Ab ins Metaverse: Ist der CO2-Fußabdruck egal?

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Ab ins Metaverse: Ist der CO2-Fußabdruck egal?

Kommentare zum Artikel: 17

Mark Zuckerberg hat die Flucht nach vorne angetreten. Er will lieber nicht länger über die schädliche Wirkung der Sozialen Netzwerke auf Gesellschaft und junge Menschen sprechen und sich am liebsten auch nicht mit Whistleblowerinnen wie Frances Haugen auseinandersetzen. Viel lieber will er neue Dinge erfinden, die garantiert unser Leben toller machen.

Beim Besuch im virtuellen Museum Zusatzinfos angezeigt bekommen; Rechte: WDR/Schieb

Beim Besuch im virtuellen Museum Zusatzinfos angezeigt bekommen

Wenn Avatare sich begegnen

Womit wir beim Metaversum wären, von dem der Facebook-Chef jetzt immer öfter spricht. Eine komplett virtuelle Welt, die bislang getrennt existierende virtuelle Räume, Spielwelten, Arbeitswelten und Konsumwelten miteinander verbindet. Ein virtuelles T-Shirt kaufen, das im virtuellen Spiel dem Avatar anziehen und möglicherweise auch in der Besprechung im virtuellen Chat-Raum tragen – ist das Metaversum nicht wunderbar?

Abgesehen vom Umsatz, der hier möglich ist und Mark Zuckerberg lockt, kann ich keine Aspekte erkennen, die uns als Menschheit oder Gesellschaft wirklich weiterbringen. Im Gegenteil: Noch mehr Abkopplung von der Realität – als ob wir das wirklich bräuchten.

Keiner spricht über den Energieaufwand

Ein Aspekt kommt dabei viel zu kurz: Ein Metaversum, das ausschließlich in Netzwerken existiert, erfordert einen nie dagewesenen technischen Aufwand – und damit verbunden: Energie. Server und Blockchains für alles: Für virtuelles Geld, virtuelle Kunst, virtuelle Welten. Die Stromrechnungen der ans Metaverse angeschlossenen Rechenzentren dürften regelrecht explodieren. Der CO2-Footprint geht durch die Decke.

Schon jetzt produziert allein das weltweite Streaming den CO2-Ausstoß eines ganzen Landes wie Spanien – Tendenz steigend. Ein Metaversum würde zwangsweise innerhalb kürzester Zeit die Rangliste der energiehungrigsten “Dienste” im Netz anführen. Es braucht eben eine enorme Rechenleistung, die VR-Welten zu berechnen.

Doch wie lässt sich das mit den Klimazielen vereinbaren, die wir uns weltweit gesteckt haben? Richtig: Gar nicht.

Ob European Green Deal oder Klimaziele in Deutschland: Das ist mit virtuellen Metaversen nicht kompatibel. Selbst wenn Google, Facebook und andere Riesen komplett grünen Strom nutzen – das reicht nicht: Denn all die Rechenzentren zwischen den Metaverse-Servern und dem eigenen PC oder Smartphone verwenden garantiert keinen hundertprozentig grünen Strom.

Cloud-Dienste verbrauchen viel Energie - und erzeugen damit in der Regel CO2; Rechte: WDR/Schieb

Cloud-Dienste verbrauchen viel Energie – und erzeugen damit in der Regel CO2

Digitalisierung besser für sinnvolle Dinge einsetzen

Wenn wir schon in Digitalisierung investieren, sollten wir das dann nicht lieber in sinnvolle Bereiche tun? Zum Beispiel in die Digitalisierung der Verwaltung, vor allem aber in “Smart Grids”. Netzwerke also, die dafür sorgen, dass wir Ressourcen schonen. Egal ob Strom, Wasser, Heizung – es gibt so viele Bereiche, wo sich Energie einsparen lässt. Digitalisierung kann dabei helfen.

Bevor wir uns auf Metaverse einlassen, sollte der Nutzen klar erkennbar sein – und Anforderungen an den CO2-Footprint sind da zweifellos nicht zu viel verlangt.

Facebook Horizon ist bereits in der Mache: Künstliche Welten für jeden Bedarf

Über den Autor

Jörg Schieb ist Internetexperte und Netzkenner der ARD. Im WDR arbeitet er trimedial: für WDR Fernsehen, WDR Hörfunk und WDR.de. In seiner Sendung "Angeklickt" in der Aktuellen Stunde berichtet er seit 20 Jahren jede Woche über Netzthemen – immer mit Leidenschaft und leicht verständlich.

17 Kommentare

  1. Das Metaverse ist ja eigentlich tot aber man sollte die ganze Rechenlast sinnvoller einsetzen da hat einer zu viel ready player one gelesen.

  2. Eben gesehen auf Phoenix gesehen:
    Nackt im Netz
    Mittwoch 20.10.21 von 16:45 bis 17:30 Uhr
    In der Sendung ging es darum zu zeigen wie weit Überwachung durch Staat und private Unternehmen bereits durchgeführt wird und auch Facebook war Thema in der Sendung.
    Der CO2-Fußabdruck ist mir (fast) egal, Privatsphäre im Netz nicht.
    Diesen Kommentar schicke ich über das Tor-Netzwerk, es sind also ein paar mehr Server damit beschäftigt die Strom verbrauchen um die Botschaft zu senden und auch TOR wurde in der Sendung gut beschrieben.
    Ein wenig spreche ich hier als Blinder von der Farbe da ich nie auf Facebook war. Das funktioniert nicht mit aktiven NoScript im Firefox und anonymes öffnen mit Startpage oder MetaGer geht auch nicht. Nichts gegen virtuelle Welten und etwas Spielspaß im Netz wäre nicht tragisch aber an ein zweites Leben in Second Life hatte ich nie Interesse. Warum sollte ich zum Couchpotato werden und fast mein ganzes First Live im Metaversum von Facebook verbringen? In erster Linie stört mich dabei, dass Facebook wie auch Google oder Amazon wirklich jeden Aspekt unseres Leben unter Kontrolle bringen will.
    Der Gedanke möglichst wenig Spuren zu hierlassen beißt sich allerdings auch mit der Digitalisierung der Verwaltung. Soll man sich doch die Mühe machen die Windows-Rechner im Bürgeramt anzuzapfen zum Beispiel durch Backdoors, Hintertüren z.B. im BIOS von denen auch in der Sendung die Rede war und von denen man in Witten bestimmt noch nie gehört hat.
    „Bevor wir uns auf Metaverse einlassen, sollte der Nutzen klar erkennbar sein – und Anforderungen an“ – die PRIVATSPHÄRE – „sind da zweifellos nicht zu viel verlangt“, falls das dann noch überhaupt für Zuckerberg einen Sinn ergeben sollte.
    Das ist also Zustimmung zur Ablehnung von einem Metaversum aber mit völlig anderer Begründung. Aber jeder darf seine Prioritäten anders setzen, da habe ich im Gegensatz zu anderen eher wenig missionarischen Eifer; nichts gegen digitale Exhibitionisten.

    • Carsten Mohr am

      “Warum sollte ich zum Couchpotato werden und fast mein ganzes First Live im Metaversum von Facebook verbringen? ”
      Man möge es mir nachsehen, aber was einer NICHT will, kann ein anderer doch reizvoll finden und sich darüber freuen. Warum ist die Diskusionskultur immer so abwertend gegenüber anderen, die, solange sie keinem wehtun, die neues mitmachen?
      Bewerten ja, baer nicht abwerten bitte.

      • FÜR_FACEBOOKBOYKOTT! am

        @Carsten Mohr:
        Ich kann Hans H. nur uneingeschränkt beipflichten.
        Und was Ihr Argument angeht, was eine nicht wolle, könne eine andere doch reizvoll finden und sich darüber freuen:
        Das gilt doch auch für Rausch- und Suchtmittel wie Crystal Meth, Crack oder Kokain, hinsichtlich derer ein gesellschaftlicher Verbots-Konsens besteht, der Eingang in das Betäubungsmittel- und das Strafgesetzbuch gefunden hat, OBWOHL viele diese Mittel reizvoll finden und sich darüber freuen (besonders die Dealer:innen und Hersteller:innen…).
        Der Grund für das Verbot ist die vielfach belegte zerstörerische Wirkung der genannten Rauschgifte, vor der Anfällige ebenso bewahrt werden sollen wie die Gesellschaft insgesamt.
        Und was sind die asozialen Netzwerke wie dieses Facebook und seine Datenkrakenableger anderes als digitales Crystal Meth……?
        Also: Egal, ob es einige so reizvoll finden wie Heroin:
        Hier muß der Gesetzgeber einschränkend, auch: mit Verboten, tätig werden – aber so weit wird es wohl nicht kommen, da “der Gesetzgeber”, im Bund der Bundestag, seienerseits bereits zum großen Teil aus Digitalsüchtigen besteht, man sehe in TV-Übertragungen nur, wie viele MdB sogar während der BT-Sitzungen unentwegt in ihre Suchtphone starren und glotzen, anstatt dem Gang der Verhandlungen zu folgen… :-((
        Dabei wären Einschränkungen schon allein aus den von Jörg Schieb genannten klimavergiftenden Auswirkungen dringend geboten – zu schweigen von den Sklaverei-Bedingungen, unter denen die Suchtphonebestandteile aus der Erde geholt werden…!

        Alle noch nicht Infizierten rufe ich erneut auf:
        BOYKOTTIERT DIESES FACEBOOK UND ALLE ANDEREN ASOZIALEN NETZWERKE! –

  3. Herr Schieb, Ihr Artikel beleuchtet leider nur eine Seite der Medaille. Haben Sie mal überlegt, dass sich Menschen, die sich zukünftig im Metaversum treffen, nicht woanders begegnen und dass dadurch Ressourcen geschont werden!? Ihr Artikel schließt sich einer Meinung der “Klimaelite” an, dass CO2 nur noch für “sinnvolle” Zwecke “verbraucht” werden darf und das schließt deren Meinung nach die Freizeit von Menschen nicht mit ein. Nach der Arbeit am besten nach Hause und Licht aus!?
    Ich bin überzeugt, dass der technische Fortschritt JEDWEDER Art Ressourcen schont und nicht frisst. Das Streaming emittiert Unmengen CO2. Klar, der Weg ins Kino und das Pressen und Transportieren von Milliarden von Dateiträgern ist dagegen klimaneutral!

    • Jörg Schieb am

      Nun, Polemik hilft uns nicht weiter, denke ich. Es ist durchaus untersucht worden zB, wie der Footprint von Kinobesuchen vs DVDs (inkl Ausleihe) und Streaming aussieht. Würden wir genauso viel schauen wie in der Vorstreaming Aera, viele die Bilanz positiv aus – fürs Streamen. Aber da sich dadurch das Binge Watching entwickelt hat – also Masslosigkeit – , fällt die Bilanz negativ aus. Ich streame auch gerne. Aber es ist hilfreich, die Fakten zu kennen.

      • Es gibt aber keine Studien dazu, was eine generelle Verlagerung von Freizeitverhalten und -aktivitäten ins Netz bewirkt, wenn sich z. B. das abendliche Treffen mit Freunden dahin verlagert und nicht mit dem Kfz dorthin gefahren wird.
        Auch gibt es z. B. Zweifel daran, ob das Bestellen im Internet wirklich negativ ist, wenn dadurch die Menschen nicht – in der Regel mit ihren Kfz – in die Innenstädte pilgern. Solche Fragen erwarte ich aber vom Journalismus. Der muss kritisch hinterfragen und nicht Studien und Fakten wälzen und dann eine “richtige” Antwort für den “betreuten Leser” finden, sorry!

    • Jörg Schieb am

      Und Überzeugung ist schön: Aber Studien und Fakten sind besser. :) Es geht mir darum, nicht blauäugig zu sein und rechtzeitig Lösungen zu finden.

      • Carsten Mohr am

        Nein, Herr Schieb, Sie finden da keine Lösungen. Sie bemängeln, woran es aktuellen Innovationen Ihrer Ansicht nach magelt. Das ist nicht die Welt besser machen.

  4. Henning Kaltheuner am

    Was Facebook hier bewirbt ist letztendlich ein hochtechnisierter Escapismus – der hinsichtlich seiner nachhaltigen Glückseligkeit psychologisch betrachtet immer eine ‘Scheinlösung’ darstellt. Der bereuende Katzenjammer ist jetzt schon garantiert. Angesichts der wachsenden Probleme der realen Welt scheint sich immer mehr die geistige Reife hinter Konstruktionen wie Facebook oder eines Metaverse als das zu erweisen was sie ist: Selbstverliebte Phantasien eines eher unreifen Schuljungen namens Zuckerberg. Da ist der Name Programm. Bloß nicht ärgern, wenn man hinterher keine Freunde mehr hat, weil man vom Zuckerberg zu dick geworden ist. Das gilt auch für die vermeintliche Süße der Virtualität. Wirkliches Er-Leben gibt es nur, wenn es auch wirklichen Widerstand und Reibung gibt. Insofern ist virtuelle Welt eine gelogene Welt.
    Irgendjemand hat hinterher wieder die Mühe, das auf etwas Sinnvolles einzudampfen. Aber wenn man den Geist einmal aus der Flasche lässt ist das sehr, sehr mühsam.

  5. “Nun, die Mehrheit betrachtet Atomstrom nicht als erstrebenswerte Lösung.”
    Die Mehrheit….? Eine sehr deutsche Betrachtung, oder?

    Ob die Mehrheit der deutschen Bevölkerung Atomstrom ablehnt, interessiert doch bei Facebook oder in den USA niemanden… ist auch völlig irrelevant. Wenn Facebook das baut, wird es benutzt und der Strom wird bezahlt und wie die Rechenzentren in den USA versorgt werden ist kein deutsches Problem.

    Facebook wird aber sicher nicht so blöd sein, die hierfür erforderlichen Rechenzentren in Deutschland zu bauen… wer würde das bei so hohen Stromkosten überhaupt machen?

    • Zumal die Zustimmung unter Deutschen wieder wächst:
      “… In Deutschland wächst die Zustimmung zum Einsatz der Kernenergie für den Klimaschutz. Gleichzeitig sind immer weniger Leute überzeugt, dass der Atomausstieg richtig ist. Das ergaben zwei Umfragen im Auftrag des Vereins Nuklearia und des Deutschen Arbeitgeberverbands.
      Fast die Hälfte der Deutschen will die Kernenergie für den Klimaschutz einsetzen. Das ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag des Nuklearia e.V. und des Deutschen Arbeitgeberverbands. Am Stichtag 3. Mai 2021 waren 47% der Befragten der Ansicht, es solle weiterhin Atomkraft zur Stromerzeugung eingesetzt werden, um die Klimaschutzziele der EU zu erreichen. 44% lehnten dies ab und 9% waren unentschlossen.
      Eine weitere Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach vom April 2021 ergab, dass die Zustimmung für den Atomausstieg Deutschlands weiter schwindet: Stimmten im Jahr 2012 noch 73% für den Atomausstieg, waren es 2019 nur noch 60% und bei der aktuellen Umfrage noch 56%.”
      Polen, Frankreich, Türkei, GB – alle setzen oder setzen wieder vermehrt auf die Kernenergie. Weniger Wind, als hierzulande, haben die auch nicht. Ein gleichzeitiger Ausstieg aus Kohle und Strom, ist der Untergang jeder Industrienation am Weltmarkt und explodierende Energiekosten lassen jede Investoren-, Verbraucher- und Wählerlaune rasch verpuffen. Wenigstens die FDP hat das erkannt und macht es hoffentlich zur Koalitionsbedingung. (vgl. Cicero, 9.10., “Atomkraft ja bitte? Die Lebenslüge der Grünen bröckelt”.).

      • Zwischenruf am

        Zwischenruf:
        Es ist etwas keineswegs deswegen “richtig” oder “falsch”, weil eine Mehrheit es will oder ablehnt:
        Wenn z.B. eine Mehrheit hierzulande dafür wäre, alle universal geltenden Menschenrechte aus der UN-Charta und der Europäischen Menschenrechtskonvention in Deutschland abzuschaffen bzw. zu mißachten, würde das doch dadurch noch lange nicht “richtig” – es verstieße nämlich eklatant gegen fundamentale Prinzipien der Menschlichkeit, die ÜBER Mehrheitsmeinungen stehen…

  6. “Doch wie lässt sich das mit den Klimazielen vereinbaren, die wir uns weltweit gesteckt haben? Richtig: Gar nicht.”
    Falsch… Atomstrom?

    Facebook kann sich ja sogar ein eigenes Atomkraftwerk bauen, Geld dafür haben sie ja…

    • Nun, die Mehrheit betrachtet Atomstrom nicht als erstrebenswerte Lösung. Da kann man natürlich anderer Ansicht sein. Es geht übrigens nicht nur um die Energie, die bei Facebook nötig wird – die ist im Zweifel sogar grün, da Google, Facebook und andere Große sich hier bemühen -, sondern um den Traffic im Netz. Der ist noch weit davon entfernt, grün zu sein.

      • Carsten Mohr am

        “… sondern um den Traffic im Netz. Der ist noch weit davon entfernt, grün zu sein.”
        In wiefern soll ich das richtig verstehen? Es geht nicht, Ihre Worte, um den Trafic selbst, sondern dem Inhalt. Wie soll der bitteschön “grün” sein? Wie im Film “Das fünfte Element?”, wo GRÜN als Synonym für gesellschaftlich anerkant steht?
        Trafic ist der Datenverkehr. Eine Website alleine produziert quasi keinen Energiebedarf. Sie können eine Hektomilliarde Seiten auf einem kleinen Server hosten. Wenn da keiner die abruft, erzeugt es Null Leistungsabruf. Ist so.

        • Meine Güte. :) Ich bin zwar auch bekennender Fan von Luc Besson und dem fünften Element, dennoch ist “grün” in dieser Bedeutung nicht in meinen Sprachgebrauch übergegangen. :) :) Gemeint ist: Die Daten fließen nicht direkt von Facebook zu mir, sondern es gibt ein gutes Dutzend Rechenzentren dazwischen. Egal, ob Facebook regenerative Energien einsetzt: Hierüber hat es keine Kontrolle. Und diese Strecke ist längst noch nicht in der Mehrheit aus regenerativen Energiequellen versorgt.

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