Die Infektionszahlen steigen wieder. Wir kennen die Gründe: Es sind vor allem die deutlich aggressiveren Mutanten, die für ein höheres Infektionsgeschehen sorgen. Die Corona Warn App kann Ansteckungen nicht direkt verhindern, sondern lediglich warnen, wenn es einen möglichen Kontakt gegeben hat. Das ist schon was. Doch wir suchen händeringend nach weiteren digitalen Hilfsmitteln, um die Pandemie zu bekämpfen.
Einige sind bereits am Start, werden diskutiert und könnten helfen. Die viel diskutierte Luca-App zum Beispiel. Der Charme von Luca ist überzeugend: Durch einfaches Scannen eines QR-Codes mit der App in Restaurants, Fitness-Clubs oder überhaupt Locations jeder Art “einchecken”, damit die Gesundheitsämter im Fall der Fälle das Infektionsgeschehen verfolgen können.
Das Ziel: Super-Spreader erkennen, Menschen warnen und isolieren – und endlich die antiquierten Papierlisten ersetzen. So lässt sich wertvolle Zeit gewinnen, das versteht jeder.
Kritik an Luca-App nimmt zu
Doch die Kritik an der Luca-App nimmt unüberhörbar zu. Wettbewerber, die ähnliche Apps entwickelt haben, sagen in der Initiative wirfürdigitalisierung: Wir können das auch! Die Initiative setzt sich für gemeinsam nutzbare Schnittstellen ein, damit es nicht nur die eine Luca-App gibt, sondern viele.
Technisch versierte Experten argumentieren außerdem: Die Luca-App ist so gar nicht so sicher, wie wir uns das wünschen würden. Die Entwicklerin Lilith Wittmann etwa hat mir im Gespräch in unserem Cosmotech-Podcast erklärt, warum sie erhebliche Bedenken hat. Sie stört die zentrale Speicherung der Daten – und vor allem die Art und Weise, wie die Verschlüsselung gelöst ist. Laut Lilith gibt es durchaus erhebliche Angriffsflächen. Hacker und andere könnten sich Zugang zu Millionen Bewegungsprofilen verschaffen.
Auch Luca soll quelloffen werden
Das will natürlich niemand. Und siehe da: Die Kritik zeigt Wirkung. Die Dinge kommen in Bewegung. Luca hat angekündigt, den Programmcode quelloffen zu machen. OpenSource. Dann kann jede/r reinschauen und sich selbst ein Bild machen.
Doch jetzt wird noch ein anderer Ansatz diskutiert: Feldcluster und Superspreading-Events ohne Kontaktdaten aufspüren. Komplett anonym. Das geht, sagen die Entwickler von Luca und Recover. Ziel sind komplett anonyme Apps zum Kontakt-Tracing auf Basis der dezentralen Lösung CrowdNotifier zum Erkennen von Infektionsketten. Mit NotifyMe ist bereits seit kurzem in der Schweiz eine Lösung am Start (für iOS und Android).
Restaurants warten sehnsüchtig darauf, wieder öffnen zu können
Ziel: Anonymes Tracing, ohne Kontaktdaten
Ein spannender Ansatz, würde aber bedeuten, dass die Gesundheitsämter keine Kontaktdaten mehr erhalten würden (die angemessen zu behandeln die Ämter ab einer gewissen Inzidenz sowieso nicht in der Lage sind) – und stattdessen auf wache und verantwortungsbewusste Bürger zu setzen.
Jetzt ist die Politik gefragt. Denn die muss entscheiden, ob sie die alte Denke – Papierlisten mit Kontaktdaten – durch moderne Varianten wie anonymes und dezentrales Kontakt-Tracing ersetzen will. Bund und Länder müssen das entscheiden und vorgeben – aber bitte schnell.
15 Kommentare
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Zum ersten mal hier und ein Spannendes Thema ich finde ,aber das es auch negative Aspekte mit der Digitalisierung gibt…
Die Debatte ist in meinen Augen wichtig und muss auch geführt werden. Allerdings sollte man nicht außer Acht lassen, dass die Abwägung nicht mehr “Datenschutz oder kein Datenschutz” ist, sondern “Datenschutz oder Menschenleben / wirtschaftliche Existenzen”. Das ist eine Dimension dieser Debatte, die es zuvor nicht gab.
Das stimmt unbedingt. Es ist aber auch gleichzeitig eine Chance, nun alles richtig zu machen, denn es gibt gute Technologien, die guten Schutz bieten was Datenschutz betrifft und gleichzeitig sehr effektiv.
Weg mit dem falschen Datenschutz bei der Corona App! Niemand sollte hier etwas zu verbergen haben!
Wenn Ich mich im Netz bewege und einkaufe, wird doch auch jeder click aufgezeichnet.
Deshalb sollte z.B. Bargeld abgeschafft werden und jede Transaktion in den Geschäften, Lokalen, ÖPNV usw. genauso aufgezeichnet werden wie im internet.
So könnte man unsere Bewegungen geanu nachvollziehen.
Durch den Verzicht auf Bargeld würden Geschäfte, Behörden usw. immense Kosten einsparen…
@Jupp,
Du hast sicherlich nichts zu verbergen, lass Dich überall auf Schritt und Tritt überwachen, neben den über die Schulter schauen, auch hinein in Dir, Was , Wann, Wo interessant für Dich und die Werbfirmen neben den zentralistischen Weltkonzern Googled (“The End of the World As We Know It”) & Co, Facebook & verbundene Unternehmen, Amazon, Alibaba , Microsoft, Apple alles gute Steuerzahler usw. dazu die geheimen Dienste und staatlichen Datensammler.
Bedenke die immensen überbrodelen Datenhalden, sowie desseb enormen Energieverbrauch all der angeblich doch so unSmarten Dienste und Netzwerke .
Datensparsamkeit ist auch wegen des Klimaschutzes besser
als noch mehr digitale Dienste und Daten, die heimlich kopiert werden können, auch von anderen Staaten über Kontinenten hinweg, z.B. nach China. … Dort kann man schon heute erfahren was alles so möglich sein wird.
Verwende datensparsame Apps on F-Droid , anstatt der alle 20 Minuten an Google plaudernde CoronaWarn-App, installiere die parallel zu andern Länderversionen laufende “Corona Contact Tracing Germany” (CCTG) nutzbar ohne Google Konto, auf Android 5.0 oder allen Huawei Smartphones.
… Schau mal in den Kuketz IT-Sicherheitsblog u.a.
Die deutsche Datenpolitik der CDU/CSU …
Genau diese Debatte zeigt, woran es in diesem Land fehlt. Statt einfach mal was zu machen gibt es tausend Bedenken, Datenschützer und Mißbrauchsverhinderer, die die digitalen Möglichkeiten am besten noch fünf Jahre diskutieren wollen. Jetzt muß im Interesse der Gesundheit und der Freiheit endlich mal entschieden und durchgesetzt werden. Wer dann noch Bedenken hat soll klagen und kann beim Anwalt noch Payback Punkte einlösen. Aber lasst endlich die Leute in Ruhe, die sich nach einem normalen Leben zurücksehnen.
Das “Interesse der Gesundheit und Freiheit”, wie sie es nennen, steht und fällt aber weniger durch eine digitale Unterstützung oder Nicht-Unterstützung, sondern hängt maßgeblich von den wissenschaftlichen Erkenntnissen aus der Impfwirksamkeit und ggf. auch von deren Nebenwirksamkeit ab. Wer bleibt nach welcher Impfstoffvariante wie lange gegen welche Virusvarianten immun und wer kann trotz Impfung immer noch Überträger welcher Virusvarianten sein? Solange da nichts Handfestes vorliegt, wird man gezwungenermaßen doch mehr auf Hoffnung, als auf Fakten setzen müssen. Schutzmaske/Schnelltests werden m.E. noch sehr lange die Alltagsutensilien zur Zugangsberechtigung bleiben, auch neben digtalen Kontakt- oder Impfnachweistools.
Lilith Wittmann
@LilithWittmann
Krawallinfluencerin, irgendwas mit Digitalisierung & gegen Kapitalismus; politisch hier…
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Steht so auf ihrer Twitterseite…sind das(!) jetzt die Menschen, die als sogenannte “Experten” gehört werden? Fragen Sie doch gleich die Staatszersetzerin Nr. 1, Julia Nagel.
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Danke für die “tolle” Recherche.
Nun, Sie haben auf das Twitter-Konto geschaut – und damit war die Recherche beendet. Ich habe etliche Artikel gelesen, mit Leuten gesprochen (auch im Bundestag), Diskussionen studiert und mit Lilith Wittman gesprochen, die mir sogar von Experten aus den entsprechenden Gremien im Bundestag empfohlen wurde. Auch ein Artikel in der ZEIT setzt sich mit ihren Erkenntnissen auseinanders. Und so bin ich der Ansicht: Als Coderin ist sie sehr wohl kompetent – und wir haben uns ihre Beurteilung über die Art der Verschlüsselung gerne angehört. Ich verstehe nicht, wo da das Problem sein soll.
Ist es denn nich bedenklich, wenn sich jemand selbst schon als Krawallinfluencerin und Systemgegnerin bezeichnet?
Coder gibt es auch viele andere gute, und, Juliane Nagel ist MdL und trotzdem sind das für unsere Gesellschaft brandgefährliche, um nicht zu sagen gar selbstherrliche Leute, deren Umgang man wirklich vermeiden und deren Einstellung man teilweise als Verachtenswert einstufen muß. ICH habe mit diesen Leuten, wie auch mit dem rechten Spektrum, meine ernsthaften Probleme.
Ihre weiteren Rechercheteile will ich damit garnicht diskreditieren.
“Ist es denn nich bedenklich, wenn sich jemand selbst schon als Krawallinfluencerin und Systemgegnerin bezeichnet?”
Das wäre nur dann “bedenklich”, sofern es sich um eine/n der Querdenkerbewegung, der Afd o.ä. nahestehenden “Experten/in” handeln würde. Egal, wie kompetent und sachkundig sie/er auch wäre, das geht natürlich gar nicht. Extremlinke (auch gerne “Aktivist(inn)en” genannt) hingegen, sind “unbedenklich” und daher gern gesehene Gesprächsgäste/innen im Sinne des politisch und medial korrekten Zeitgeistes, wo es nicht mehr nur auf Fachwissen, sondern auf Fachwissen + “richtige” Haltung ankommt.
Zum eigentlich Thema. Es gibt leider keine App gegen Unvernunft: Reisewarnung nach “Malle” aufgehoben, Ski-Lifte wieder offen, Technoparty im Wald, heimliche Lokalöffnungen, Begräbnisse bei Großfamilien, Geburtstags- und Wahlkampffeten bei Politikern etc.. Abzuwarten, wie der Staat z.B. die Quarantäne einer Bikergang, eines Straßenzuges unter Clan”schutz” (sog. NoGo-Area) oder auch nur einer feierlaunigen Jugendgruppe überwachen will. Erschwerend, kommt ein schwindendes Vertrauen in einer brodelnden Gerüchteküche durch eventuelle, vielleicht sogar real existierende, Impfnebenwirkungen hinzu. Die ziemlich unmotiviert wirkende Impfkampagne, droht dadurch gänzlich zu scheitern. DAS wäre fatal! Fatal ist auch die verbreitete Meinung, dass geimpft wird bzw. werden muss, damit “wir endlich wieder in Urlaub fahren können”, statt die dadurch erreichte Lebenserhaltung in den Vordergrund zu stellen bzw. das Erkranken und Sterben zu verhindern.
Je mehr Unvernunft, desto mehr Lockdown. “Digital” kann und wird auch nicht mehr allzu viel richten.
Einerseits wird auf Leuten wie Musk, Bezos und anderen herumgehackt, weil sie unsagbar reich sind und zu den wenigen extremprofiteuren des Kapitalismus gehören, andererseits werden Leute aus dem linken Gewaltspektrum salonfähig gemacht und ihnen, und das(!) ist ja noch der Hammer, im Öffentlich-Rechtlichen von meinen GEZ der Hof gemacht und ihre Popularität gesteigert. Tut mir Leid, wenn dass hier die TAZ ist, dann ist Eile geboten und die Redaktion kann ja mal gucken, wieviel Zuhörer/leser sie noch hat ohne dem Geldsegen der dummern Bürger.
Und dann zu sagen, “Und so bin ich der Ansicht: Als Coderin ist sie sehr wohl kompetent – und wir haben uns ihre Beurteilung über die Art der Verschlüsselung gerne angehört. ” ist schon eine Frechheit. Dann kann man auch Tilo Sarrazin und anderen Brandstiftern (Alice Weidel, Meuthen oder auch Göbbels, oder andere wohl ausgebildete Menschen) ein Forum bieten und sie als Gutmenschen darstellen.
Tut mir Leid, da mache ich nicht mit und halte das nicht für gut!
Ich verstehe schon den Punkt. Ich habe mit der Expertin gesprochen, die mir aus dem Bundestag empfohlen wurde – nicht eben eine “linke Bude”, und mich erst mal auf ein Gespräch eingelassen und habe keinerlei Beanstandung an der Sachkenntnis. Es wäre übrigens genauso klug, einem AfD-Politiker zuzuhören, wenn er etwas Kluges und Geistreiches zu sagen hat – auch das ist schließlich nicht auszuschließen.
Auf die Ehrlichkeit einiger Infizierten zu hoffen ist unrealistisch. Fast jeder bestellt im Netz und gibt Daten preis. Hier wäre es nützlich. Sinn macht die App nur wenn auch das Gesundheitsamt darauf zugreifen kann bei Infektionen. Letztendlich dient es uns. Alles abwägen und jedem Recht machen geht nicht.
Ich bin da auch zwiegespalten, muss ich ehrlich sagen. Ich finde deshalb die Debatte wichtig. Quarantäne zB muss auch durchgesetzt und überwacht werden, sonst hat sie keinen Sinn.