Digitalisierung: Bitte endlich kompetent angehen!

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Digitalisierung: Bitte endlich kompetent angehen!

Kommentare zum Artikel: 17

Die Digitalisierung: In Zeiten von Corona scheint sie sich so richtig zu bewähren. Millionen von Menschen arbeiten von zu Hause aus. Im Home Office. Ohne Internet und Cloud wäre das überhaupt nicht oder nur schwer vorstellbar.

Weil wir heute aber sowieso vieles online erledigen, kann man genauso gut zu Hause sitzen. Und von dort E-Mails von Kunden oder Kollegen beantworten, auf Dokumente und Daten zugreifen, Prozesse lostreten oder sich mit Kolleginnen und Kollegen im Video-Chat absprechen.

Ohne Digitalisierung aufgeschmissen

Zweifellos eine gute Sache. Ohne Digitalisierung wären wir im Augenblick wahrscheinlich aufgeschmissen.

Aber es ist auch ein guter Zeitpunkt, genauer hinzuschauen: Was funktioniert, was funktioniert nicht? Was läuft gut, was ist ein Risiko? Denn wir sehen aktuell, was passiert, wenn eine Gesellschaft schlecht vorbereitet ist.

Jörg Schieb im HoneOffice; Rechte: WDR/Schieb

Das Home Office ist ein schönes Beispiel für den sinnvollen Einsatz von Digitalisierung

Leitung wird schnell knapp

Fangen wir mal mit profanen Dingen an. Der Internetzugang. Wer zu Hause keine schnelle Datenleitung hat, der ist aufgeschmissen. Wie sollen sich im Home Office große Dokumente übertragen lassen? Wie sollen Video-Konferenzen ohne nervige Aussetzer funktionieren?

Ganz zu schweigen davon, dass selbst eine 16-Mbit-Leitung knapp wird, wenn die Kinder Home Schooling machen, zwei Erwachsene Home Office – und irgendwer will auch noch parallel Netflix schauen.

Letzte Meile – grottenschlechtes Internet

Es wird gerade überdeutlich: Wir haben in Deutschland – auf der letzten Meile!, also die paar Meter vom Schaltkasten in die Wohnung – ein grottenschlechtes Internet. Viel zu viel Kupfer. Kaum Glasfaser.

Die Regierung schwadroniert zwar seit Jahren davon, Deutschland fit zu machen, tut es aber nicht. Dutzende Länder sind besser aufgestellt als wir.

Es reicht nicht, Schulen nur mit Tablets auszustatten; Rechte: WDR/Schieb

Es reicht nicht, Schulen nur mit Tablets auszustatten

Deutsche Schulen: Digitale Diaspora

Ganz zu schweigen von den Schulen. Die sind im Augenblick hoffnungslos überfordert. Es gibt eben keine Digitalstrategien in den Schulen. Mangelhafte Ausstattung. Keine digitalen Lehrmaterialien.

Ein Armutszeugnis: Wäre nicht immer nur von Digitalisierung gesprochen worden, sondern hätte man sich wirklich angestrengt, ständen die Schulen jetzt viel besser da.

Es reicht definitiv nicht, Schulen mit ein paar Tablets auszustatten. Es braucht Konzepte. Eine komplett neue Denke. Wenn man das mit der Digitalisierung ernst meint, dann bitte – machen. Doch es wird immer nur geredet. Leidtragende sind unsere Kinder.

Ärmel hoch und anpacken!

Wir sehen gerade, dass Digitalisierung sehr wichtig und nützlich sein kann. Aber nur, wenn es intelligente Konzepte gibt. Die auch funktionieren. Die Datenschutz achten – und Menschen, Beamte, Angestellte und Bürger mit einem guten Netz versorgen.

Nur über Digitalisierung reden, das bringt rein gar nichts. Ärmel hoch und anpacken, das ist angesagt. Es wird aller höchste Zeit.

Beispiel; Die Forschung unterstützen mit intelligenten Ideen

Über den Autor

Jörg Schieb ist Internetexperte und Netzkenner der ARD. Im WDR arbeitet er trimedial: für WDR Fernsehen, WDR Hörfunk und WDR.de. In seiner Sendung "Angeklickt" in der Aktuellen Stunde berichtet er seit 20 Jahren jede Woche über Netzthemen – immer mit Leidenschaft und leicht verständlich.

17 Kommentare

  1. Ich muss sagen, dass leider viele Unternehmen es immer noch nicht verstanden haben und weiter stur durch die Gegend laufen. Aber Digitalisierung muss sein!

  2. Ich bin letzte eine längere Strecke mit der Bahn durch Niedersachsen gefahren, da merkt man schnell wie schlecht die Netzabdeckung ist. Auf weiten Teilen der Strecke hat man weder Internet noch normalen Handy-Empfang. Die Probleme werden wahrscheinlich auch nicht in den nächsten 5 Jahren gelöst.

  3. Anmerkung zu: “Keine digitalen Lehrmaterialien”
    Doch die gibt es! Ich arbeite selbst und persönlich in einem Verlag an interaktiven Lehr- und Lernamterialien, lehrplankonform, intuitiv nutzbar, für (fast) alle Endgeräte, tabletfähig, vielfältig,… doch viele Schulen kennen diese noch gar nicht.

  4. Mein Dienstherr hat es noch immer nicht geschafft alle Rechner auf Windows 10 umzurüsten, so dass bei manchen Kollegen im Haus noch Windows 7 läuft.

    Ich könnte zwar einen Antrag auf HomeOffice Arbeitsplatz stellen, bis zur tatsächlichen Einrichtung würden aber etwa 5-6 Monate vergehen.

    Aber auch dann bringt mir das nicht viel, denn die E-Akte ist bisher nur pilotweise eingeführt und auch dann nur für einige wenige Bereiche.

    Währenddessen nutze ich die Zeit im Büro um den Kollegen zu erklären, dass Outlook auch eine Kalenderfunktion hat und man nicht alles auf ausgedruckten Listen vermerken muss.

  5. Ingleterra am

    Das ist natuerlich auch ein Kostenproblem. In dem englischen Dorf, in dem ich lebe, wurde vor einigen Jahren die Glasfaser eingefuehrt. Der Sprung von Kupfer auf Glas war spuerbar! Dann zogen wir um die Ecke, in ein 300m weiter entferntes Haus. Das war schon wieder zu weit fuer den Schaltkasten, und wir haben jetzt “Glupfer” – die letzten paar hundert Meter wieder Klassisches statt Avantgarde. Die Netzgeschwindigkeit hat um einen Faktor 2-3 abgenommen, ist aber immer noch besser als Kupfer pur. Das zeigt aber, dass offenbar aller paar hundert Meter ein Schaltkasten gebraucht wird, von wo aus das Signal in die Haushalts-Telefonkabel gespeist wird. Das macht die Sache natuerlich teurer, und bei einem hohen Zersiedlungsgrad einer Landschaft wird sich das fuer die Netzbetreiber nicht lohnen.

  6. A. dallmann am

    Ja, gerade “die letzte Meile” ist geradezu miserabel. Dort müßte man die Grundstückseigentümer mit in die Pflicht nehmen und anteilig an den Kosten beteiligen.Wenn die Städte noch nach Jahrzehnten anteilig Straßenbaumaßnahmen umlegen können /dürfen,sollte eine Umlegung der “letzten Meile”auch möglich sein.
    Die Schulen sind und bleiben ein Kostenfaktor den keiner bezahlen will,warum auch immer , es fehlen einfach Konzepte und eine vom ganzen Parlament unterstütztes finanziell gesichertes Schulsystem.

    • L. Luther am

      Genau , ich lebe in einer Sackgasse , alles Eigenheime , hier hat die Telekom selber vor 18 Monaten auf VDSL 100 umgerüstet und seit etwa 6 Monaten ist teilweise VDSL 250 vorhanden. Warum auch immer nicht der ganze Straßenzug bleibt ein Rätsel. Es geht natürlich “alle paar Meter” bergab von VDSL 250 bis auf VDSL25.Nachvollziehbar nicht , 1mal Geld “in die Hand nehmen” und zufriedene Kunden oder in ein paar Jahren wieder Geld, wahrscheinlich mehr Geld um weiter nachzurüsten. Kopfschütteln. Weil Sackgasse bleibt Sackgasse und ein Straßenzug wäre mal fertig , so bleibt es wieder bei einen Flickenteppich!!! Und wir wären alle bereit dafür auch etwas zu bezahlen.

      • Nur als Beispiel das das alles nicht so leicht ist wie man es sich vorstellt.

        Auch hier bei mir im Ort wollte die Telekom die aktiven Elemente näher an die Endkunden bringen, die existierenden Schaltkästen durch größere ersetzen und teils neue installieren, um mit VDSL100/250 an den Start zu gehen.
        Doch die Kommune legte sich quer, erteilte keine Genehmigungen und Jahre ging nichts.

        Noch schöner, wir hätten hier in einem Mehrfamilienhaus einen Glasfaseranschluss von einem lokalen Unternehmen haben können, wenn den sich die Eigentümergemeinschaft dafür entscheiden würde. Die Antwort vieler, gerade älterer Miteigentümer, wofür mein Telefon geht doch jetzt auch und für das bisschen Internet reicht alles. Die Abstimmung fiel negativ aus.

        Es ist die gesamte Gemengelage welche aus Digitalisierung in Deutschland ein so zähes Geschäft macht.

  7. Digitale Schulen fände ich sehr schlimm. Einfach die Kinder vom frühen Morgen für den halben Tag vor die Bildschirme zu setzen. Das ganze Hausleben lahmzulegen, damit der Unterricht nicht gestört wird. Mittlerweile geben sogar die Sportlehrer Tips , Sport mit online Videos zu treiben. Also sollen die Kinder nur auf den Bildschirm glotzen und nur das Gefühl bekommen, man hätte erwas gemacht. Keine echten soziale Kontakte, nur der Bildschirm .

    • Davon ist doch keine Rede. Niemand muss vom einen Extrem ins andere verfallen. Es geht um ein INTELLIGENTES Konzept. Dass die Möglichkeiten sinnvoll nutzt (etwa wenn Kinder krank sind und zu Hause bleiben müssen), ein Konzept, das insgesamt im 21. Jahrhundert ankommt.

  8. Zitat:
    …”und irgendwer will auch noch parallel Netflix schauen….”
    Netflix, amazon video& co. sind überflüssig wie ein Kropf. Deshalb sollte man das Datenvolumen über den Preis steuern und dann würden 4 K Videos u.ä. Datenmonster sehr sehr teuer und das Problem würde über den Markt geregelt…

  9. DasHeimnetzwerkDe am

    Das Credo dieses Artikels teile ich. Es ist dringend nötig das sich jeder im digitalen Bereich weiterbildet. Nur auf die Schulen zu zeigen greift aber zu kurz.
    Soweit aus eigener Erfahrung erkenntlich kann ich sagen, dass z.B. die digitalen Weiterbildungsangebote an den VHS schlecht angenommen werden. Der Eindruck entsteht das das Gros der Erwachsenen, gleich welchen Standes und Alters, nicht wirklich Interesse hat digital schlauer zu werden, obwohl es bitter nötig wäre.
    Also Ärmel hochkrempeln nicht nur auf die Kinder und Schulen zeigen, sondern Vorbild werden und sich im digitalen weiterbilden.
    P.S.: Kleines Quiz, kennen Sie den Unterschied zwischen einer brutto und einer netto Datenrate ? Nein, dann bitte schnell weiterbilden um nicht in der digitalen Diaspora zu enden, selbst wenn man modernsten Glasfaseranschluss hat ;-) .

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