Braucht Wikipedia Reformen?

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Braucht Wikipedia Reformen?

Kommentare zum Artikel: 11

Eine Welt ohne Wikipedia? Schwer vorstellbar…

Wikipedia ist zweifellos die mit Abstand beste und eine der seriösesten Informationsquellen im Netz. Über 80% der Deutschen nutzen Wikipedia regelmäßig. Ansehen, Glaubwürdigkeit und Vertrauen sind extrem hoch. Aus gutem Grund, denn Wikipedia ist nicht kommerziell korrumpiert, so wie nahezu alle anderen Angebote – insbesondere die sogenannten Sozialen Netzwerke.

Der Ton innerhalb von Wikipedia ist zunehmend unerfreulich; Rechte: WDR/Schieb

Der Ton innerhalb von Wikipedia ist zunehmend unerfreulich

Zu wenige Autoren und Redakteure

Aber auch Wikipedia hat so seine Probleme. 18 Jahre nach Idee und Entstehung zeichnen sich überdeutlich Schwierigkeiten ab. Vor allem durch den Mitgliederschwund – immer weniger Menschen machen aktiv mit, obwohl die Zahl der Artikel steigt. Dadurch entstehen Qualitätsprobleme.

Beispiel: Wenn PR-Agenturen in Wikipedia etwas schönen, fällt das oft nicht auf – oder viel zu spät. Es fehlt an Manpower, um schnell zu reagieren. Updates zu liefern. 5.000 Artikel im deutschsprachigen Wikipedia sind als “veraltet” markiert. Manche finden: Egal. Aber ist es das?

Apropos Manpower: Auch der Frauenanteil ist nicht zeitgemäß. Lediglich neun bis 15 Prozent der aktiven Wikipedianer sind Frauen (je nach Quelle). Das hat zwangsweise Folgen für das Angebot, das eher auf männliche User zugeschnitten ist. Praktisch jedes Technik-Thema kommt vor, viele andere Themen aber kaum bis gar nicht.

Frauen müssten sich also aktiver beteiligen. Sich auch die Mühe machen, aktiv zu werden, Artikel zu schreiben.

https://vimeo.com/367240003

Wenig Anerkennung für aktive Wikipedia-Mitglieder: Ein zunehmendes Problem</em>

Frauenanteil niedrig – aus Gründen

Aktionsgruppen wie Wiki Women in Red versuchen das: Sie wollen mehr “weibliche Themen” im Nachschlagewerk sehen und dort unterbringen. Allerdings ist das nicht immer ganz einfach. In der Vergangenheit haben die Entscheider im Nachschlagewerk Themen wie “weibliche Science-fiction-Autorinnen” schon mal abgelehnt… Mittlerweile gibt es die Liste allerdings. Aber Keine Einladung, das wirklich tolle Nachschlagewerk sinnvoll zu erweitern und Autorinnen zum aktiven und ständigen Mitmachen zu bewegen.

Als Wikipedia erfunden wurde, gab es noch keine Sozialen Netzwerke. Heute herrscht auch bei Wikipedia selbst intern ein harscher Ton – wie bei Facebook, Twitter und Co. so häufig. Dort bekommen Autoren aber wenigstens Likes und Anerkennung. Bei Wikipedia nicht. Der Schwund an Mitmachern ist also leicht zu erklären.

Wikipedia ist ein so tolles Projekt – man kann nur hoffen, dass die Probleme in den Griff zu bekommen sind. Dazu braucht es allerdings dringend Reformen: Eine modernere Benutzeroberfläche, auch eine einfachere Regiezentrale (damit mehr mitmachen können). Vor allem eine bessere Diskussionskultur. Mehr Anerkennung für alle. Weniger Hierarchiestufen.

Schlicht: Ein neuer Geist sollte durch das Projekt wehen… Es braucht möglichst viele kompetente Leute, die mitmachen wollen.

https://vimeo.com/367252126

Ausfürhliches Interview mit Wikipedianer Raimond Spekking

 

Über den Autor

Jörg Schieb ist Internetexperte und Netzkenner der ARD. Im WDR arbeitet er trimedial: für WDR Fernsehen, WDR Hörfunk und WDR.de. In seiner Sendung "Angeklickt" in der Aktuellen Stunde berichtet er seit 20 Jahren jede Woche über Netzthemen – immer mit Leidenschaft und leicht verständlich.

11 Kommentare

  1. Wikipedia ist definitiv eine hervorragende Informationsquelle für alle Art von Informationen. Jedoch muss man sagen, dass Wikipedia bei politischen und gesellschaftlichen Themen nur die Meinung der Mainstream Medien vertritt und nicht neutral ist. Es gibt einen sehr guten Film auf youtube von Markus Fiedler mit dem Titel “die dunkle Seite der Wikipedia”. Ist eine sehr gute Doku die man sich anschauen sollte.

  2. Die schlechte Erfahrung habe ich bereits vor Jahren mit Wikipedia gemacht. Habe trotzdem das eine oder andere ergänzt, wenn es mir wichtig erschien.

  3. P. Gedoehns am

    Wikipedia ist für mich ein gutes Nachschlagewerk, wenn es um Fragen zu Wissengebieten geht, zu denen es keine zwei Meinungen oder Formeln gibt, wie beispielsweise in der Mathematik.
    Sucht man aber nach Personen, die nicht die Meinung des Mainstream vertreten, werden diese gerne als Verschwörungstheoretiker, Fake-Verbreiter und als Personen aus einer politischen Richtung dargestellt. Warum wohl? Auch zum derzeit gehypten Thema Klimawandel scheint es nur eine angeblich richtige Meinung zu geben.
    Könnte es sein, dass die Zahl der Autoren deshalb sinkt, weil zu viel redaktionell überarbeitet und nur jeweils eine vermeintlich richtige Meinung dargestellt wird?
    Wenn ich etwas wissen möchte, recheriere ich in alle Richtungen und verlasse mich nicht nur auf Wikipedia.

    • a) Wäre es in einem klassischen Brockhaus anders? unwahrscheinlich
      b) Es geht in einem Lexikon nicht um Meinung.
      c) Ferner zeigt es wie zeitaufwendig und gut recherchiert Artikel sein müssen/sollten um bei komplexen Themen mit hoher Wahrscheinlichkeit dem wissenschaftlichen Stand und tatsächlichen Geschehnissen zu entsprechen. Gleich ob ich ob ich einem Wikipedia-Artikel glauben schenke oder nicht, meinen Respekt vor den Menschen die hier eine Menge Zeit investieren.
      d) Ferner zeigt es wie schwierig und aufwendig es ist in der heutigen weltweit extremst polarisierten Gesellschaft ein Lexikon in dieser Größenordnung überhaupt noch zu pflegen und zu erweitern. Wieder meinen großen Respekt, wieder unabhängig ob man jeden einzelnen Artikel als gut und glaubhaft empfindet.
      e) Und natürlich steht es jedem frei weitere Quellen zu rate zu ziehen, wie ebenfalls schon zu den Zeiten des klassischen Brockhaus.

    • @P. Gedoehns: Ja, die Zeiten, in denen man sich noch auf “traditionelle” Quellen stützen und verlassen konnte, neigen sich wohl dem Ende zu. Ohne Eigeninitiative bzw. Eigenrecherche im (v.a. politischen) Informationsgemenge, bleibt man zunehmend auf der Strecke.

  4. Hansi Hinterseer am

    Selten so einen schlechten Bericht gesehen. Herr Schieb stellt steile Thesen auf, interessiert sich überhaupt nicht für Antworten.

    Der Zusammenschnitt für die Aktuelle Stunde erinnert fast schon an Fake-News.

    • Jörg Schieb am

      Wieso bitte? Welche steilen Thesen denn? Ich habe lediglich Kritik aufgegriffen, die erhoben wird — und nachgefragt. Wie kommt es da bitte zum Vorwurf „fake news“?? Sie haben leider nicht einen konkreten Kritikpunkt genannt, lediglich emotional reagiert.

      • Beispielsweise ging es bei den Science-Fiction-Autorinnen gar nicht darum, die Frauen zu löschen, sondern um die Frage, warum sie von den Männern getrennt werden sollten. So eine Dopplung und Erzeugung von Redundanz ist zunächst mal ein weiteres Erschwernis für die Wartung, was neue Arbeitslasten und Obsoleszenzen erzeugt. Genau das hatten Sie doch selbst als Problem angesprochen. Und wenn man solche Listen, von denen es viele gibt, nach Geschlechtern trennt, warum dann ausgerechnet exklusiv bei Science-Fiction-Autoren? Was macht diese bitte zum besonderen Schauplatz für Gender-Gerechtigkeit? Die ganze Debatte bringt niemanden weiter. Sie wurde im übrigen von einer Autorin hochgekocht, die gerade ihr neues Buch zu bewerben hatte. Und die Presse springt dankbar auf.

        • (fortgesetzt)
          … und lässt sich damit vor den Karren einer Manipulatorin spannen, die es versteht, sich selbst als Opfer zu inszenieren. Die Grenze zwischen gut und böse ist nicht immer so klar wie man es gerne hätte.

          Unter den Hang zum Geschichtenschreiben fällt wohl die wiederholte Frage im Interview, ob Manipulationen zunehmen. In Wirklichkeit war Wikipedia schon immer für Manipulation anfällig, und die ständige Notwendigkeit der Abwehr dagegen ist mitverantwortlich für den oft robusten Tonfall im Projekt. Manch einer, der erwischt wurde und rausflog, nimmt das persönlich und führt Rachefeldzüge von außen. Da gibt es ganze Youtube-Kanäle und auch einen auf Wikipedia wegen Fehlverhaltens gesperrten Anwalt, der nun besonders gerne gegen Wikipedianer prozessiert.

          Eine weitere Falschdarstellung im Kurzbericht ist die Unterstellung, dass Administratoren dafür verantwortlich wären, inhaltliche Fragen in den Millionen Artikeln zu klären.

          Meine aktuelle Lieblingsthese ist, dass Wikipedia an Attraktivität verliert, weil das Wissen selbst, also die allgemein akzeptierbare Position, verschwindet, wenn jede Filterblase ihre eigene Position heraustwittert. Wissen liegt gewissermaßen in den letzten Zügen, Wikipedia erinnert noch ein wenig daran.

          • Jörg Schieb am

            @Manne: Einverstanden. Vermutlich wäre es klüger (gewesen), sich auf weniger Aspekte zu konzentrieren – dafür ausführlicher. In der Verkürzung liegt oft die Gefahr, etwas nicht völlig 1:1 abzubilden.

            MEINE Ansicht wäre es übrigens auch, KEINE unterschiedlichen Listen für männliche und weibliche Autoren anzulegen — aber ich respektiere auch die andere Meinung. Fakt bleibt am Ende, dass die Liste — zunächst — abgelehnt wurde. Mehr passt nicht in einen kurzen Berich.

            Deshalb wollen wir das Thema in einen Cosmotext Podcast aufgreifen. Dort haben wir 1h Zeit — und können in Ruhe alle Aspete und Seiten beleuchten.

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