Wer möchte das nicht: Schneller im Netz unterwegs sein. Webseiten, die sich blitzschnell öffnen, völlig ohne Ladezeiten. Video-Streams auf dem Smartphone in höchster Qualität – und niemals mehr nervige Ruckler, Aussetzer oder Verzögerungen. Dieses Bild zeichnen Handyhersteller und Mobilfunkanbieter vom neuen Mobilfunkstandard 5G.
Deutsche Telekom und Vodafone werben damit, 5G sei bis zu 100 Mal schneller als LTE. Als leichtgläubiger Kunde geht man also davon aus, dass einem das Smartphone regelrecht wegfliegt, ist es erst einmal in einer 5G-Zelle eingebucht.
Im 5G eingebucht – aber auch nicht schneller als sonst
Doch dem ist nicht so. Ich habe mich in Düsseldorf, Köln und anderen Städten schon mehrfach in 5G-Zellen eingebucht – und keinen Tempo-Boost erlebt. Manchmal war das Datentempo etwas höher – manchmal vergleichbar mit einem schlechten LTE. Von wegen 10 GBit/Sekunde (was theoretisch möglich wäre). Mein Smartphone war auch nicht schneller als sonst.
Und das liegt nicht an meinem Handy. Denn die Mobilfunkanbieter wenden einen Trick an, der sich “Dynamic Spectrum Sharing” (DSS) nennt. Bestehende Funkstandorte werden per Software-Update 5G-tauglich gemacht. Die bestehenden Frequenzen werden einfach auf LTE und 5G aufgeteilt – aber praktisch ohne irgend einen Vorteil in Sachen Datentempo.
Man könnte das wohl mit Fug und Recht als Schwindel bezeichnen. Oder wenigstens als Illusion. Sieht aus wie 5G – ist aber kein 5G.
Das Datentempo von LTE und 5G
Ohne Glasfaser kein schnelles 5G
Ein Grund dafür: Deutschland steht bekanntlich grottenschlecht da – beim Breitbandausbau. Um rasend schnelles 5G anbieten zu können, ist Glasfaser nötig. Doch der Ausbau mit Glasfaser ist in Deutschland alles andere als beeindruckend, sondern auf miserablem Niveau.
Die offiziellen Statistiken sind mehr als nur deprimierend. Und wo keine Glasfaser liegt, kann auch kein schnelles 5G aufgebaut werden. Die Mobilfunkanbieter setzen dann auf Richtfunk, um die Lücken zu überbrücken – das weniger schnell, dafür aber anfälliger für Störungen ist.
Nur vergleichsweise wenige Standorte bieten echtes 5G mit vollem Tempo. Ist gibt 5G-Hunter, die solche Funkzellen suchen – wie seltene Tiere bei der Foto-Safari – und dann das Tempo messen und die Ergebnisse wie eine Trophäe bei Youtube veröffentlichen.
Doch so sollte es ja eigentlich nicht sein.
5G ist vor allem ein Marketingversprechen
Machen wir uns also bitte nichts vor. 5G bringt erst mal keinen „Boost“ in Sachen Datentempo. Das wird in den meisten Regionen des Landes noch sehr lange dauern. Es fehlt am Ehrgeiz, in Deutschland tatsächlich ein schnelles Mobilfunknetz aufzubauen, das flächendeckend ist – und schnell.
Aber in der vernetzten Zukunft brauchen wir genau so etwas, sonst bleiben viel zu viele offline zurück.
5 Kommentare
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Nun, da ich auch Softwareentwickler bin, propagiere ich seit langem für leichte Websites mit angepaßtem Datenvolumen. Aufgebläht und mit Javascripts vollgestopft, zigfach geschachtelte -Elemente mit kryptisch langen id’s und name, css bis zum Abwinken, dicke Bilder, die geladen werden, obwohl nur eine kleine Auflösung gebraucht werden würde. Ajax, das Daten hin- und herzupumpen versucht. Trotz gzip oder deflat, da kommt nicht allzuviel Kompression rüber.
Ganz ehrlich? Brauchen wir nicht. Da sollte man ernsthaft Hirn investieren und kann alleine am Datenstrom mindestens 2/3 sparen (ausgenommen ein reines Video oder Audio, klar). Mobile Anwendungen sind eben mobil und haben auch einen anderen Charakter als wenn ich daheim am Notebook, PC oder Tablet sitze.
Ich für meinen Teil code die Webseiten meiner Kunden von Hand. Denn auch das ist eine Art, Datensparsam zu sein. Nebenbei stellt man auch fest, wieviel man wirklich braucht und was nicht.
Der große Vorteil von 5G soll ja die kurze Latenz sein. Erst damit lassen sich Anwendungen in Echtzeit durchführen. Aber ein Videoanruf ist nichts, was priorisiert und mit HD-Qualität auf das Handy muß.
Das traurige ist doch: Gebt das staatlich und durch die Anbieter investierte Geld Apple, Amazon oder Microsoft, dann wären wir in zwei Jahren “durchdigitalisiert”. Da ist noch Kompetenz vorhanden!
Hier fallen mir spontan gleich mal zwei Punkte ein, weswegen es hier hapert:
– die Hersteller sind nicht verpflichtet, Kapazitäten der eigenen Masten auch für Fremdanbieter (ggf. gg. eine geringe Gebühr) zur Verfügung zu stellen.
– wir haben inzwischen katastrophale Bauvorschriften und zu umfängliche Klagemöglichkeiten für und gegen alles und jeden
Es geht in der mittlerweile vorwiegend vom Marketing getriebenen Informationstechnologie doch schon lange nicht mehr um sinnvolle und wertvolle Dienste. Die ehemals kreativen Leuchten der Branche sind zu Vasallen des Kapitals verkommen. Es werden Scheindienste und Content wenig nachhaltig und bad-coded um die Wette produziert, Infrastruktur aufgeblasen und versucht, dem Kunden den letzten Scheiß als hip zu verkaufen. Und die Gehirnwäsche bei den Digital Natives hat ihre Ziele weitestgehend auch erreicht. Für diese schwachsinnige Entwicklung stelle ich mir keinen Funkmast in meinen Garten oder lasse Glasfaserbündel meine Äcker und Wiesen entwerten.
Aron Girsmayer, Sie böööser Defätist, Sie. ;)
— Vakzin inside – 5G outside! —
Das ist das Gebot der (neuen) Freiheit für ein wirklich erfülltes Leben.
Man will doch nur Ihr Bestes.
Begreifen Sie, glauben Sie, vertrauen Sie … gefälligst! ;)
Apple, Amazon, Microsoft, Google haben eine Gemeinsamkeit. Diese Firmen haben einen zwei-stelligen Gewinn pro Quartal. Da kommt keine deutsche Firma heran. Diesen Firmen fällt das investieren leicht.
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Ob die Digitalkompetenz inherent höher ist, hm, kann ich nicht sagen. Was ich weiß ist, dass viele Amerikanische Firmen sehr gut im Marketing sind.
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Ferner das ich bei Windows bei jedem Update die Daumen drücke das hinterher der PC noch läuft.
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Apple hat auch noch den Riesenvorteil das der Gewinn mit nur wenigen Produkten erzielt wird. Da sind die Chancen auf Qualität schon einmal gut, im Vergleich zu einem Gemischtwarenladen.
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Von daher denke ich nicht das es nicht an der Kompetenz liegt, sondern eher an den Eigenheiten Deutschlands selbst und seiner Bewohner.