Marktmacht: Wie Amazon die Konkurrenz aussticht

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Marktmacht: Wie Amazon die Konkurrenz aussticht

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Es gibt so viele Dinge, die einem an Amazon gefallen können: rund um die Uhr erreichbar, gigantisches Angebot, bequem, alles wird nach Hause geliefert – häufig kostenlos. Und Amazon gibt sich in der Regel wirklich Mühe beim Kunden-Service: Reklamationen werden seriös bearbeitet, bei berechtigtem Anliegen auch das Geld erstattet.

Beim Kundenkontakt macht der Konzern zweifellos eine Menge richtig. Kein Wunder, dass Amazon so erfolgreich ist. Allerdings bezahlen wir alle einen hohen Preis dafür – doch der ist weitgehend unsichtbar.

Neben ökologischen Aspekten und der Tatsache, dass der kostenlose Paketversand auf dem Rücken in der Regel schlecht bezahlter Mitarbeiter erfolgt, kommen noch weitere dazu. Meiner Ansicht nach der gewichtigste: Unlautere Verzerrung des Marktes.

Jeff Bezos hat gut Lachen: Unternehmen schreibt eigene Regulierung für Gesichtserkennung; Rechte: Amazon/WDR/Schieb

Jeff Bezos Unternehmen legt in allen Bereich die Regeln fest – und sticht Wettbewerber aus

Amazon ist alles auf einmal

Eins der größten Probleme bei Amazon ist, dass Amazon Onlineshop, Marktplatz (für andere Anbieter, die über Amazon verkaufen) und auch noch selbst Hersteller von Produkten ist. Alles gleichzeitig.

Amazon baut und verkauft nicht nur Geräte wie Amazon Fire, Kindle oder Echo (Alexa), sondern auch viele, viele andere Dinge. Wenn Amazon entdeckt – was angesichts der schieren Datenlage kein Problem ist -, dass ein Produkt sich erfolgreich verkauft, stellt Amazon diese Produkte gerne häufig selbst her und verkauft sie als Eigenmarke.

Ein beinharter Konkurrent

Bedeutet: Amazon ist Marktplatz für Hersteller und Versender – aber kein unabhängiger, sondern gleichzeitig beinharter Konkurrent. Beispiel: Wer wie Roku Streaming-Hardware herstellt und verkauft, begibt sich auf der Amazon-Plattform in Konkurrenz zu Amazons eigenem Fire TV. Drei Mal darf jeder Amazon-Kunde raten, welches Produkt prominenter zu sehen ist…

Amazon sammelt immer mehr Daten – und baut seine Macht so konsequent aus

Gegen die Allmacht kommt keiner an

Es sind Amazons Algorithmen, die darüber entscheiden, welche Produkte an erster, zweiter oder dritter Stelle stehen, wenn jemand einen Suchbegriff wie “Streaming” eingibt. Und es kommt noch dicker: Wie das Wall Street Journal (WSJ) berichtet, gibt es sogar Hinweise darauf, dass Amazon bezahlte Anzeigen von Konkurrenten auf der Plattform einschränkt. Ein Hersteller wie Roku will für sein Produkt werben – aber die Anzeigen erscheinen kaum oder sind zu teuer.

Amazon bestreitet die Vorwürfe – und versucht, das Phänomen mit anderen Gründen zu erklären. Der Wettbewerber hätte vielleicht schlicht zu wenig für die Anzeigenplatzierung geboten.

Jeff Bezos Konzern gewinnt immer

So etwas passiert, wenn einer wie Amazon alles will: Onlineshop, Plattform, Marktplatz und Hersteller in einem zu sein. Für Amazon ist das toll – Jeff Bezos Konzern gewinnt immer. Für alle anderen ist es eine Katastrophe. Nicht nur für Hersteller und Versender, die praktisch gezwungen sind, auf Amazon präsent zu sein. Nein, zu allem Überfluss besteht auch noch das Risiko, benachteiligt oder sogar über den Tisch gezogen zu werden.

Das lässt sich nur ändern, wenn Amazon nicht alles auf einmal sein dürfte – und die Algorithmen, die das Ranking der Produkte und die Schaltung der Anzeigen verantworten, kompetent öffentlich gemacht werden (etwa für Kontrolleure von Behörden).

Über den Autor

Jörg Schieb ist Internetexperte und Netzkenner der ARD. Im WDR arbeitet er trimedial: für WDR Fernsehen, WDR Hörfunk und WDR.de. In seiner Sendung "Angeklickt" in der Aktuellen Stunde berichtet er seit 20 Jahren jede Woche über Netzthemen – immer mit Leidenschaft und leicht verständlich.

13 Kommentare

  1. Ach, Bewertungssystem. Da geht’s doch schon los, dass viele zu doof sind, zwischen PRODUKT und LIEFERANT zu unterscheiden. Dann stehen Angaben zur Lieferzeit in den Produktrezensionen und keinem ist geholfen.
    Die Anzahl der Sterne dient mir zwar als Indiz, aber nur ab einer gewissen Menge an Bewertungen. Von den (meistens vielen) guten Rezensionen lese ich meistens nur eine handvoll lange mit Gehalt (die immer zahlreicheren kurzen Rezensionen a lá “ich mag dieses Produkt, dieses Produkt ist sehr toll” tun ja weh!). Wichtiger sind mir die negativen, wobei da auch erst die Deppen ausgefiltert werden müssen.
    Und wenn ich dann endlich von einem Produkt einigermaßen überzeugt bin – schaue ich, wo ich’s lieber kaufe :)
     
    Denn abgesehen von der grundsätzlich kritischen Quasi-Monopolstellung und Datenspeicherung (oh, was hab ich schon Sachen angeklickt, die in Foren zu finden waren, die ich im Leben nicht suchen oder kaufen würde… schade für den Algorithmus) hat Amazon noch ganz andere Probleme, die einem auch den Spaß am Einkauf verleiden.
    Da haben wir für ein Produkt meistens mehrere Anbieter und können aber nicht filtern, dass keine Ausländer (außereuropäische Länder mit ggf. Zoll und langen Lieferzeiten, und steigender Fälschungswahrscheinlichkeit) angezeigt werden sollen.
    Dann sind Produkte manchmal mehrfach im Katalog, manchmal unterscheiden sie sich oder auch nicht, manchmal findet man beide oder auch nicht…
    Was mit der Suche via Stichworteingabe alles falsch ist, damit kann man sich tagelang beschäftigen. Jedenfalls will es mir bei uneindeutigen Produkten (sagen wir, eine Ledertasche für’n Smartphone, die nach unten klappt) selten gelingen, auch das zu finden, was ich suche. Aber jede Menge anderen Mist. Und weder eine Sortierung nach Preis klappt, noch das Ausblenden gar nicht erhältlicher Produkte.
    Und dass ich zwar mit meinem Account und Login bei Amazon.com einsteigen kann, dort meine alten Bestellungen aber gar nicht sehe… warum?
     
    Warum ich dann _trotzdem_ da ‘nen Account habe? Tja. Sofortiger Versand dank Lastschrift ist das eine. Eine große Musikbibliothek mit Hörprobe, Rezensionen und günstige Downloadmöglichkeit (sowie direkter Vergleich mit CD- oder Vinyl-Preisen!) ist das andere. Dann mischt sich ab und zu doch noch ein Buch rein (auch antiquarische – der Wunschzettel hilft, bei Verfügbarkeit informiert zu werden, und das ist GUT so!). Und eben Zeug das man sonst nirgends findet – Kleinmöbel, LEDs, Rasentrimmerersatzteile, war alles schon dabei. So komme ich dann im Schnitt auf 10 Bestellungen pro Jahr (2012 waren es mal 25, wegen lauter einzelner MP3-Titel). Für mehr müsste ich mich aber auch quälen.
     
    Konsum in Maßen statt in Massen, ist eben nicht nur eine Frage der Schreibweise. (in dem Sinne: Grüsse in die Schweiz!)

  2. Durch Amazon entstehen für mich Probleme, von denen ich vor ein paar Jahren nicht geahnt hätte das ich Sie haben würde.

    Start: Ich möchte eigentlich gar nicht bei Amazon bestellen und bin durchaus bereit etwas mehr zu bezahlen.

    Ich bestelle ein Buch anderweitig online. Es wird monatelang nicht geliefert, keine konkreten Aussagen zur Verfügbarkeit. Ich bestelle bei Amazon in 3 Tagen ist das Buch geliefert.

    Ich bestelle zwei elektronische Artikel anderweitig online. Geliefert werden soll in einer Woche. Dann nach zwei Tagen die Meldung einer der Artikel ist nicht mehr verfügbar, kein konkretes Lieferdatum mehr. Kein Angebot für wenigstens der Lieferung eines der Artikel. Ich bestelle bei Amazon in 3 Tagen war die Lieferung da.

    Ich bestelle bei einem lokalen Einzelhändler ein Buch. Ein Geburtstagsgeschenk, es muss in einer Woche da sein. Nach 5 Tagen ohne Benachrichtigung meine Nachfrage. Ich hätte ein Buch bestellt, die erstaunter Buchhändlerin, da ist nichts zu finden. Zwei Tage Zeit noch, da ist nichts zu machen.

    Liebe Amazon-Konkurrenz, ich mag Euch, ich mag Euch wirklich. Einfach weil Ihr nicht Amazon seid. Warum nur macht Ihr mir es so verdammt schwer?

    • Das Selbe habe ich auch erlebt.

      Bei einem Händler (nicht Amazon) online einen teuren Kaffeevollautomaten bestellt. Am Tag des gemeldeten Lieferdatums habe ich bei der Firma nachgefragt, ob sie mir mal die Sendungsnummer zu dem Paket geben können.

      Antwort: Das kommt direkt vom Hersteller und bis wir da auf Nachfrage eine Antwort bekommen ist die Ware bestimmt schon bei ihnen.

      Jetzt soll mir noch einmal jemand sagen, dass ich wo anders meine Ware bestellen/kaufen soll. Im Laden kaufen kommt nicht in Frage in dem Fall. Dort kostet der Automat mindestens 100 € mehr.

      So etwas gibt es bei Amazon nicht.

  3. 1. Zum Thema Ökologie: Ist es wirklich besser, wenn wir alle – in der Regel – mit dem Auto in die Stadt fahren, um bei den dort noch verbliebenen Einzelhändlern zu kaufen? Außerdem sollte man sich mal in die “Ökologieplanung” des Konzerns einlesen, das relativiert schon Vieles.

    2. Marktmissbrauch: Ich bin mündiger Bürger und kann selbst entscheiden, wo und was ich kaufe. Ich vergleiche oft Preise und Produkte bei verschiedenen Online-Anbietern, inklusive Google Shopping und eBay, sowie im Einzelhandel – jedenfalls bei teureren Anschaffungen. Amazon hat aber nun mal oftmals die beste Preisgestaltung, auch wenn man die schnelle Lieferung und den unkomplizierten Kundenservice mit einrechnet.

    3. Mitarbeiter: Klar ist: Hier wird in der Regel nicht der hochqualifizierte Topverdiener im Versandzentrum stehen! Demnach: Ist es wirklich zu erwarten, dass Amazon 12-15€, meist auf dem Lande, für Hilfstätigkeiten bezahlt?
    Bezahlt wird über der Vergütung in der Zeitarbeit und über den Mindestlohn hinaus mit sonstigen betrieblichen Vergünstigung (das braucht man nur googeln). Des Weiteren habe ich da auch als Ungelernter Karrierechancen (Teamleiter usw.), was nicht überall so ist.

    Ich habe den Eindruck, dass immer nur auf dem Konzern herumgehackt wird. Onlinehandel – nicht nur Amazon – wird oft gar gänzlich boykottiert.
    Ich habe mit Amazon nur gute Erfahrungen – Kundenservice und oft günstige Preise, gerade bei Rabattaktionen.

    Als Mittdreißiger muss ich auch die Prognose abgeben, dass der Internethandel nicht mehr auszubremsen sein wird. In 20 Jahren wird der Einzelhandel kaum noch Relevanz haben, nicht mal im Lebensmittelbereich.

  4. davon ab!
    Amazon ist gewaltig – aber die Suchfunktion ist absolut dilettantisch im Vergleich zu ebay oder anderen Plattformen. Und auch am Bewertungssystem sollte man schleunigst etwas ändern, da man sich wg. der Mio. Fake-Bewertungen auf nix mehr verlassen kann!

    • Carsten Mohr am

      Also, ein Problem mit den Bewertungen habe ich bislang noch nicht gehabt. Wenn es nur sehr wenige Bewertungen zu einem Produkt gibt, ist Vorsicht geboten. Vor allem, wenn diese auffalend positiv klingen. Bei sehr vielen Bewertungen hilft es, sich die schlechtesten anzusehen und das darin bemängelte unter den positiven zu suchen. Dann bleibt Abwägen. Alles in Allem kein Hexenwerk. Früher am Grill schwor der eine auf Ford, der andere auf Opel und der dritte verteufelte alles. Wichtig ist der Aspekt, unter dem ein Produkt genutzt wird und ob es meinen Nutzen unterstützt. Und der Preis sagt einem oft, das das so nicht funktionieren kann. Qualität kostet eben doch, aber oft braucht man etwas nur ein, zwei Mal. Dann geht auch was “billiges”.

    • Sowas. Mein Kommentar (_RGTech am 24.09.2020 16:37) hätte eigentlich hierher sollen und war da auch begonnen worden. Ist aber, nachdem ich ihn wegen vergessener Datenschutz-Checkbox ein zweites Mal abgeschickt hatte, ganz oben gelandet…
      Hallo Webmasters, bitte mal prüfen, warum das so danebengeht ;)

  5. Ich habe meinen Amazon-Account aus genau den genannten Gründen vor langer Zeit gelöscht – und siehe da, ich lebe noch. Es gibt genügend Alternativen.

  6. B. Franke am

    Die Algorithmen mögen zwar lästig sein, können aber nicht verhindern, dass ich den Rest der Plattform allein nach meinem Gusto weiterhin durchsuchen und letztlich ICH entscheiden kann, wo ICH was bestellen werde. Muss ich denn unbedingt das kaufen, was prominent an erster Stelle erscheint oder ist der/die ein oder andere einfach zu faul, mal ein wenig zu recherchieren? Ist jede News, die bei Google ganz oben erscheint, allein schon dadurch die ultima Ratio? Eher nicht. Trotz allem: Amazon ist die Instanz in Sachen Onlineshopping und der Logistikchampion schlechthin. Sollen die anderen (wie z.B. Ebay, Aliexpress, Rakuten, Taobao, JD, Otto, Galeria) sich doch auf die Hinterbeine stellen oder zusammentun, um eine schlagkräftige Konkurrenz zu bilden. Konkurrenz ist gut für’s Geschäft und Bezos würde vermutlich auch diese Challenge gewinnen. Der oben erwähnte “ökologische Aspekt” liegt auch in der ungeduldigen Kundschaft begründet, die z.B. nicht bereit ist zu warten und auch mal ein paar Bestellungen zu sammeln und vielleicht nur ein mal pro Monat zu bestellen. Nein, die Ware muss sofort kommen, am besten schon vorgestern. Bestimmt kein reines Amazon-Phänomen. “Dass der kostenlose Paketversand auf dem Rücken in der Regel schlecht bezahlter Mitarbeiter erfolgt”, ist zwar sehr zu bedauern, aber ebenfalls kein reines Amazon-Phänomen, wenn ich z.B. bedenke wieviele Seelen armer, ausgebeuteter Lohnsklaven in einem x-beliebigen Smartphone stecken oder auch in einem deutschen Automobil, das aus Kostengründen in Mexiko produziert wird. Oder fragen Sie einfach mal die Mitarbeiter/innen eines stetig wachsenden Getränke-nach-Hause-Lieferdienstes über deren Arbeitsbedingungen. Alternativ, hilft ein Blick auf die “Kununu”-Plattform, auf der sich auch eine Vielzahl deutscher Unternehmen wiederfindet, gegen deren Arbeitsbedingungen Amazon sogar noch ein echter Glücksgriff sein dürfte.

  7. Hannibal am

    Wenn die Algorithmen bekannt wären, und externe davon wüssten, würde darauf optimiert. Gleiches gilt bei Google und co, dafür geht es um zuviel Geld. Und natürlich, je mehr Marktmacht – vor allem Online – desto einfacher ist das Spiel. Gibt im übrigen auch in anderen Bereichen solche “ehrbaren” Geschäftsleute z.B. im Bezahlbereich für Digitalgüter einen Anbieter, welcher nun selbst zum Hersteller dieser Digitalen Waren wird und damit unweigerlich zur Konkurrenz für die Produkte die andere darüber verkaufen sollen.

  8. Carsten Mohr am

    Nun, Amazon verdient, soweit ich weiß, am besten durch ihre Clouddienste. Dann natürlich der Handel, die Logistik und als Zahlungsabwickler. Das Amazon dabei im März 100.000 neue Arbeitsplätze, im April nochmal 75.000 schaffen will oder geschaffen hat (USA), analog aber auch in Deutschland viele neue Jobs bereitstellte, wo andere abbauen und kündigen, das darf man nicht vergessen. Und Amazon ist ein großer hunriger Hai im Haifischbecken der ganzen großen Unternehmen. Sozial ist, was Arbeitsplätze schafft (mit einem zwinkcernden Auge gesprochen). Und durch die Konzentration auf ein Unternehmen wird ganz sicher auch sehr viel CO2 eingespart.
    Hand aufs Herz – wo ist das Böse, oder das Bösere? Steuern, Sozialabgaben, Löhne, IHK-Beiträge, Gerufsgenossenschaftsbeiträge, von den Mitarbeitern wiederum Gewerkschaftsbeiträge, viele Fälle vor den Arbeitsgerichten, die auch Anwälte beschäftigen. Alles wird ordentlich gezahlt. Die Wirtschaft dreht sich munter weiter, und das ist jetzt garnicht einmal negativ gemeint.

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