Vor 15 Jahren ist der Kurznachrichtendienst Twitter gestartet. Anders als in anderen Diensten ist die Anzahl der erlaubten Zeichen in einer Nachricht bis heute strikt begrenzt: Anfangs durften es nur 140 Zeichen sein. Weil SMS-Nachrichten maximal 160 Zeichen lang sein durften – und Twitter anfangs nur per SMS funktioniert hat.
Kurz und kompakt: Lange Zeit ein Pluspunkt
Die Beschränkung auf wenige Zeichen war lange Zeit eindeutig ein Pluspunkt: Die Menschen haben sich kurz gefasst, nicht so weit ausgeholt – waren mehrheitlich freundlich zueinander. In den ersten Jahren wurde Twitter als Micro-Blogging-Dienst verstanden. Wie ein Blog – persönlich, privat – aber eben kurz und kompakt.
Von diesem freundlichen, eher respektvollen Ton untereinander ist leider nicht mehr viel übrig. Zwar sind Tweets auch heute noch vergleichsweise kurz (maximal 280 Zeichen). Aber auch auf Twitter herrscht heute häufig ein barscher, ungehobelter Ton wie anderswo auch.
Die knappen Sätze scheinen allerdings mit der Zeit eher zum Nachteil zu geworden zu sein. Nicht viel Platz, um echte Argumente zu liefern – aber lang genug, um Emotionen zu schüren und spontane Reaktionen zu induzieren. Empörung, Zurückweisung, Zurechtweisung – das sind zweifellos die häufigsten Reaktionen auf Tweets heute.
Twitter bekommt Hass, Hetze und Beleidigungen nicht in den Griff
Schade, denn es war eben mal anders. Donald Trump hat die Sprengkraft der kurzen Kommentaren zweifellos auf die Spitze getrieben. Nicht nur, weil er ein Meister der Zuspitzung und Provokation ist, sondern weil er lange Zeit – qua Amt – mehr Follower hatte, als die meisten sich zu wünschen wagen.
Das allerdings hat andere Schwachstellen in Twitter zutage gefördert: Die mangelnden Ressourcen, um Twitter zu moderieren und gegen Hass, Hetze und Beleidigungen angemessen vorzugehen. Die kategorische Sperrung des Accounts eines Präsidenten ist zweifellos auch keine Lösung, die als besonders souverän und wiederholungswürdig gelten kann.
Zwischen Punk-Kultur und Eleganz
Der Medienwissenschaftler Johannes Paßmann von der Uni Siegen spricht von “Punk-Kultur mit einer rotzigen Anti-Ästhetik”. So wurde aus dem Netzwerk, das im Arabischen Frühling den Protestierenden eine Stimme gegeben hat – was zu lautem Jubel in der westlichen Welt wurde – leider (auch) ein Vergiftungsinstrument für die politische Debatte.
Ich würde Twitter – und uns – wünschen: Ein bisschen mehr die Umgangsformen und die Freude an knappen von Formulierungen aus der Anfangszeit – mit den Reichweiten von heute. Ob so etwas überhaupt geht?
Donald Trump gilt als wohl umstrittenster Twitterer
2 Kommentare
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Kurze Antwort: Nö, leider nicht ;( Das Internet und Social Media Kanäle sind der letzte Ort, wo gutes Benehmen zu finden sein wird
“Wir leben in einer Zeit, in der das absolut Überflüssige zu den Lebensnotwendigkeiten gehört. Wir leben im Zeitalter der Überarbeiteten und Untergebildeten: dem Zeitalter, in dem die Menschen so betriebsam sind, dass sie völlig verdummen. ”
-(c) Oscar Wilde –
War schon zu Wildes Zeiten so und ist seitdem eher noch schlechter, statt besser, geworden.
Politische und religiöse “Statements” jedweder Position konsequent raus aus den Netzwerken, wäre ein großer Schritt in eine friedliche Richtung!
Na, was ist denn z.B. tatsächlich draus geworden, aus dem “arabischen Frühling”? Menschenrechte verbessert? Keinen Millimeter!
Siehe z.B. Deutschlandfunk / Der arabische Frühling frisst seine Kinder / 30.4.2015