Hessens Innenminister will den Begriff “E-Sport” “ausradieren”

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Hessens Innenminister will den Begriff “E-Sport” “ausradieren”

Kommentare zum Artikel: 21

Es gibt mehr als nur eine Definition für den Begriff “Sport”: Er kann “sowohl als Körper- und Bewegungskultur als auch als Wettbewerbs- oder Wettkampfkultur verstanden werden”, heißt es in der Wikipedia. “Sport” ist nicht nur “zur körperlichen Ertüchtigung ausgeübte körperliche Bewegung”, sagt der Duden, sondern auch “Liebhaberei, Betätigung zum Vergnügen, zum Zeitvertreib, Hobby.”

Hessens Innenminister Peter Beuth sieht das anders: “Mir ist noch nicht klar, wie Bewegen aus Daumen und Zeigefinger Sport sein soll, auch wenn sich auf Bildschirm was bewegt”, sagte der CDU-Politiker diese Woche bei der Eröffnung des Turn- und Sportkongresses in Darmstadt. Gaming habe zwar “seinen Wert”, aber: “E-Sport hat mit Sport nichts zu tun. Wir müssen diesen Begriff ausradieren.”

Ausradieren! Hossa! Das ist ein Schlag ins Gesicht aller, die im E-Sport unterwegs sind. Schon auf der Pressekonferenz antwortete der Vizepräsident des hessischen Landessportbundes Ralf-Rainer Klatt diplomatisch, dass E-Sport “Teil des Digitalisierungsprozesses unserer Gesellschaft” sei, “der eben auch im Sport angekommen ist.” Der Präsident des E-Sport-Bundes Deutschland wurde auf Twitter klarer: “Diese Rhetorik treibt einen Keil in den Dialog mit dem Sport. Unfassbar!”

E-Sport

Die E-Sport-Szene wächst, doch der DOSB will den organisierten Videospielwettkampf nicht als Sportart anerkennen.

Die Aussagen von Peter Beuth platzen in eine Zeit, in der die Bundesregierung plant, mit einem Fördermodell die Gamesbranche zu stärken und E-Sport auch im Vereins- und Verbandsrecht anzuerkennen – was Beuth übrigens für “katastrophal” hält. Dabei sind Dutzende andere Länder weltweit diesen Schritt schon gegangen. Dort gibt es trotzdem noch Menschen, die joggen, Fußball spielen oder mountainbiken.

Was der E-Sport neben dem “Bewegen aus Daumen und Zeigefinger” auch bedeutet, klammert Beuth außerdem aus. Bei den Gamern selbst entsteht ein Gemeinschaftsgefühl – auch dann, wenn sie über das Netz zusammen oder gegeneinander antreten. Wenn klassische Sportvereine E-Sport-Abteilungen gründen, könnte das neue Mitglieder bringen, die wiederum den Verein und damit auch die anderen Abteilungen stärken. Und nicht zuletzt ist das Gaming ein Milliardengeschäft – und damit ein Wirtschaftsfaktor.

Derselbe Peter Beuth, der den Begriff “E-Sport” “ausradieren” möchte, weil man dabei nur Daumen und Zeigefinger bewegt, hat sich im Mai auf seiner Website übrigens damit geschmückt, dass eine halbe Million Euro “für hessische Sportprojekte” investiert werden. Darunter: Schach- und Schützenvereine.

Über den Autor

Dennis Horn, offline geboren 1981 in Köln, arbeitet als Digitalexperte in der ARD. Für Tagesschau und Morgenmagazin ordnet er die Entwicklungen in der digitalen Welt ein - und in Digitalistan bloggt er seit vielen Jahren darüber.

21 Kommentare

  1. Bernd Purzbackler am

    Das kann nach hinten losgehen Herr Horn,
    Schon mal was vom “Streisand-Effekt” gehört ?

    Ich freue mich auch immer die Mitarbeiter in meiner Bank ein bischen zu ärgern, indem ich betone, daß ich eine EC-Karte habe, und immer wieder diesen Begriff verwende.

    Das möchte man nämlich auch längst loswerden, aber es klappt nicht…

    • Dennis Horn am

      @Bernd Purzbackler: Ich zitiere die Wikipedia: “Als Streisand-Effekt wird ein Phänomen bezeichnet, wonach der Versuch, eine unliebsame Information zu unterdrücken oder entfernen zu lassen, öffentliche Aufmerksamkeit nach sich zieht und dadurch das Gegenteil erreicht wird, dass nämlich die Information einem noch größeren Personenkreis bekannt wird.” Nun ist ihm das, was Peter Beuth so gesagt hat, ja nicht unlieb – ganz im Gegenteil.

      Ich finde, in einer Zeit, in der in der Politik über eine Förderung für die Gamesbranche diskutiert wird und Videospiele gleichzeitig als Kulturgut anerkannt werden, ist eine solche Aussage für jemanden, der mit darüber entscheidet, in welche Richtung sich das Thema bewegt, durchaus diskussionswürdig – und hat damit auch ihren Platz hier verdient.

  2. Gehören solche Aussagen zu den Aufgaben eines Innenministers? Der Mann soll sich um die Sicherheit in Hessen kümmern und um die ausländerfeindlichen, rechtsradikalen Tendenzen innerhalb der hessischen Polizei! Dafür wurde er gewählt und vielleicht wird er und seine Partei auch in Zukunft nicht mehr gewählt. Jede Aussage eines Politikers formt unsere Wahlentscheidung am Wahltag.

    • Dennis Horn am

      @Micha: Das Ministerium von Peter Beuth heißt voll ausgeschrieben: “Hessisches Ministerium des Innern und für Sport”. In der Regel sind Innenminister auch immer für den Sport zuständig – insofern gehört es in der Tat zu den Aufgaben eines Innenministers, sich auch zu Sportfragen zu äußern.

  3. Sportler am

    “Hessens Innenminister will den Begriff “E-Sport” “ausradieren” “:
    Auch wenn er das Wort “ausradieren” wegen dessen übler Vergangenheit (Hitler wollte bekanntlich Englands Städte “ausradieren”) – inhaltlich hat der Mann vollkommen recht.
    “Sport” ist eine ausschließlich körperliche Betätigung und Anstrengung, nach der man duschen muß, wie Kommentator Stefan R zu Recht bemerkt.
    Eine Betätigung mit und an elektronischen Apparaten, bei der man allenfalls die Maushand “bewegt”, “Sport” zu nennen, ist eine Verkehrung ins Gegenteil (lat.: “Perversion”), genau wie das Im-Kreis-Herumrasen in einem Rennwagen “Motor-Sport” zu nennen eine Perversion ist.
    Und Auskünfte ausgerechnet von Wikipedia für wahr und echt und zutreffend zu halten, das ist schon mehr als gewagt, ist doch inzwischen bekannt, daß in jedem Fachgebiet mindestens die Hälfte der Wikipedia-Informationen schlicht falsch sind.
    Man bemühe besser ein richtiges Nachschlagewerk wie den Brockhaus – aber dazu müßte man natürlich ein richtiges Buch aus Papier zur Hand nehmen…

    • Sportler am

      Sorry, Satzteil vergessen: “Auch wenn er das Wort “ausradieren” wegen dessen übler Vergangenheit (Hitler wollte bekanntlich Englands Städte “ausradieren”) BESSER NICHT VERWENDET HÄTTE…”

    • Dennis Horn am

      @Sportler: Bis zum zweiten Satz, in dem ich neben der Wikipedia auch den Duden, also “ein richtiges Nachschlagewerk wie den Brockhaus” zitiere, haben Sie nicht gelesen? (Der Vertrieb des gedruckten Brockhaus wurde übrigens vor vier Jahren eingestellt.)

      Können Sie eine Quelle dafür nennen, dass “in jedem Fachgebiet mindestens die Hälfte der Wikipedia-Informationen schlicht falsch sind”?

      • “… Wikipedia-Artikel sind unzuverlässige Quellen. In der Wissenschaftsgemeinschaft werden Wikipedia-Artikel nicht als Primärquellen verwendet, da die Namen der AutorInnen nicht bekannt sind. Für ein erstes Einlesen in eine Fragestellung können Wikipedia-Artikel aber durchaus hilfreich sein. Auf jeden Fall empfiehlt es sich aber, gängige Fachlexika oder Einführungen zu konsultieren bzw. zu lesen. …”
        Quelle:
        schreiben.zentrumlesen.ch/myUploadData/files/schreibberat_idee1009_verlaesslichkeit_von_quellen.pdf

        • Dennis Horn am

          @C.Z.: Ich fragte konkret nach der Quelle für die Behauptung, dass “in jedem Fachgebiet mindestens die Hälfte der Wikipedia-Informationen schlicht falsch sind”.

          • @Dennis Horn: Weiß ich, bezog sich auf “Sportler”s Post. Habe übereilt das falsche “Antworten”-Feld angeklickt, sorry. ;)

  4. Wieder so ein Politiker, der im Heute nicht ankommt. Was hätte dann Schach, Schießen oder Dart mit Sport zu tun? Sport ist weit gefächert und wird schon ewig auch durch Trends verändert.

  5. Angeln ist dann wohl auch kein Sport. Da sitzt man nur rum.
    Und Fußball ist kein Sport, weil es da nicht um Wettbewerb, sondern ausschließlich Kommerz geht.

  6. Jack Frost am

    Traurig, dass der Autor sich offensichtlich mit dem Begriff nicht beschäftigt hat – ein Armutszeugnis für dieses Medium und ein Schlag ins Kontor für jeden, der versucht unsere Gesellschaft zu mehr Bewegung zu bringen! Traurig, traurig!
    Was spricht gegen E-Gaming? Darauf geht der Autor nicht ein! Kein Wunder, dass die Menschen mehr und mehr Respekt vor den „Hütern der Sprache“ verlieren!

    • Dennis Horn am

      @Jack Frost: Man kann Peter Beuths Aussagen durchaus kritisieren und gleichzeitig der Meinung sein, dass Bewegung wichtig ist. Ansonsten lesen Sie doch bitte noch einmal den ersten Absatz des Artikels; genau dort beschäftige ich mich mit der Definition von “Sport” – die eben nicht nur mit Bewegung zu tun hat.

      • Klaus Lohmann am

        Wettbewerbs- und Wettkampfkultur *allein* ist nicht förderungswürdig im Sinne der deutschen Sporthilfe, die wiederum *Athleten* fördert – und darüber hat die Wiki auch was zu sagen, was dem Spuk von geldgeiler Vermarktung des anscheinend auf traditionellen Sektoren gesättigten Games-Marktes durch das Aufkleben eines “Sport”-Pepperls endgültig ein Ende setzen sollte.

        • Dennis Horn am

          @Klaus Lohmann: Es geht in der Diskussion um eine Anerkennung im Vereins- und Verbandsrecht, nicht um eine Förderung im Sinne der Deutschen Sporthilfe.

  7. Sie nehmen genau im letzten Satz meinen Kommentar vorweg: Schach? Schießen? Golf? Dart? Billiard? Wieviele Körperteile bewegt man denn da so?

    • Klaus Lohmann am

      Dass Schach noch offiziell als “Sport” geführt wird, ist einer regen Lobby zu verdanken, die 2014 den Versuch des Bundesinnenministeriums verhinderte, Schach aus dieser Kategorie zu entfernen. Alle anderen Ihrer Beispiele sind ohne athletische Grundlagen nicht sinnvoll ausführbar (oder wie beim Schießen sogar gefährlich), auch wenn das für Sie wahrscheinlich nur unter “Kneipensport” fällt.

      • Dennis Horn am

        @Klaus Lohmann: Ich weise noch einmal auf den ersten Absatz und die doch recht weite Definition des Begriffs “Sport” hin. Die Vorstellung, die Fitness der Gamer spiele im E-Sport keine Rolle, zeugt außerdem von Unkenntnis des Themas.

    • Dennis Horn am

      @Stefan R.: Ich empfehle Ihnen, den ersten Absatz des Artikels, den Sie hier kommentiert haben, noch einmal genau zu lesen. ;)

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