75 Mio. EUR Strafe: TikTok beutet Daten von Minderjährigen aus

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75 Mio. EUR Strafe: TikTok beutet Daten von Minderjährigen aus

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In den USA musste die vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen so beliebte Video-Plattform TikTok einen herben Schlag einstecken: 92 Millionen Dollar Entschädigung muss das chinesischer Unternehmen zahlen. Umgerechnet 75 Millionen EUR.

Der Vorwurf, der jetzt von Richtern bestätigt und mit einer ungewöhnlich hohen Entschädigungszahlung geahndet wurde: Die Video-Plattform verstößt grob, andauernd und im hohen Maße gegen geltende Datenschutzbestimmungen. Derart massiv, dass selbst die Amerikaner das nicht tolerieren wollen – und das will was heißen.

TikTok spricht vor allem junge Menschen an; Rechte: WDR/Schieb

TikTok spricht vor allem junge Menschen an – auch viele Minderjährige

Selbst in den USA ein Datenschutzverstoß

Das Besondere an diesem Fall – und was in den USA zweifellos den Ausschlag gegeben hat: TikTok sammelt die Daten von minderjährigen Kindern und Jugendlichen und beutet sie ungeniert aus. Genau deswegen haben zahlreiche Eltern in gleich mehreren US-Bundesstaaten geklagt. Denn es macht einen Unterschied, ob Minderjährige eine App benutzen – oder Erwachsene, die wissen, was sie tun.

Offensichtlich hat das Unternehmen Bytedance sogar Gesichtsaufnahmen der Minderjährigen eingesammelt – und sie ungefragt zum Training von KI-Systemen verwendet. Unter anderem. Weil biometrische Daten besonders sensibel sind, wird hier in Europa für ein Verbot der Speicherung solcher Daten gekämpft.

So wie auch Facebook, Amazon, Google und vielen anderen Plattformen erstellt auch TikTok Profile der Nutzer – um sie mit gezielter Werbung zu traktieren. Das ist schon bei Erwachsenen alles andere als eine Kleinigkeit, vor allem wenn es an jeder Transparenz über die erhobenen Daten mangelt.

Bei Kindern und Jugendlichen aber ist es unanständig. Ungehörig. Ja, ich finde sogar: abstoßend.

TikTok: Mehr als eine Millarde User in kürzester Zeit

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Minderjährige sind ununterbrochen Werbung ausgesetzt

Zu all der unmittelbaren Werbung, die TikTok bezahlt ausspielt, kommt ja auch noch in ihrer Dimension nicht messbare indirekte Werbung durch sogenannnte “Influencerinnen” und “Influencer” dazu. Die meisten – zumindest im Fall von TikTok – nichts anderes als durchs Bild hüpfende Litfaßsäulen.

Kinder und Jugendliche auf diese Weise einem ununterbrochenen Werbedauerfeuerwerk auszusetzen, ist unverantwortlich. Das ist meiner Ansicht nach die viel größere Sünde von TikTok. Beim Datenmissbrauch ertappt – aber schuldig auch in der Hinsicht, dass Minderjährige angelockt und mit Werbung zugeballert werden.

Wollen wir wirklich auf Dauer zulassen, wie schon Minderjährige ununterbrochen beobachtet, ausspioniert und als Projektionsfläche für direkte und indirekte Werbung missbraucht werden?

Ich finde, keinesfalls.

Wir sollten die Vorfälle in den USA zum Anlass nehmen, bei TikTok genauer hinzuschauen. Nicht nur, was potenzielle Datensammelsünden anbelangt, sondern auch und vor allem, welche und vor allem wie viel Werbung da ausgespielt wird.

Meiner Ansicht nach wäre es viel besser, TikTok würde einen Monatsbeitrag verlangen – und wäre dafür werbefrei. Mindestens bei Minderjährigen.

https://vimeo.com/379055375

Selbst die Tagesschau ist auf TikTok unterwegs

Über den Autor

Jörg Schieb ist Internetexperte und Netzkenner der ARD. Im WDR arbeitet er trimedial: für WDR Fernsehen, WDR Hörfunk und WDR.de. In seiner Sendung "Angeklickt" in der Aktuellen Stunde berichtet er seit 20 Jahren jede Woche über Netzthemen – immer mit Leidenschaft und leicht verständlich.

8 Kommentare

  1. Für manche Eltern ist es halt deutlich einfacher, ihre Kinder vor Fernseher, Spielekonsole, Handy, Tablet und Co. zu setzen als sich mit ihnen zu beschäftigen. Und das nutzen Apps wie TikTok gnadenlos aus. Medienkompetenz gehört als Schulfach unbedingt ins Curriculum, vielleicht können die Kinder dann ihren Eltern etwas beibringen.

  2. Wenn wir das Beste für unsere Kinder wollten, müssten Smartphones und Co erst mit 18, na gut 16 Jahren, zugänglich sein. Und sei es mit Biosensor, der den Zugriff sperrt, wenn er einen jüngeren Benutzer registriert ;)

  3. Carsten Mohr am

    “Meiner Ansicht nach wäre es viel besser, TikTok würde einen Monatsbeitrag verlangen – und wäre dafür werbefrei. Mindestens bei Minderjährigen.” Genau das war auch mein erster Gedanke, als ich Ihren Beitrag las. Warum auch nicht? Verstaatlichen und fertig.
    Aber wo sind die Eltern? Fühlt sich denn von ihnen keiner mehr für seine Kinder verantwortlich?

    • Bytedance steht doch ohnehin unter der Fuchtel chinesischer Behörden; ist also eigentlich schon “verstaatlicht” (im negativen Sinne).
      Und wenn schon, dann sollten alle Portale eine Bezahlversion ohne Werbung anbieten müssen. Dann wären sie aber vermutlich recht schnell aus der Gewinnzone und für Anleger unattraktiv.
      Tja, “Aber wo sind die Eltern”? Im Paralleluniversum für Erwachsene, z.B. beim Kätzchenvideo- und Kochrezepttauschen. Übergewichtige Kinder und übergewichtige Mütter sitzen gemeinsam im Fastfood-Restaurant. Wissen Sie, was ich meine? ;)
      Warum die Tagesschau auf diesem Kasperlekanal Rundfunkbeiträge verschleudert, ist mir allerdings ein Rätsel; vor dem Hintergrund dieses Blogartikels noch mehr.

      • Der Ruf nach der Verantwortung der Eltern ist berechtigt. Allerdings hat auch der Staat eine Pflicht, Minderjährige zu schützen – vor allem all jene, deren Eltern ihre Aufgabe nicht optimal erfüllen. Das fängt bei Medienkompetenz-Unterricht in Schulen an, was es nicht gibt, aber selbstverständlich sein sollte, hört aber eben bei konkreten Regulierungen nicht auf.

    • @carsten: Es ist heute wirklich nicht leicht, Eltern zu sein – denn die Medien sind omnipräsent. Als Eltern TikToj verbieten – ab einem gewissen Alter auch nicht cool. Aber gegen die Inhalte dort kann das einzelne Elternteil rein gar nichts machen.

      Abgesehen davon bin ich bekennender Gegner von Werbung, die sich an Kinder und Jugendliche richtet. Ob im Kommerz-Fernsehen, in Games, auf Youtube oder eben TikTok.

      • Carsten Mohr am

        Das glaube ich sehr gerne. Doch etwas mehr täte da auch gut. Denn immer nach dem Staat zu rufen, ist auch nicht richtig. Schließlich ist man ja selbst(!) der Staat.
        Kinder sind heute in unserer heutigen Gesellschaft auch nicht zu beneiden, lassen wir Vergleiche mit Drittewelt-Länder oder geflüchteten außen vor.

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