Krisenkommunikation mit Klopapier: Söder und Laschet im Fernduell

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Krisenkommunikation mit Klopapier: Söder und Laschet im Fernduell

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Armin Laschet muss sich gerade fühlen wie viele Kunden vor dem leeren Klopapier-Regal im Supermarkt – fast immer war jemand schneller. In Laschets Fall war das in den vergangenen Corona-Tagen meist sein bayerischer Ministerpräsidenten-Kollege Markus Söder.

Besonders deutlich wird das in den sozialen Netzwerken. Der bayerische Regierungschef präsentiert sich auch dort als tatkräftiger Krisenmanager: Söder als Macher, Söder vor Ort. Er postet Fotos von seinem Termin im Zentrallager für Schutzmasken. Auch das Klopapier-Thema hat Söder im wahrsten Sinne des Wortes als politisches Geschäftsmodell identifiziert: Er marschiert durch riesige Stapel von Klopapier-Reserven einer Supermarkt-Kette. Hier, so sollen es die Bilder vermitteln, packt der Chef selbst an, damit die Lager voll sind.

Klare Botschaften statt verbaler Zick-Zack-Kurs

Das zieht offenbar im Netz. Laut Portal Meedia hat kein Politiker in Deutschland im März auf Twitter bisher mehr Likes pro Tweet erreicht als der bayerische Ministerpräsident. Auch auf Facebook war Söder demnach das Maß der Dinge.

Die Botschaften aus Bayern sind dabei zumeist: Klar, deutlich und schnell. Söder macht viele Hauptsätze, wenig verbalen Zick-Zack. Mehrfach verkündete der CSU-Ministerpräsident schärfere Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie, bevor andere Bundesländer ähnliche Beschlüsse fassten. Am vergangenen Sonntag verhandelten die Ministerpräsidenten aller Bundesländer mit der Kanzlerin über Ausgangsbeschränkungen – und Markus Söders Video-Botschaft war schneller im Netz, als die Kanzlerin vor der Hauptstadtpresse.

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) gerät dagegen immer wieder ins digitale Hintertreffen. Seine Video-Appelle werden drastischer, die Ansprache emotionaler. Doch die User-Kommentare darunter werden nicht unbedingt freundlicher: “Genügend Menschen in NRW wünschen sich jemanden wie Herrn Söder”, “Gut, dass ich in Bayern wohne” – ausgerechnet diese Kommentare unter Laschets Instagram-Video zum Kontaktverbot haben besonders viele Likes erhalten.

Live-Streams aus der Behörden-Quarantäne

Wenn Laschet frei spricht, gehören Gedanken-Einschübe und Nebensätze fast immer dazu. Er ist ein abwägender Politiker, oft auch in der Sprache. Und kommuniziert weniger über persönliche Accounts als sein bayerischer Kontrahent – sondern mehr über die offiziellen Kanäle der NRW-Staatskanzlei. Statt Krisenmanager-Einsatzfotos gibt es sehr viele Texttafeln mit Hinweisen und staatstragende Fotos aus dem Büro. Das ist zwar faktenorientierter, mutet aber distanzierter an und orientiert sich weniger am aktuellen Lebensgefühl der Menschen. Damit wirkt Laschet in seiner Staatskanzlei für manche User eher wie ein Ministerpräsident in Behörden-Quarantäne.

Laschets Presseteam in der Düsseldorfer Regierungszentrale ist besonders stolz auf einen eigenen “Newsroom”. Der ist in der Corona-Pandemie quasi zur Sendezentrale geworden – mit eigenem Format: Jeden Mittag startet derzeit eine Art “Staatskanzlei-TV”, moderiert vom Regierungssprecher. Jede Pressekonferenz wird als Live-Stream auf allen Kanälen angeboten. Durchaus hier und da mit beachtlichen Abrufzahlen und einem sinnvollen Service-Charakter für Journalisten. In Bayern wird ein ähnliches Format eingesetzt, aber dosierter.

Das Prinzip in NRW scheint zu sein: Laschet und seine Minister live auf allen Kanälen – egal ob bei Facebook oder Twitter, Hauptsache die Mitglieder der Landesregierung reden und senden live.

Söder liegt vorne – auch bei Fans und Followern

Das ist eine Krisenkommunikation, die vor allem auf Wort und Inhalt setzt – doch gerade in stürmischen Zeiten läuft viel über den Bauch und die Bildebene. Man erinnert sich an Gerhard Schröder in Gummistiefeln, der für viele Beobachter wohl auch mit seinen Besuchen in ostdeutschen Flutgebieten im Jahr 2002 seine Wiederwahl sicherte. In der Coronakrise könnte diese Form der persönlichen Krisenkommunikation noch relevanter sein: Gerade weil viele Bürger im analogen Alltag soziale Distanz halten müssen, ist soziale Nähe im Digitalen gefragter denn je.

Markus Söder hat dabei einige digitale Startvorteile: Einfache Botschaften, ein geschicktes Gespür für Corona-Alltagssorgen – und eine breitere Social-Media-Basis. Auf Facebook hat Söder über 100.000 Fans mehr als Armin Laschet, bei Instagram sind es 50.000 mehr. Auch bei Twitter liegt Söder rund 30.000 Follower vor Laschet. Der derzeitige Ausnahmezustand – und die Antworten darauf aus Düsseldorf und München – dürften Söders Reichweiten-Vorsprung wohl eher noch vergrößern.

Über den Autor

Kölner in Düsseldorf. Seit 2015 als Redakteur für Landespolitik, seit 2017 auch für das investigative Ressort beim WDR tätig. Liebt die politische Debatte, an den meisten Tagen auch auf Twitter.

11 Kommentare

  1. Ich möchte von einer kompetenten Regierung regiert werden und nicht von Leuten, die ihr Verhalten an der Anzahl der Likes ausrichten. Offensichtlich will eine große Zahl von Social media Nutzern mal wieder einen Führer. Das hatten wir schon mit dem bekannten Ergebnis. Dann lasst Euch mal schön von CSU und AfD regieren
    Ich wandere dann aus.

  2. Tobias Steinkamp am

    Ich fand es verstörend, wie Caren Miosga neulich in den Tagesthemen nochmal und nochmal nachfragen musste, wieso Laschet denn nicht endlich(!) Ausgangssperren verhängt. Eigentlich bin ich ganz beruhigt, dass unsere NRW-Landesregierung nicht die medienwirksamste Maßnahme verhängt, sondern eine angemessene.

    • Marc Steinhäuser am

      Das Tagesthemen-Interview habe ich auch gesehen – ging mir ähnlich. Allerdings gibt es auch in Bayern keine komplette Ausgangssperre. Ähnliche Maßnahmen werden dort teils einfach drastischer kommunziert als in NRW.

  3. Niederrheiner am

    Mir ist ein abwägender Laschet lieber als ein Söder-für-Kanzler. Zwei Schritte vor und einen wieder zurück ist nicht die Politik, die ich mir wünsche. Ich bin weder bei Facebook, Instagram noch bei Twitter. Ich meide diese Informationsblasen. Die Zahlen dort sollten nicht Anlass für eine Bewertung geben. Die Meinung der Wählerschaft ist eher bei Umfragen zu erfahren. Hören wir besser auf das, was Ellen Ehni zu berichten hat.

    • Marc Steinhäuser am

      Guter Punkt – natürlich gibt es auch noch die Welt jenseits der sozialen Netzwerke. Im Übrigen ist meine Analyse keine Bewertung, wer von beiden die bessere Politik in der Krise macht. Ich versuche nur zu erklären, warum Söder derzeit die besseren Karten hat.

  4. Heinsberg bei Strong! am

    Das Team des Landrats Pusch informiert wirklich sachlich und problemorientiert. Im Gegensatz zu politischen Besserwessis geht es auch ohne Schaumschlägerei und Profilierungssucht. Dafür benoetigen wir keine Likes von Hinz und Kunz die nicht betroffen sind.

    • Schorn Heinz am

      Laschets “abwägende” Haltung führt zum Tod vieler Menschen.
      Aber anscheinend ist das nichts Schlimmes oder Verwerfliches für ihn.

  5. Ich lebe seit November in Teneriffa
    Am 21 März wollte ich heimfliegen
    Ich setz mich nicht 60 cm neben einen Nachbarn im Flugzeug
    Die Spanier haben eine totale Ausgangssperre
    Schwachsinn
    Der Mensch braucht Ausgang
    Ich glaube das da ich 2 Monate bis Mitte Mai noch bleibe die Virusgeschichte noch bis Jahresende andauert da kommt der nächste Winter dann flieg ich halt in einem Jahr heim
    Noch etwas zu dem Eiwanger mit seiner Idee und selbstgebastelten Atemschutzmasken
    Wer hat denn heute noch zum Nähen was zu Hause
    Kaufen geht nicht Läden zu
    Dann Masketragen
    Ich wenn ein Virus an der Maske absorbieren dann beim Abnehemen die 100 prozentige Ansteckung
    Irgend wie lange ich mit den Fingern die Maske an
    Danach ein kurzer Griff Nase etc und schon ist das Virus doch im Körper
    Wir können nur alle hoffen daß wir eine Infektion überleben
    Ich bin Dankbar das ich ein Bayer bin
    Was jetzt auf einmal in unserem Land auf einmal sichtbar wird
    Die Macher in unserem Land sind doch besser als immer wieder geschrieben wird
    Ich wenn auch höre Europa dann kann ich nur eines sagen
    Diese wunderbare Freiheit unter den Europäischen Mitgliedsstaaten ist ein Wahnsinn
    Ich kenne noch DDR Tschoslowakei
    Die Engländer werden das noch bereuen
    Bleibts gesund und Abstand Abstand Abstand

  6. Bernhard Henkel am

    Pragmatiker sind gefragt, Macher von Machbarem. Söder ist der Mann der Krise, auch danach Spahn. Laschet hat zu lange Merkels Dunst geatmet. Zaudern und Abwarten ist heute absolut fatal. Es braucht heute und in Zukunft einen, der mal auf den Tisch klopft und Tacheles redet.

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