Anne Hidalgo ist Oberbürgermeisterin von Paris – und hat in ihrem Büro im wunderschönen Hôtel de Ville einen ebenso mutigen wie richtigen Entschluss gefasst: Airbnb muss gestoppt werden. “Ça suffit”, schreibt sie in ihrem Tweet auf Twitter. Es reicht.
Der US-Dienst sei verantwortlich für massenhaft illegal genutzte Ferienwohnungen in der französischen Hauptstadt. Mittlerweile ein immenses Problem. Das müsse dringend ein Ende haben. Deshalb verklagt die Stadt den US-Dienst jetzt auf 12,5 Millionen Euro.
Airbnb gibt sich unschuldig
In Paris gibt es 1.000 Wohnungen und Appartements, die aktuell auf Airbnb angeboten werden. Illegal, denn die Wohneinheiten seien nicht als Feriendomizil angemeldet. 1.000 Angebote à 120 Tage im Jahr (die maximale Zahl an Tagen, die eine Wohnung untervermietet werden darf) zu 12.500 Euro Strafe. Voilà: Das ist die gerechte Strafe. Da man davon ausgehen muss, dass die betroffenen Einheiten sogar mehr als 120 Tage vermietet werden, ist das noch zurückhaltend.
Airbnb sieht sich weder in der Schuld noch in der Verantwortung. Das ist keine wirkliche Überraschung. So ist das fast immer bei US-Konzernen, die weltweit operieren und überall Veränderungen hervorrufen. Unerfreuliches Vorbild: Facebook. Airbnb scheint ein guter Schüler. Er zeigt sich nicht bereit zur Kooperation und respektiert geltendes Recht nicht, wie das Beispiel Wien zeigt.
Airbnb wirbt mit Völkerverständigung – macht aber jede Menge Probleme
Strukturen zerstören als Prinzip
“Wo ist das Problem?”, fragen viele, die mit Begeisterung bei Airbnb buchen – und so Teil des Problems sind, nicht Teil der Lösung. Denn Airbnb sorgt dafür, dass Eigentümer ihre Wohnungen, Appartements und Häuser an Touristen vermieten statt an Einheimische. Weil es mehr Geld bringt. Das wiederum sorgt für Wohnungsknappheit, für steigende Mieten, für Unruhe in der Nachbarschaft. Der Schaden ist enorm – nicht nur finanziell. Airbnb ist aus psychologischer Sicht zerstörerisch.
Wer sich am Begriff “zerstörerisch” stört: Im Silicon Valley gilt das als adelnd. Nur wer solch eine Geschäftsidee hat, bekommt Kapital im großen Stil. Wer also zerstört, wird unterstützt.
Anne Hidalgo hat daher das einzig richtige getan. Andere Städte sollten dem Vorbild folgen. Das kann sich lohnen: Denn wenn es sich nicht mehr rechnet, dann hört der Spuk ganz schnell auf.
13 Kommentare
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Als Hotelbesitzer in Winterberg im schönen Sauerland verfolge ich die Entwicklungen rund um Airbnb und ähnliche Plattformen mit großem Interesse. Winterberg, als beliebtes Urlaubsziel, sieht sich ähnlichen Herausforderungen gegenüber wie Paris, wenngleich in kleinerem Maßstab. Die Anziehungskraft von Plattformen wie Airbnb ist unbestreitbar, sie bieten Reisenden flexible Unterkunftsmöglichkeiten und oft ein authentischeres Erlebnis als traditionelle Hotels.
Jedoch teile ich Anne Hidalgos Bedenken hinsichtlich der negativen Auswirkungen, die diese Dienste auf die lokalen Gemeinschaften haben können. In Winterberg bemerken wir ebenfalls, dass die Verfügbarkeit von langfristigem Wohnraum knapper wird, da immer mehr Eigentümer sich entscheiden, ihre Immobilien kurzfristig an Touristen zu vermieten. Dies führt zu einer Verknappung des Angebots und steigenden Mietpreisen für die Einheimischen.
Gleichzeitig sind wir als Hotelbetreiber direkt von der zunehmenden Konkurrenz durch solche Plattformen betroffen. Während wir strenge Auflagen und Standards einhalten müssen, operieren viele Airbnb-Vermieter unter weniger strengen Regulierungen, was zu einem ungleichen Wettbewerb führt.
Ich unterstütze daher die Forderung nach einer strengeren Regulierung von Plattformen wie Airbnb. Es ist wichtig, dass alle Anbieter von Unterkünften gleiche Bedingungen vorfinden und die Interessen der lokalen Bevölkerung gewahrt bleiben. Gleichzeitig müssen wir als traditionelle Anbieter auch innovativ bleiben und dürfen nicht vergessen, dass die Flexibilität und das einzigartige Erlebnis, das Plattformen wie Airbnb bieten, von vielen Gästen geschätzt wird. Es gilt also, einen fairen Ausgleich zu finden, der sowohl die Bedürfnisse der Reisenden als auch die der lokalen Gemeinschaft berücksichtigt.
Unsere Ferienwohnung hatten wir jahrelang zur Dauermiete ausgeschrieben. Alles in allem war es für uns ein Verlustgeschäft. Danach überlegten wir, bei airbnb einzusteigen. Aber nach dem Lesen dieses Artikels ist die Euphorie weg.
Wenn Angebot auf Bedarf trifft führt das bei Bekanntheit zum Erfolg, solange dem keine Gesetze entgegenstehen. Wenn die neuen Geschäftsmodelle sich als disruptiv herausstellen, hilft wohl nur noch ein Gesetz. Anstelle eines Verbotes kann das auch eine Steuer sein, die dem unerwünschte Geschäftsmodell den Bedarf nimmt. Aber der verbreitete Reflex, auf das Neue mit Abschottung zu reagieren, wird uns nun nicht gerade erfolgreicher machen. Vielleicht könnten ja der betroffenen Branche eigene neue Modelle auch weiterhelfen? Ich besitze kein Hotel und ich vermiete auch meine Wohnung nicht. Aber in den Ferien wohne ich nicht im Hotel, weil mir das zu teuer ist. Soviel zur Bedarfsseite. Lobbyismus muss sich nicht auf Besitzstandswahrung beschränken, sondern kann auch neue Ideen fördern. Die Steuersenkung für Hoteliers erscheint nicht gerade als Ausbund der Innovation. Wie schon dargestellt ist vielleicht das Mietrecht der Problemfall und nicht Airbnb. Die haben nur den Bedarf erkannt und die Möglichkeiten ausgenutzt. Mit Verboten und Strafen werden wir nicht erfolgreicher, sondern verschließen uns dem Fortschritt. Als Notmaßnahme brauchbar, aber als Politikmodell nicht wirklich zukunftsweisend.
Es müssten ja Steuern gezahlt werden. Aber 1.000 aktuell auf Airbnb angebotene Wohneinheiten in Paris sind nicht mal gemeldet. Es GIBT also Regeln. Doch Airbnb ist nicht bereit, diese einzuhalten – in Wien auch nicht. Das ist schlicht ASOZIAL.
Es sind nicht unbedingt _Ver_mieter, die ein Zimmer per airbnb vermieten. Oft sind es Mieter, die vielleicht über’s Wochenende nicht zu Hause wohnen, und während dieser Zeit noch etwas dazu verdienen möchten. Der Vermieter muß dem allerdings zustimmen, bekommt aber idR nichts vom Ertrag.
Für Vermieter ist der Vorteil, eine Wohnung als Ferienwohnung zu vermieten: Die Mieter sind nach ein paar Tagen wieder raus. Bei normalen Mietern ist das nicht möglich, selbst wenn es lautstark Parties feiernde, die Wohnung ruinierende Messies sind, und man ständig Abmahnungen von Miteigentümern oder vom Verwalter bekommt (die bekommt nämlich der Eigentümer, nicht der Mieter) – zumindest in Deutschland übertrumpfen die Mieterrechte die des Eigentümers, der oft genug auf einem 5stelligen Schaden sitzenbleibt. Nach einem solchen Erlebnis möchte man gar keine Dauermieter mehr haben.
Diese Fälle sind nicht gemeint. Sie sind aber aber zahlenmäßig nicht das Problem. Das Problem sind die gewerbemäßigen Vermietungen.
Gibt es denn überhaupt handfeste Zahlen dazu, wieviele Angebote von Eigentümern stammen, und wieviele von Mietern, die untervermieten? Wieviele tatsächlich kommerziell, und wieviele eher “Gelegenheitsvermieter” sind?
Daß Einkünfte aus Vermietung / Untervermietung versteuert werden müssen, versteht sich. Das ist aber eigentlich nicht Sache von airbnb, sondern Pflicht derer, die ihre Wohnung dort anbieten und damit Geld einnehmen. airbnb ist nur die Plattform, auf der angeboten wird – so wie Kleinanzeigen bei ebay oder in der Tageszeitung.
Korrekt wäre es, die Angebote bei airbnb durchzuforsten, gegen die Registrierungen zu checken und die potentiellen Vermieter zu belangen.
Ich möchte schon anmerken, daß es auch Vermieter gibt die nur zeitweise ein freies Zimmer vermieten, weil z.B. Mittbewohner einige Zeit unterwegs sind, oder die Kinder auswärts studieren, aber öfters auch Zuhause sind usw. was dann oft genug zu ner Art “Familienanschluß” führt. Das ist mit einer Pension oder einem Hostel nicht zu vergleichen. Für diese sollte das alles nicht zu abschreckend sein.
@Frank: Diese Leute sind auch eindeutig nicht gemeint. Weder in meinem Artikel, noch von der Pariser OB. Gemeint sind ausschließlich jene Fälle – und es werden leider immer mehr -, wo Wohnraum AUSSCHLIESSLICH (oder nahezu) an Dritte vermietet wird und so nicht für eigentliches Wohnen zur Verfügung steht. Laut Gesetz darf eine Wohnung in Paris maximal 120 Tage an Dritte untervermeitet werden.
Die Kommentare von Jörg Schieb werden immer besser. Der einzige, der hier Klartext redet/schreibt – und den Dingen auf den Grund geht. Der hinter die Kulissen schaut, pointiert textet und Haltung beweist. Weiter so!
airbnb ist schuldig. so wie der taxi dienst uber, zerstören die usa mehr als 100 jahre gewachsene strukturen in europa. es gibt ein hotel, oder eine pension, wo der hotelier infrastruktur und vertrauen vorhält. bei airbnb wird das alles schamlos umgangen. ich halte das schlichtweg für anarchie. über kurtaxe, bettensteuer und andere auswüchse in der steuerwelt lässt sich trefflich streiten, aber die privaten vermieter bei airbnb haben nur ihr eigenes wohl und schnelles geld im auge. und die allgemeinheit zu bescheissen. und den blöden hotelier mit seinen vorhaltekosten, lassen sie dumm im regen stehen. chapeau madame Hidalgo. Sie sind eine echte Europäerin! Vive la France!
So sehe ich das im Wesentlichen auch!
Wo liegt der Unterschied zwischen einem Hotel/Pansion und einer normalen Wohnung ? Beide nehmen wohnraum der von einheimischen genutzt werden könnte.
Und führt das Airbnb Prinzip nicht dazu dass der Wohnraum effizienter genutzt wird ?
Man müsste nur verhindern das Wohnungen nur dafür angeschafft werden um sie auf Airbnb weiter zu vermieten.