Der Countdown läuft. Es dauert nur noch wenige Tage, bis die offizielle Warn-App in den App-Stores von Apple und Google Play zu laden sein wird. Anfang kommender Woche soll es so weit sein.
Allerdings müssen Apple und Google auch mitspielen: Die Big Player lassen sich gerne schon mal sehr viel Zeit bei der Genehmigung einer App. Man kann nur hoffen, dass die Warn-App zügig bearbeitet wird.
Eins ist allerdings dann doch problematisch: Bislang sind nur eher wenige Gesundheitsämter und Labore ausreichend gerüstet, um einen reibungslosen Ablauf mit der Warn-App zu gewährleisten.
Unzureichend Digitalisierung im Gesundheitsbereich
Uns fällt die miserable digitale Infrastruktur im Gesundheitssektor auf die Füße: Sehr, sehr viele Gesundheitsämter und Labore werden nicht in der Lage sein, die nötigen QR-Codes zu erzeugen, damit eine infizierte Person in der Warn-App die Infektion melden kann.
Wie es aussieht, könnte es anfangs sogar eine Mehrheit der Labore sein. Vorgesehen ist, dass jede infizierte Person, die die Warn-App benutzt und die Infektionen melden will, eine Art “Freigabe” durch eine Behörde oder Labor braucht. Quasi eine Bestätigung der Infektion.
“Trolle” bitte draußen bleiben
Denn leider ist unsere Welt verrückt genug, dass es reichlich “Trolle” (also Verrückte) geben dürfte, die sich einen Spaß daraus machen, eine Infektion zu melden, obwohl gar keine vorliegt. Das würde für Unruhe, Angst und am Ende eine noch geringere Akzeptanz der Warn-App führen.
Deshalb also die Freigabe mittels QR-Code. Wenn der aber mangels Ausstattung nicht erzeugt werden kann, muss ein anderer Weg her. Und der lautet: Hotline.
Im Ernst: Die Telekom bietet eine (extrem kostspielige) Hotline an, die Betroffene anrufen müssen, wenn sie ihre Infektion melden wollen. Die Anrufer müssen dann am Telefon diverse Fragen beantworten, damit sichergestellt werden kann, dass kein Troll anruft. Scheint alles in Ordnung zu sein, gibt’s einen QR-Code.
Hotline anrufen: Datenschutzbedenken
“Und das könnte datenschutzrechtlich problematisch werden”, erklärt mir Anke Domscheit-Berg in einem Gespräch. Denn: Vermutlich muss jede/r Infizierte eine Handynummer hinterlassen, damit eine Bestätigung aufs Handy kommen kann. Das wäre das Ende der vollständigen Anonymität.
Aufgrund der miserablen Situation lässt sich das jetzt kaum anders lösen. Aber der Bundesgesundheitsminister muss sich fragen lassen, wieso a) nicht viel früher Lösungen für solche Situationen gebaut wurden (entsprechende Warnungen und Forderungen gibt es seit Jahren) und b) wieso unser Gesundheitssystem sich immer noch in einem derart undigitalen Zustand befindet.
Anke Domscheit-Berg fordert: Keine Vor- und Benachteiligungen beim Einsatz der App
10 Kommentare
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Bei Interesse ein lesenswerter Artikel der Heise-Redaktion zur Warn-App. Kompakt aber dennoch umfassend, ferner hat die Heise-Redaktion einen guten Ruf (jedenfalls bei mir) bezüglich Kompetenz im IT-Bereich.
16.06.2020, “Fragen und Antworten zur Corona-Warn-App der Bundesregierung”
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Wer mag kann auch noch einen Artikel auf Netzpolitik.org lesen. Dieser ist interessant da Netzpolitik.org in der Regel ziemlich kritisch agiert.
15.06.2020, “Vieles doch noch richtig gemacht”
Auch ohne Hotline, sind Tracking/Missbrauch (trotz angeblich 65000!? “Testern”) und damit Anonymitätsverlust möglich und deshalb werde ich ganz sicher die Finger davon lassen.
Siehe: t.co/3w0eC1WcPw
Ganz ehrlich, ein 100% sicheres System hat es nie gegeben und wird es nie geben. Es ist alles nur eine Frage des Risikos und des Schadens bzw. Nutzens.
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In der konkreten Thematik scheint das realistischste Risiko das man sich durch Fehlalarme wuschig macht. Ein Risiko und Schaden für den einzelnen durch Datenmissbrauch/Tracking ist äußerst nebulös und wenig konkret. Forscher machen ständig auf Möglichkeiten aufmerksam, nur der geringste Teil schafft es in die Praxis außerhalb der Forschung und davon wird wieder nur ein geringer Teil in der Breite verwendet. Auf der anderen Seite bietet die Technologie ganz konkret die Chance Leben zu retten und bei Erfolg auch die wirtschaftlichen Folgen mildern.
“Auf der anderen Seite bietet die Technologie ganz konkret die Chance Leben zu retten und bei Erfolg auch die wirtschaftlichen Folgen mildern.”
Diese Aussage könnte auch aus einer x-beliebigen Seehofer-Rede zur inneren Sicherheit stammen. :) Damit könnte man (und vielfach tut man es sogar heute schon) letzlich alles legitimieren und rechtfertigen; Vorratsdatenspeicherung, Fluggastdaten, Fingerabdrücke, Staatstrojaner, Fußfesseln, biometrischer E-Perso – das ganze Überwachungsprogramm. Immer ein wenig mehr und noch ein wenig mehr; in allerbester Salamitaktik.
Schnell vergessen: CDU-Fraktionsvize (und Überwachungsbefürworter) Frei wollte anfangs die App sogar mit einem steuerlichen Anreizsystem und Besuchsvorteilen verknüpfen, um die Nutzungszahlen zu erhöhen. Frei sagte auch, dass über 60% die App nutzen müssten, damit die Pandemie eingedämmt werden könne. Schön und gut. Dann stellt sich nur die Frage, warum Grenzen geöffnet und Reisebeschränkungen aufgehoben werden, BEVOR jene 60% der deutschen Bürger/innen die App installiert haben?! Irgendwie unlogisch, oder?
Auch irgenwie unlogisch, dass plötzlich bundesweite Großdemos (mit zig Tausenden, ungeschützten Teilnehmern, ohne Sicherheitsabstand = allerhöchstes Infektionsrisiko) wieder möglich sind, obwohl die App noch gar nicht zur Verfügung steht. Wird bzw. wurde dadurch nicht auch eine weitere “Chance Leben zu retten” und “wirtschaftliche Folgen zu mildern” leichtfertig vertan?
1. Es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen all den genannten Beispielen und dieser App. Sie können entscheiden ob und wie lange Sie teilnehmen.
2. Gerade weil es jedem freigestellt ist die App zu nutzen oder eben auch nicht, wäre es realitätsfern anzunehmen das wenigstens kurzfristig ausreichend Masse erreicht wird. Somit ist es höchst logisch das diese App nur ein Baustein sein kann und nicht gekoppelt wird an irgendwelche anderen Maßnahmen.
Ich bin ein Freund des Blicks über den Tellerrand auf’s Ganze: was verknüpft werden kann, wird verknüpft, was gehackt werden kann, wird gehackt und wenn es nur im Verborgenen geschieht.
(zur Vertiefung: heise . de/-4701418 )
Daher meine Sorge aufgrund der o.g. Testergebnisse der TU Darmstadt.
Eine erste “Erfolg”sanalyse ähnlicher Apps: t.co/g6JzOHAKJX
Warten wir einfach mal vier Wochen ab; installieren werde ich sie aber nicht. ;)
immer dreht dich alles um Datensicherheit und Datenschutz. Meine Frage ist die: was soll ich tun, wenn ich eine Warnung über die app bekomme, dass ich Kontakt zu einem Infizierten hatte.
muss ich mich in Quarantäne begeben?
habe ich aufgrund dieser Warung Anspruch auf Testung?
Sollte ich Kontakt zum Gesundheitsamt aufnehmen?
Welchen Inhalt hat eigentlich die Warnung durch die app:
Wo und mit wem ich Kontakt hatte, kann die app mir dann ja wohl vor lauter Datenschutz nicht sagen. Kann die mir denn sagen, wann ich Kontakt hatte?
Sonst kann man mit der Warnung letztlich nicht mehr viel anfangen
Die App verrät nicht, wann, wo und mit wem der Kontakt war. Es wird empohlen, sich dann ans Gesundheitsamt zu wenden. Da wird dann eine Testung veranlasst und auch entschieden, ob Quarantäne in Frage kommt oder nicht.
Der Sinn der App verschließt sich mir! Müssen Infizierte nicht mehr in die Qarantene? Wenn ja, was soll mir die App bringen wenn es nur freiwillig ist, wenn nein, dann erst recht, wer trägt sich in ein Register ein, wenn er gegen irgendwelche Bestimmungen verstoßen will?? Hätte nicht ein App mehr Sinn gemacht, wenn es mir anzeigt wo die Hotspots sind, damit ich mich aus den Gebieten fern halte??!!
App, Google-Play, Apple, QR-Codes, teure Hotline, sonstigeProbleme …. Nein, danke!
Ich bin wirklich froh, dass ich mein herkömmliches Mobiltelefon habe, mit dem ich nichts anderes mache, als bei Bedarf zu telefonieren. Niemals käme ich auf den Gedanken ein Smartphone zu kaufen und selbst geschenkt möchte ich ein solches Teil nicht haben.