Unser Bundesgesundheitsminister Jens Spahn fordert mehr Digitalisierung in der Medizin.
Vollkommen plausibel und wohl auch richtig, in der Medizin Prozesse optimieren und digitalisieren zu wollen. Wer Patient ist, wundert sich, wie viel heute in unserem Gesundheitsbetrieb noch auf Papier passiert. Und wie lange es dauert, bis zum Beispiel die Ergebnisse aus Labor oder “bildgebender Diagnostik” (CT, MRT, Röntgen) beim behandelnden Arzt landen. Außerdem werden viel zu viele Dinge mehrfach gemacht – das kostet Zeit und Geld.
Gesundheits-Apps sammeln sensible Daten
Sensible Gesundheitsdaten vertraulich behandeln
Doch wenn Telemedizin und vor allem Health-Apps in unseren Alltag einziehen, sind die Anforderungen an den Datenschutz natürlich besonders hoch. Verständlicherweise – und auch vollkommen richtig so. Denn niemand möchte, dass seine Gesundheitsdaten in falsche Hände geraten. Zwar wird auch mit Daten auf Papier nicht immer sorgfältig umgegangen. In der digitalen Welt aber ist das Risiko für Indiskretionen, Pannen und Missbrauch besonders hoch.
Die Chat-App Ada zum Beispiel, die durch geschicktes Nachfragen Erstdiagnosen stellen soll, hat sensible Daten bei Dienstleistern wie Amplitude, aber sogar auch bei Facebook abgeliefert. Facebook! Mark Zuckerberg freut sich persönlich einen Ast, wenn er erfährt, dass jemand Allergiker ist, unter Hämorrhoiden leidet oder andere Beschwerden hat. Bingo! Da lassen sich doch rezeptfreie Medikamente anbieten – oder Therapien. Oder, oder, oder… Solche Daten sind besonders kostbar. Werbekunden zahlen dafür besonders viel Geld.
Die Patienten sollten jederzeit die Hoheit über ihre Daten behalten
Auch Datenempfänger haftbar machen
Experten wissen: Es reichen oft schon wenige Daten und Informationen aus, um ein Profil zu erstellen – sogar, um diese Daten einer bestimmten Person zuzuordnen. Das gilt ganz besonders für den Fall, dass solche Daten aus unterschiedlichen Quellen zusammengetragen werden können. Facebook, Google und einige andere sind Experten darin, Daten zu sammeln, zu horten und auszuwerten. Möglicherweise bringt Amazon schon bald ein “Amazon Choice”-Thermometer auf den Markt. Und ganz sicher wird sich Jeff Bezos für das morgendliche Abliefern der Körperkerntemperatur bedanken…
Will sagen: Wir sollten nicht nur die Anbieter von Geräten und Apps dafür haftbar machen, wenn sie Daten veruntreuen. Wir sollten auch die großen Netzwerke – man könnte sagen: die üblichen Verdächtigen! – dafür haftbar machen, wenn sie solche Daten annehmen. Wenn auch das verboten ist, dann werden sie sich schon anstrengen und solche Daten verweigern. Anderenfalls wird das Unvermeidliche passieren: Die Daten landen bei Facebook und Co. – und irgendwann wird sich Mark Zuckerberg für den massenweisen Missbrauch entschuldigen.
Also: Digitalisierung – ja, aber mit Fingerspitzengefühl. Und nur unter strengster Kontrolle.
5 Kommentare
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Die Digitalisierung in der bildgebenden Diagnostik ist bereits weit fortgeschritten und bietet erhebliche Vorteile. Die digitale Bildgebung ermöglicht eine schnellere, präzisere und effizientere Patientenversorgung. Bilder können in Echtzeit mit Kollegen ausgetauscht, einfach archiviert und bei Bedarf zu Vergleichszwecken abgerufen werden. Dies verbessert die diagnostische Genauigkeit und beschleunigt den Behandlungsprozess.
Die Digitalisierung bringt jedoch auch Herausforderungen mit sich, insbesondere im Bereich des Datenschutzes. Sensible Gesundheitsdaten sind von unschätzbarem Wert und müssen entsprechend geschützt werden. Die Sorge um die Sicherheit und Vertraulichkeit dieser Daten ist berechtigt, insbesondere im Zusammenhang mit Gesundheits-Apps und Telemedizin. Beispiele von Datenpannen und unzureichendem Datenschutz, wie die Weitergabe sensibler Daten an Dritte ohne ausdrückliche Zustimmung der Nutzer, unterstreichen die Notwendigkeit einer strengen Regulierung und Überwachung von digitalen Gesundheitsdiensten.
Die Autonomie des Patienten über seine Gesundheitsdaten muss gewährleistet sein. Die Einführung digitaler Technologien im Gesundheitswesen erfordert nicht nur fortschrittliche Sicherheitsmaßnahmen, sondern auch eine klare gesetzliche Grundlage, die Datenmissbrauch sanktioniert und sowohl die Anbieter als auch die Empfänger von Gesundheitsdaten zur Verantwortung zieht.
Die Digitalisierung im Gesundheitswesen hat das Potenzial, die medizinische Versorgung zu revolutionieren, setzt aber auch voraus, dass sowohl Patienten als auch Anbieter in einem sicheren und geschützten Rahmen agieren können. Eine sorgfältige Abwägung der Vorteile und Risiken ist entscheidend, um eine digitale Transformation zu erreichen, die sowohl effizient als auch ethisch verantwortbar ist.
Die Digitalisierung im Gesundheitswesen spaltet definitiv die Meinungen, und während ich die Vorteile sehe, die sie mit sich bringt, teile ich die Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes. Es ist alarmierend zu erfahren, wie leichtfertig mit sensiblen Gesundheitsdaten umgegangen wird, vor allem, wenn diese bei großen Tech-Unternehmen wie Facebook landen. Die Vorstellung, dass persönliche Gesundheitsinformationen für Werbezwecke missbraucht werden könnten, ist zutiefst beunruhigend.
Muss der Schutz unserer Privatsphäre wirklich dem Streben nach technologischem Fortschritt geopfert werden?
Sehr wichtiges Thema, sollte wesentlich mehr Beachtung erhalten!
Die Überschrift wäre zu ergänzen: Meine Gesundheitsdaten gehören mir, wenn ich Privatpatient bin! Als gesetzlich Versicherter bin ich per Gesetz mit meiner Akte anonymisiert im Datensteinbruch und kann nur hoffen, dass niemand eine Verbindung herstellt. Und wenn mein Hausarzt seinen gesetzlich verordneten Konnektor, z.B. aus Kostengründen, parallel angeschlossen hat, kann meine schöne Gesundheitsakte auch noch gehackt werden. Was hilft mir dann der auf meinen eigenen Geräten mühevoll aufrechterhaltene Datenschutz?
Medizinische Daten gehören grundsätzlich nicht ins WWW. Nichts gegen Geräte mit Rechen- und Speicherleistung; z.B Fitnes-Tracker oder Überwachung von Herz oder Blutzucker. Gibt es eine Verbindung zum weltweiten Netz, sind diese Daten auch weltweit angreifbar. Würde man Datenschutz ernst nehmen, kann man das Risiko ganz erheblich mindern aber es bleibt immer das Restrisiko, und sei es nur durch einen dummen Fehler. Absolute Sicherheit gibt es nicht !!! Aber der Einbruch wird schon schwierig, wenn man Daten in der Regel gar nicht oder z.B. mit einem USB-Stick an eine andere Stelle überträgt, die möglichst auch „unplugged“ ist.
So lange das alles aber jeder für sich entscheiden kann ist das aber egal. Es darf dann nur nicht zu höheren Beiträgen oder anderen persönlichen Nachteilen führen. Jedenfalls habe ich meiner Krankenkasse nicht meine Email-Adresse verraten. Wenn man mich schon mit Werbung zumüllen will, dann bitte traditionell mit Papier und Briefporto und wenn ich etwas will gehe ich auch gerne mal „outdoor“.