WhatsApp drängelt: Was jetzt passieren müsste…

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WhatsApp drängelt: Was jetzt passieren müsste…

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Respekt an Johannes Caspar.  Der Hamburgische Datenschutzbeauftragte hat jetzt eine Anordnung gegen Facebook erlassen. In dieser Anordnung wird es Facebook untersagt, “personenbezogene Daten von Whatsapp zu verarbeiten, soweit dies zu eigenen Zwecken erfolgt”. Gemeint ist damit: Schluss mit dem ungenierten Ausschlachten von Nutzerdaten. “Der sofortige Vollzug wurde angeordnet.”

WhatsApp bekommt neue Regeln, die ab 8. Februar gelten sollen; Rechte: WDR/Schieb
User haben keine Wahl – und stimmen deshalb nicht freiwillig zu

WhatsApp: Friss-oder-stirb-Methode

So macht man das. In NRW haben wir zwar auch eine Datenschutzbeauftragte. Zumindest theoretisch. Aber Helga Block unternimmt nichts gegen die Übermacht der großen Konzerne, sie äußert sich nicht und fällt auch ansonsten nicht angenehm auf. Ich habe zum Beispiel schon mehrfach versucht, Statements oder Einordnungen zu bekommen. Immer Fehlanzeige. Sich engagiert für Datenschutz einsetzen sieht meiner Ansicht nach anders aus.

Johannes Caspar hingegen zeigt immer wieder und auch hier Zähne. Da WhatsApp die User mal wieder mit einem Ultimatum unter Druck setzt und in Friss-oder-stirb-Manier neue Nutzungsregeln durchdrücken will – was bei vielen Usern für reichlich Verunsicherung sorgt -, kümmert sich Caspar um geeignete Maßnahmen. Richtig so, denn es ist doch wirklich unerträglich, dass ein Konzern wie Facebook Milliarden Menschen auf aller Welt einfach so die Pistole auf die Brust setzen kann.

Die EU muss sich endlich kümmern

Erst WhatsApp zum Kommunikations-Standard entwickeln, dann machen was man will – das ist die Philosophie von Facebook. Caspar nutzt die Möglichkeiten, die er hat. Seine Anordnung ist laut DSGVO maximal drei Monate gültig. Aber er unternimmt wenigstens etwas – und will eine “Befassung durch den Europäischen Datenschutzausschuss (EDSA) beantragen, um eine Entscheidung auf europäischer Ebene herbeizuführen”.

Das hätte längst geschehen müssen. Die EU-Verbraucherschutzkommissarin Margrethe Vestager müht sich redlich ab, die übermächtigen Konzerne zu bändigen. Das macht sie gut. Sie könnte aber gut Schützenhilfe gebrauchen. Von Menschen wie Johannes Caspar bekommt sie sie. Von unserer Staatssekretärin für Digitalisierung aber nicht.

EU-Digitalkommissarin Magrethe Vestager; Rechte: WDR/Schieb

EU-Digitalkommissarin Magrethe Vestager widersetzt sich den großen Konzernen

Dorothee Bär schweigt eisern

Dorothee Bär schweigt eisern zum Thema. Politische Führung würde meiner Ansicht nach bedeuten, hier Stellung zu beziehen und Maßnahmen zu skizzieren: Was könnte die Politik unternehmen, um die unübersehbare Übermacht einzudämmen? Klar, Bär hat keine Befugnisse. Doch sie könnte Konzepte erarbeiten und in den Ministerien dafür werben. Aber: Es kommt nichts aus dem Kanzleramt.

Das ist extrem bedauerlich. Viele schwärmen von der Idee eines Digitalministeriums. Aber das müsste auch gestalten wollen, entschlossen sein, Maßnahmen ergreifen. So wie Margrethe Vestager. Aber in Deutschland.

Die aktuellen Wild-West-Methoden von Facebook bei der Durchsetzung neuer Geschäftsbedingungen sind der beste Beleg dafür, wie nötig das ist.

Was ich machen würde? Ganz klar:

  1. Es dürfen keine Daten ohne Zustimmung erhoben und weitergegeben werden
  2. Die Zustimmung kann jederzeit widerrufen werden
  3. Anordnen der Interoperabilität bei Messengern – das sorgt für mehr Wahlfreiheit

Was Markus Beckedahl (netzpolitik.org) 2018 sagt, stimmt heute leider immer noch…

Über den Autor

Jörg Schieb ist Internetexperte und Netzkenner der ARD. Im WDR arbeitet er trimedial: für WDR Fernsehen, WDR Hörfunk und WDR.de. In seiner Sendung "Angeklickt" in der Aktuellen Stunde berichtet er seit 20 Jahren jede Woche über Netzthemen – immer mit Leidenschaft und leicht verständlich.

4 Kommentare

  1. Lichenscon am

    Bereits seit einiger Zeit hat NRW leider keine Landesdatenschutzbeauftragte mehr. Helga Block ist – wie bereits im 25. Datenschutzbericht 2020 angekündigt – im Jahr 2020 in den gesetzlichen Ruhestand getreten. Dem Organigramm der LDI kann man zudem entnehmen, dass der Posten der Landesdatenschutzbeauftragten momentan nicht besetzt ist. Es liegt daher an der Regierung eine(n) neue(n) Datenschutzbeauftragte(n) zu benennen. Solange dies nicht geschieht, wird die Behörde weiterhin ihrem Tagesgeschäft nachgehen, aber der ständige Vertreter der Landesdatenschutzbeauftragten wird wohl kaum durch kritische Statements auffallen wollen zumal er nicht demokratisch legitimiert wurde.
    Zudem muss man dazu sagen, dass die Behörde in NRW auch nicht genügend Mitarbeiter hat, um alle Beschwerden in einem angemessenen Zeitraum zu bescheiden. Während z.B. der LfDI Baden Wuerttemberg mit ähnlich vielen Mitarbeitern im Jahr 2020 gut 4800 Beschwerden bearbeiten musste, hatte die LDI NRW 2019 gut 8000 Beschwerden vorliegen, denen sie nach meinem Empfinden kaum nachkommen kann.

    • Der Artikel spricht mir aus der Seele. Dem vorstehenden Kommentar kann nicht zugestimmt werden. H. Blocks Behörde war schon vor ihrem Ruhestand aus dokumentierter Erfahrung ein zahnloses Monster. Es hat auch keine einzige Grundsatzfrage über Gerichte versucht oder durchgeboxt. Die meisten Beschwerde bei der LDI NRW enden ohnehin mit Aktenzeichenvergabe und Eingangsbestätigung. Demnächst kassiert die LDI NRW allein von mir mehrere Klagen nach Art. 78, zudem auf Schadensersatz wegen Datenverstöße in der Behörde selbst gem. Art. 82 Abs. 4 DSGVO-EU.

    • Die alles Andere denn naive LDI NRW schreibt in einem mir vorliegenden Schriftstück, ohne verbescheiden zu wollen, sie habe keine Aufsicht über Petitionsausschuss des Landtags, nur bei Möbelbeschaffungen und anderen Verwaltungsaufgabe, was bekanntlich grober Unsinn ist, spätestens nach der Klarstellung durch EuGH vom 9.7.20. Sogar der langsam lernbereite Präsident des Landtags verweist inzwischen an die (theatralisch nutzlose) Einrichtung der LDI NRW. Die Nutz- und Zahnlosigkeit der LDI NRW hat in der Kavalleriestr. schon Programm.

    • “hatte die LDI NRW 2019 gut 8000 Beschwerden vorliegen, denen sie nach meinem Empfinden kaum nachkommen kann”
      Ach was. Die LDI NRW hat Dutzende Mitarbeitende und sammelt v. a. Aktenzeichen. Es handelt sich um programmatisch-praktische Arbeitsverweigerung. 1 einzige/r Familienrichter/in in Deutschland hat an großen Gerichten Hunderte Aktenzeichen pro Jahr und gem. PEBB$Y ca. 230 Minuten für eine Kindeswohlgefährdungssache im Durschnitt, und muss in der Regel durch Beschluss entscheiden. Fahl, Holger (2015): Die Verantwortungsgemeinschaft von Familiengerichten und Jugendämtern in Kindschaftsverfahren. In: NZFam 2 (6), S. 250.

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