Digitalisierung in der Politik: Weniger anzeigen, mehr schulen

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Digitalisierung in der Politik: Weniger anzeigen, mehr schulen

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Lilith Wittmann ist eine engagierte Softwareentwicklerin – und stark an Sicherheitsthemen interessiert. Sie engagiert sich für die richtigen Dinge, finde ich. Dennis Horn und ich haben mit ihr bereits im Cosmo Tech Podcast über Sicherheitslecks in der Luca App gesprochen – und jede Menge dazu gelernt.

Sicherheitsexpertin Lilith Wittmann; Rechte: WDR/Schieb

Sicherheitsexpertin Lilith Wittmann wurde angezeigt

 

Anzeige gegen Sicherheitsexpertin

Wie man auch nur auf die Idee kommen kann, eine Entwicklerin wie Lilith Wittmann anzuzeigen, weil sie Sicherheitslecks entdeckt und anspricht (also ihre Arbeit macht) – ist mir schlicht ein Rätsel. Genau das ist aber bekanntlich passiert: Lilith hat ein Problem in der Wahlkampf-App “CDU Connect” gefunden und nach allen gültigen Regeln gemeldet.

Die CDU hat die Anzeige mittlerweile zurückgezogen – und sich auch entschuldigt. Wie nicht anders zu erwarten, bleiben Spott und Häme zurück.

Es ist das immer dasselbe Problem: Die Politik redet von Digitalisierung – ist aber selbst miserabel aufgestellt und setzt die falschen Signale. Natürlich muss ein CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet nicht wissen, wie man angemessen auf das Sicherheitsleck in der App reagiert. Irgendjemand in seinem Team aber schon.

Es lohnt sich, genauer hinzusehen: Nicht jeder, der Sicherheitslücken entdeckt, missbrauchr sie auch; Rechte: WDR/Schieb

Genauer hinsehen: Nicht jeder, der Sicherheitslücken entdeckt, missbraucht sie auch

Die deutsche Politik genießt nur wenig Vertrauen

Wie sollen wir Bürgerinnen und Bürger der Politik abkaufen, sie sei ernsthaft an Digitalisierung interessiert, wenn immer wieder Ahnungslosigkeit zu Tage tritt? Stichwort Corona-Apps, Stichwort Digitalisierung der Verwaltung. Und wenn nun sogar Anzeige erstattet wird, nachdem eine Sicherheitsforscherin bedenkliche Sicherheitslecks entdeckt hat?

Das hinterlässt Spuren: Laut einer aktuellen repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey, die für das Handelsblatt erstellt wurde, genießen nur wenige Politiker Vertrauen in diesem Themengebiet. Der Staatsministerin für Digitales Dorothee Bär (CSU) sprechen demnach gerade einmal 15,4 Prozent der Befragten eine hohe Digitalkompetenz zu. Am meisten Kompetenz trauen die Menschen Christian Lindner (FDP) zu (etwa 36 Prozent). Bei Annalena Baerbock sind es 25,6 Prozent, Olaf Scholz 20,4 Prozent und Armin Laschet gerade mal 11 Prozent.

Die Volksparteien und dieses Internet; Rechte: WDR

Die Volksparteien und dieses Internet: Cosmo Tech Podcast

Digitalbranche misstraut Volksparteien

Laut einer aktuellen Online-Umfrage unter 57 Entscheidern aus der Digitalwirtschaft trauen nur 5,2 Prozent der CDU und 3,5 Prozent der SPD zu, Deutschland nach der Bundestagswahl in eine digitale Zukunft führen zu können. Laut der Umfrage setzt die Digitalbranche zu 40,3 Prozent auf die FDP und zu 31,7 Prozent auf die Grünen. Auf die AfD baut niemand.

Die Werte sind alarmierend – doch die Regierungsparteien bieten trotzdem keine Digital-Initiative an. Da passen Pannen wie die aktuelle rund um die Wahlkampf-App gut ins Bild.

Über den Autor

Jörg Schieb ist Internetexperte und Netzkenner der ARD. Im WDR arbeitet er trimedial: für WDR Fernsehen, WDR Hörfunk und WDR.de. In seiner Sendung "Angeklickt" in der Aktuellen Stunde berichtet er seit 20 Jahren jede Woche über Netzthemen – immer mit Leidenschaft und leicht verständlich.

2 Kommentare

  1. Wie es in Deutschland um das Thema Digitalisierung steht, zeigen uns aktuell wunderbar die ukrainischen Flüchtlinge, die hier – trotz Krieg in der Heimat – nahtlos mit ihrem Unterricht weitermachen, während wir in der Pandemie mit dem Homeschooling bei 0 angefangen haben.

  2. Kein Wunder, dass Deutschland bei der Digitalisierung auf dem vorletzten Platz steht. Dieses “Weiter so, wird schon irgendwie” wurde bei der Bundestagswahl mit einer Ohrfeige bestraft. Der Aufbruch in eine moderne, digitale Welt ist nicht mit der CDU zu realisieren. Das merkt man auch, wenn man sieht, wieviele junge Leute sich die FPD bei der Wahl belohnt haben. Und diese sind nicht auf den Kopf gefallen. Die FPD hatte in der Tat ein gutes Wahlprogramm gehabt.

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