Der Künstler und Autor Jaron Lanier nennt die Sozialen Netzwerke schlicht “Manipulationsmaschinen”. Recht hat er. Wir wären viel ehrlicher, wenn wir diesen Begriff für Facebook, Twitter, Instagram, TikTok und Co. verwenden würden – denn das ist viel näher dran an der Wahrheit als der Begriff “Soziale Netzwerke”.
Gezielte Manipulationen sind Alltag im Netz
Denn genau das machen die Betreiber: Sie manipulieren die User – und zwar unentwegt. Um sie möglichst lange in den Netzwerken zu halten. Ein bisschen Blink-blink hier, ein paar bunte Icons dort. Alles gezielte und bewusst gewählte Maßnahmen, um die Menschen zu manipulieren. Aber diese Tricks gibt es keineswegs nur in den Portalen.
Es gibt solche Tricks überall – und sie haben einen Namen: “Dark Pattern”. Dunkle Muster gehören mittlerweile im Netz zur gängigen Praxis. So ist es zum Beispiel fast unmöglich, auf einer Cookie-Banner-Übersicht die richtigen Entscheidungen zu fällen – und nur die Cookies zu akzeptieren, die wirklich zwingend erforderlich und nützlich sind. Die Nutzer werden mit Infos überfrachtet – und geben entnervt auf und klicken auf “Alle Cookies akzeptieren”. Ein Dark Pattern.
Selbst in den USA gibt es Protest gegen solche unseriösen Geschäftspraktiken.
Cookie Banner: Unübersichtlichkeit in Perfektion – ein Beispiel für Dark Pattern
Abo zu kündigen wird künstlich erschwert
Wir sollten uns bewusst sein, dass vor allem im Netz so ziemlich alle Tricks angewandt werden. Ein Abo abschließen – gar kein Problem. Einmal klicken reicht. Aber ein Abo wieder beenden? Das kann ein Spießrutenlauf werden… Ich kenne viele Menschen, die finden nicht heraus, wie sich Abos auf dem Smartphone auflisten und vor allem beenden lassen.
User werden durch die Untiefen von Menüs geschickt, in der Hoffnung, dass sie aufgeben. Diese Methode nennt sich Roach Motel – Kakerlaken-Falle. Das Tier oder eben der Internetnutzer findet den Weg hinein, aber nicht wieder heraus. Solche Tricks werden ganz gezielt und kalkuliert eingesetzt.
Zumindest so etwas soll sich ändern. Vor einigen Tagen hat der Bundestag das “Gesetz für faire Verbraucherverträge” beschlossen. Das sieht unter anderem vor, dass es einfacher sein muss, online abgeschlossene Verträge wieder zu kündigen.
Gut so – aber das beseitigt Dark Pattern nicht.
Wir brauchen wohl Regeln – und weniger Dark Pattern
Weil heute alles vernetzt ist, wird das Problem größer, nicht kleiner. So überwachen zum Beispiel Kommerzsender die Sehgewohnheiten ihres Publikums, wenn sie auf dem Smart-TV fernsehen. Kurz ein Cookie-Banner einblenden – erledigt. Doch wollen Zuschauer die Cookies wieder los werden, wird es richtig schwierig (bis unmöglich).
Es gibt Dark Pattern eben überall: In den Plattformen, in Apps, auf Webseiten – und nun sogar auf dem Fernseher. Allerhöchste Zeit, dass es Regeln gibt. Denn die großen Medienkonzerne dominieren alles. Der einzelne Zuschauer, Besucher oder User kann nichts ausrichten.
5 Kommentare
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Boykott ist das beste Mittel!
Braucht man den Cookie-Nerver wirklich?
Ich brauche einen neuen Kühlschrank und wenn ich mich über das Internet informieren will und bekomme keine Anzeige auf dem Bildschirm gehe zum Konkurrent der weniger nervt; genau das ist jetzt passiert.
Schon beim Wort ABO bekomme ich Pickel. Ich schließe grundsätzlich keins mehr ab und dann fallen eben auch seriöse Unternehmen runter. Man kann das nicht immer vermeiden, ein banaler Telefonvertrag für Festnetz ist auch ein Abo. Das mit der unmöglichen Kündigung geht auch analog; nach Versuch einen anderen Vertrag unterzuschieben habe ich die Kündigung bei einer Geschäftsstelle der Telekom persönlich abgegeben und das Schreiben wurde schlicht unterschlagen. Mit viel Lärm habe mit der nächsten Kündigung eine Eingangsbestätigung erhalten und das hat funktioniert. Das sind so smarte US-Geschäftsmethoden nach Ron Sommer die dazu führen, dass ich noch über ein Jahrzehnt später nichts mehr mit dem Unternehmen zu tun haben will; egal wie das Geschäftsgebaren heute ist.
Wichtiger als Gesetze und Verfolgung krimineller Machenschaften wie die Unterschlagung einer Kündigung wären Konsequenzen des Verbrauchers – der Boykott.
Overlays mit dem Schließen-Kreuz weit außerhalb der angezeigten Werbung. Reins Suchspielchen. Ich habe Adblocker und Co. und wenn eine Website wieder jammert, ohne Werbung gingen dort die Lichter aus, dann ist der Inhalt sicher Schuld an der Miesere und nicht wert gelesen zu werden.
Cookie-Banner: Ich rufe Webseiten in der Regel im „privaten Modus“ auf. Wenn ich da „alle Cookies akzeptieren“ anklicke, sind diese gelöscht, sobald ich die Webseite wieder schließe. – Ist am bequemsten.
Leider, ein bequemer Trugschluss. Der “Privat-/Inkognitomodus” im Browser erfüllt mehr oder weniger erfolgreich nur den einen Zweck, dass evtl. Dritte, die Ihren Rechner mitbenutzen, Cookies bzw. Browserverlauf bzw. Surfverhalten nicht nachvollziehen können (Bsp: Söhnchen Meier soll nicht entdecken, dass Papi Meier sich für Erotikartikel interessiert hat). Ihre Maßnahme allein, bringt bzgl. Tracking, Fingerprinting etc. gegenüber den Webseitenbetreibern leider nicht viel bzw. gar nichts, sofern Sie Ihren Browser (mit entsprechenden Anpassungen/Add-ons) nicht (mindestens) in einer virtuellen Umgebung/”Sandbox” oder (besser) unter einem Live-System betreiben und dadurch Browser und Betriebssystem “jungfräulich” halten. Sucht man z.B. “zombie cookie wikipedia”: “This means that for a user that deletes all their cookies regularly, a site using this would still be able to personalize to that specific user.”. Zombie Cookies lassen sich ohne aufwendiges, permanentes Datei-/Browser-/System-Monitoring nur sehr schwer verhindern, auffinden bzw. entfernen. Bereits hinterlassene Evercookies/Supercookies/FlashCookies/HTML5-Cookies lassen sich evtl. mit “PrivaZer” teilweise finden und entfernen. Die z. Zt. wirksamste Maßnahme (auch vom Snowden empfohlen) gegen diese Cookie-Pestilenz, ist “Tails” (DebianLinux+Tor) vom USB-Stick oder von DVD immer wieder “frisch” gestartet und damit (recht nahe an 100%) spurenlos bleibend. Der z.B. von sog. Verbraucherschützern oft gegebene Experten-Tipp, mit dem Privat-/Inkognitomodus den bösen Cookies ein Schnippchen schlagen zu können, entspricht in Effektivität und Schutzwirkung etwa der Empfehlung des täglichen Gurgelns mit Wodka gegen eine Covid-Infektion.
Auch ueblich, wenn man sich ein Programm herunterladen will. Diese Downloadseiten sind so gestaltet, dass man haeufig erst nach dem Download merkt, dass es nicht das Programm ist, das man eigentlich herunterladen wollte. Oder man moechte die abgespeckte kostenfreie Version, aber wird ueber drei Seiten geleitet, wo sich diese Version nur irgendwo unten am Rande finden laesst.
Eine andere Pest: Kleine Defaulthaekchen, die bei Nicht-Deaktivierung sofort einen neuen Browser einspielen und als Standard einstellen. Wie oft ich schon den durch diese Masche eingeschobenen Chrome-Browser wieder loeschen musste! Und schon aus Prinzip werde ich niemals Chrome ausprobieren: Wer auf solche unserioesen Methoden setzt, hat mein Vertrauen verspielt.