktatur, die die Verbrechen der Kommuisten verklären, als normalen Partner im Parteienspektrum zu akzeptieren”, schreibt der Mann, der jetzt für die lokalen Freidemokraten in den Wahlkampf ziehen wird. Fraglich, ob er unter dem bisherigen Vorstand in Ratingen eine Chance bekommen hätte.

Bei der FDP gärt es. Der Fall Ratingen steht exemplarisch für das, was in der Partei nach der Thüringen-Wahl rumort. Wer glaubt, dass die klaren Worte des Landeschefs Stamp, der in einer Landtagsdebatte die AfD als Faschisten bezeichnete, überall auf Gegenliebe stoßen, liegt möglicherweise falsch. Dafür muss er noch nicht einmal weit in die Peripherie des Landes schauen, wo in Parteien gerne Mal die große Landespolitik ignoriert wird. In unmittelbarer Nachbarschaft der Landeshauptstadt wird um die Zukunft der angeschlagenen Partei gerungen. Der Ausgang ist offen.

Über den Autor

Geboren 1980, aufgewachsen am linken Niederrhein. Im WDR seit 2006 als Nachrichtenmann und politischer Berichterstatter unterwegs. Aktuelle Schwerpunkte bei SPD, AfD, Hochschul- und Sportpolitik im Land. Und sogar mit eigenem landepolitischen Podcast.

2 Kommentare

  1. Manfred Evers am

    Bei Sondermann und Frank (Platz 6 der Reserveliste) handelt es sich um politische Transgender. Afdler, gefangen im Körper eines Fdp-Mitglieds.

  2. Hoffmann-Ratingen am

    FDP fast drei Prozent und nun Ratingen? Hatten denn die mal dort was zu sagen? Da waren doch Wählergemeinschaften erfolgreicher oder die Dauer-CDU. Die FDP hat doch nur drei Gesichter, Walter Scheel, Genscher und Lindner und davon sind fast drei Prozent nur noch da…

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