Twitter wird US-Präsident Donald Trump wohl eher nicht abschalten (lassen). Denn wer könnte dann noch seine Tweets lesen?
Leichter fallen ihm Entscheidungen wie diese: Im August hat der US-Präsident die Exekutivanweisung 13884 unterzeichnet. Sie verbietet – zusammengefasst – jede Art von Transaktion und Dienstleistungen von US-Unternehmen mit Individuen aus Venezuela. Die Folge: Adobe knipst in Venezuela die Lichter aus.
Venezuela wird von der Adobe-Cloud ausgeschlossen
User aus Venezuela können ab 29. Oktober nicht mehr auf ihre in der Creative Cloud gespeicherten Fotos, Illustrationen, Skizzen, Videos oder Dokumente zugreifen. Darüber hinaus werden Adobe-Apps ihren Dienst versagen, da ihre Gültigkeitsdauer (in Abos) nicht mehr verlängert werden kann. Der komplette Kreativbereich in Venezuela wird damit ausgebremst. Weil Adobe sich an die Anordnungen aus Washington D.C. hält – was sollen sie auch sonst anderes machen.
Nicht das erste Mal, dass über die digitale Welt Handelsstreitigkeiten ausgefochten werden. Wir erinnern uns: Huawei-Smartphones dürfen von Google nicht mehr mit Software oder Updates versorgt werden. Auch das ist ein erheblicher Einschnitt – ohne jede Vorankündigung.
Diese Entwicklung macht ein erhebliches Problem deutlich: Wir alle sind viel zu abhängig von politischen Entscheidungen in den USA. Wir nutzen alle Android, iOS oder Windows. Wir verwenden Apps aus der Cloud. Wir speichern unsere Dokumente in der Cloud. Was, wenn Donald Trump einfallen sollte, auf Europa böse zu sein – und mit einem Federstrich anordnet, den Cloud-Stecker zu ziehen?
Dezentrales Internet: Wenn die Cloud ausfällt
Cloud aus = Chaos total
Termine wären verschwunden. Kontakte weg. Wir könnten nicht mehr auf Office-Dokumente in der Cloud zugreifen – und die Apps würden schweigen. Mit einem Wort: Es würde schlichtweg Chaos ausbrechen. Die Fälle Huawei und Venezuela zeigen, dass solche Szenarien nicht ins Reich der Phantasie gehören, sondern einen schwindelerregend realen Charakter haben. Alles ist möglich.
Dessen sollten wir uns bewusst werden – schnell und unbedingt. Wenn schon Cloud, dann muss die Cloud eben in Europa betrieben werden. Es sollte durch entsprechende Gesetze unmöglich sein, dass der Betrieb einer Cloud eingestellt oder der Zugang zu Daten unmöglich gemacht werden kann. All das lässt sich durch entsprechende technische Vorkehrungen durchaus erreichen. Man muss es nur wollen. Und dafür ist ein Umdenken erforderlich.
Natürlich: Wir können uns auch eine eigene private Cloud einrichten. Oder noch mal besser hinhören, was WWW-Erfinder Tim Berners-Lee zu sagen hat. Er plädiert nämlich für eine Dezentralisierung des Webs. Das würde gleich mehrere Probleme lösen: Es würde die Macht der großen Cloud-Player schwächen – und auch mehr Beständigkeit beim Zugriff auf die eigenen Daten sicherstellen.
8 Kommentare
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Das Problem sehe ich schon länger, daher habe ich vor Jahren auf Alternativen gewechselt und nutze die großen Fünf Amazon, Apple, Facebook, Google und Microsoft nicht mehr. Es gibt ja gute Alternativen, aber der künstlich geschaffene Bedarf im Sinne von “muss man haben” bzw. “muss man nutzen” und eine große Bequemlichkeit behindern das Denken zum reflektierten Auswählen von Software und Dienstleistungen. Ich habe zum Schutz meiner Privatsphäre gewechselt und seitdem kann ich bei den Skandalen der großen Anbieter schmunzeln und meine Dienste uneingeschränkt weiter nutzen. :-) Schöner Beitrag wahr aber leider selten verstanden.
“…Wenn schon Cloud, dann muss die Cloud eben in Europa betrieben werden…”
Den Teufel mit dem Belzlebub austreiben?
Es ist doch wohl egal wem ich mich ausliefere, oder?
Ich sehe da keinen Unterschied – der Fehler liegt im System. Ich mache mich hier immer abhängig.
Daher: Cloud und abschaltbare Zwangsdienste meiden wo immer es geht.
Man denke mal blos Donald Duck würde Windows ausknipsen…
Was eine Welt.
Würden die deutschen oder europäischen Tochterunternehmen wie bspw. die Microsoft Deutschland GmbH auch solchen Exekutivanweisungen folgen?
Denn die meisten unserer Unternehmen haben vermutlich mit diesen Verträge, und nicht direkt mit der Muttergesellschaft in den USA, und haben aufgrund der EU DSGVO Dienste gebucht, die in der EU oder Deutschland von den lokalen Tochterfirmen gehostet werden.
Das ist eine wichtige, berechtigte und gute Frage – der ich sowieso mal nachgehen will. Der Fall Huawei zeigt aber, dass eine Menge möglich ist. Und ein Präsident, dem im Zweifel alles egal ist…
Hallo JB,
sie würden weil sie müssen. Wie auch im Cloud Act. Dort darf die US Regierung auf alle Daten zugreifen die auf US Amerikanische Unternehmen und deren Tochtergesellschaften liegen. Egal ob sich die Daten in den USA in Europa oder sonstwo in der Welt befinden.
Und ja, dies ist nicht vereinbar mit der EU DSVGO.
Und ja, noch scheint Venezuela und Huawei weit weg von uns in Deutschland, aber das kann morgen schon ganz anders aussehen.
Viel zu viele User haben nur Ahnung vom “Usen=Benutzen” des idealen Zustandes ihres PC oder Smartphones.Ebenso ist es mit vorgeblichen Vorteilen des online-Banking…wodurch Bar-Geld nun auch in Deutschland abgeschafft werden soll!
Zuwenige der Jüngeren kennen noch Stromausfälle oder Wasserrohr-Brüche,die ganze Stadtteile lahmlegen konnten und immer noch können.
Was die technischen Finessen betrifft- haben die wenigsten genügend Ahnung -um zu erfassen,dass ein “Outbreak” in ihrem smarten Haus das Frühstücken ausfallen lässt,das Auto nicht mehr vorgeheizt ist,die Autotüre sich nicht öffnet und das Fahrradfahren durch autonome andere Kfz nicht erkannt wird!
Die Ampeln sind abgeschaltet und damit die Querung der Strasse eher tödlich ist! Dazu noch ein/mehrere gelöschte(s) Konto(s) …und das Männlein steht im Walde!
Das kenne ich auch noch, als Kind hatten wir das öfters mal längere Zeit Stromausfall, dann hieß es Kerze an und Mensch ärgere dich nicht spielen.
Das ist ein Problem, das in der IT Branche schon lange kontrovers diskutiert wird : Die Abhängigkeit einzelner Länder vom Wohlwollen der USA . Die Diskussion über Huawei ist geradezu lächerlich, bedenkt man, das jeder gegenüber der USA bereits die Hose runtergelassen hat. Alle zur Zeit stattfindende Kommunikation findet mit Software aus den USA statt, deren Hauptsitze zu bedingslosen Offenlegung erpflichtet ist. Versuche, aus dieser Falle, so wie es z.B. die Stadt Münchem gemacht hat, und ihre EDV komplett mit Open Source Software realisiert hatte, enden damit, das durch massive Lobbyarbeit Ausreißer wieder auf Kurs gebracht werden und von amerikanischen Ablegern der NSA (Microsoft, Oracle, IBM und so weiter) wieder ihre Software beziehen.