Jugendliche: Langweilig ohne Internet

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Jugendliche: Langweilig ohne Internet

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2,4 Stunden pro Tag – im Durchschnitt. So viel Zeit verbringen laut einer aktuellen Studie des Hamburger Leibniz-Instituts für Medienforschung Kinder und Jugendliche zwischen 9 und 17 Jahren täglichen im Internet. Die Älteren mehr als die Jüngeren. Am Wochenende sogar bis zu vier Stunden.

Dazu wurden 1.044 Kinder und Jugendliche befragt – und jeweils ein Elternteil. Eine wichtige Tatsache, denn ohne die Eltern zu befragen, wären womöglich ganz andere Zeiten dabei herausgekommen. Nun stellt sich natürlich die Frage: Ist das viel – oder ist das OK?

Kids lernen programmieren an der Coding-Schule; Rechte: WDR/Schieb

Kinder lernen an der Coding-Schule programmieren 

Eltern verlieren jede Kontrolle

Ich finde das erst mal ganz schön viel. Aber die entscheidende Frage ist natürlich erst mal: Was wird in der Zeit gemacht? “Hausaufgaben”, sagen die Kinder gerne. Aber es darf bezweifelt werden, dass 50% der Onlinezeit Wikipedia genutzt wird.

Man darf trotzdem Onlinezeit nicht mit – sagen wir – Fernsehzeit gleichsetzen. Fernsehen ist Konsum. Passiv. Onlinezeit kann aber auch aktiv sein. Kommunikativ. Zweifellos nicht die beste Methode, aktiv zu sein und kommunikativ – aber es ist ein wichtiger Unterschied.

Für wichtig halte ich einen anderen Aspekt. Die meisten befragten Eltern sorgen sich, dass ihre Kinder online von Erwachsenen angesprochen werden können. Eine mehr als begründete Sorge – und nicht so einfach zu verhindern.

Viel größer sollte aber die Sorge sein, jede elterliche Kontrolle zu verlieren. Denn es ist unmöglich, die ganze Zeit daneben zu sitzen. Also übernehmen das Netz – und vor allem die Akteure im Netz – die Kontrolle. Sie entscheiden, was Kinder und Jugendliche zu sehen bekommen. Welche Werbung. Welche Inhalte. Welche Werte.

https://vimeo.com/243307849

Oft verstörende Inhalte im Netz

Es braucht endlich einen modernen Jugendschutz

Katastrophal.  Deshalb rufen die Autoren der Studie auch zur Stärkung von Kinderrechten auf. Im Fernsehen lassen sich zeitliche Regelungen finden: Bestimmte Inhalte erst ab 20.00 Uhr. Aber im Internet? Da ist es immer 20 Uhr. Es macht sich aber auch niemand ernsthaft Gedanken, wie sich Kinder und Jugendliche schützen lassen. Alles ist rund um die Uhr für alle zugänglich. Es gibt nur minimale Schutzmechanismen hier und da. Etwa eine gelegentliche Altersverifikation. Leicht auszuhebeln.

Wieso kommt eigentlich niemand auf die Idee, mal einen modernen Jugendschutz auf die Beine zu stellen?

Ist es einfach, einen wirksamen Jugendschutz im Netz umzusetzen? Nein, natürlich nicht. Aber gar nichts zu unternehmen ist eine komplette Kapitulation. Übrigens sollte man die Verantwortung nicht einfach den Eltern in die Schuhe schieben (wird gerne gemacht). Doch die sind nahezu machtlos. Das Internet ist übermächtig. Vor allem der allgegenwärtige Kommerz. Das kann nur politisch reglementiert werden.

 

Über den Autor

Jörg Schieb ist Internetexperte und Netzkenner der ARD. Im WDR arbeitet er trimedial: für WDR Fernsehen, WDR Hörfunk und WDR.de. In seiner Sendung "Angeklickt" in der Aktuellen Stunde berichtet er seit 20 Jahren jede Woche über Netzthemen – immer mit Leidenschaft und leicht verständlich.

6 Kommentare

  1. Ja das ist ein großes Problem mit den Dingern ,dennoch gibt es auch viele Möglichkeiten und die werden auch genutzt. Kenne da ein paar nette Beispiele ;)

  2. Off_Leiner am

    Das hat aber gedauert, bis man auch hier im WDR erkannt hat, was für ein gefährliches digitales Rauschgift Internet und insbesondere Suchtphones sind, BESONDERS für Kinder und Jugendliche:
    Bert te Wildt hat das schon 2015 in einem hervorragenden Buch beschrieben:
    https : / / www . buecher . de / shop / medientheorie / digital-junkies / wildt-bert-te / products_products / detail / prod_id / 43695119 /

    Weitere Titel, die besonders alle Eltern lesen sollten (was sie hoffentlich noch können und sie nicht selber cybersuchkrank sind…):

     Diefenbach, Sarah; Ullrich, Daniel, Digitale Depression – Wie neue Medien unser Glücksempfinden verändern, München 2016

     Evers-Wölk, Michaela; Opielka, Michael, Neue elektronische Medien und Suchtverhalten, Forschungsbefunde und politische Handlungsoptionen zur Mediensucht bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsene, Baden-Baden 2016

     Lanier, Jaron, Zehn Gründe, warum du deine Social Media Accounts sofort löschen musst

     Markowetz, Alexander, Digitaler Burnout – Warum unsere permanente Smartphone- Nutzung gefährlich ist; Mitarbeit: Ann-Kathrin Schwarz u. Jan F. Wielpütz, München 2015

     Welzer, Harald, Die smarte Diktatur – Der Angriff auf unsere Freiheit, Frankfurt a.M. 2016

     Spitzer, Manfred, Cyberkrank! – Wie das digitalisierte Leben unsere Gesundheit ruiniert, München 2015
     ders., Die Smartphone-Epidemie Gefahren für Gesundheit, Bildung und Gesellschaft, München 2019

  3. Hier sind die Eltern gefragt. Kinder muss man beibringen sich selbst zu beschäftigen und diese Fähigkeit immer weiter trainieren. Die Kinder schon im Kleinkindalter vor elektronische Medien zu setzen führt zu genau diesen Problemen.

  4. M.Maiwald am

    Hallo,
    Mit PI Hole, ein DNS Server und einer Fritzbox, kann man so einiges zum Schutz der kleinen einrichten Black / White Listen. Und viel reden….
    Und ganz wichtig YouTube, Facebook usw. Sperren…

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