Die App “Quizduell” schließt blinde Spieler aus

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Die App “Quizduell” schließt blinde Spieler aus

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Jahrelang war die Game-App “Quizduell” für blinde Spielerinnen und Spieler barrierefrei. Die neueste Version verabschiedet sich davon – und das ist eine Schande.

Seit 2013 kann man mit “Quizduell” quizzen. Es hat zahlreiche Fans, und es ist auch eine blinde Community um die App entstanden. Mitspielen ist kein Problem: Sie können sich die Fragen und Antworten vorlesen lassen. Die Mitglieder rätseln, sie diskutieren in Foren, sie treffen sich zu Stammtischen. Nicht nur unter sich, sondern auch mit den sehenden Quizduell”-Fans. So funktioniert Teilhabe übers Videospiel.

Bisher jedenfalls.

“Quizduell” schaltet die Barrierefreiheit ab

Denn die neueste Version vom “Quizduell” pfeift auf die Barrierefreiheit. Wo in der alten Version Sprachunterstützung möglich war, bleibt das Handy stumm. Während Sehende mit der neuen Version spielen, müssen blinde Menschen auf die alte Version zurückgreifen – wie lange die vom schwedischen Entwickler unterstützt wird, ist unklar.


“Quizduell”-Spieler Steffen Schubert und Karen Stevens von Electronic Arts über Barrierefreiheit in Videospielen.

Anfrage bei MAG Interactive: Aus technischen Gründen sei die Barrierefreiheit derzeit nicht machbar, man hoffe, die Barrierefreiheit nachträglich einbauen zu können. Für die Spielerinnen und Spieler bedeutet das aber: Vielleicht seid ihr bald die Grundlage eurer Community los. In den ersten Spielmodi sind sie bereits ausgeschlossen.

Dabei geht es so viel besser: Der aktuelle Blockbuster “The Last of Us 2” von Naughty Dog zum Beispiel macht es vor: Mehr als 60 Optionen gibt es, um das Spiel barrierefreier zu machen. Es gibt akustische Unterstützung, optische Signale, die Steuerung lässt sich anpassen, das Game kann leichter gemacht werden.

Ich wollte wissen, wie schwierig Barrierefreiheit in Games ist und habe mich mit Karen Stevens unterhalten. Karen ist Managerin für Barrierefreiheit beim Gameskonzern Electronic Arts. Es ist ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, dass EA-Spiele von so vielen Menschen wie möglich gespielt werden können. Karen sagt: “Es ist immer möglich! Manchmal wissen wir nicht genau wie, aber dann müssen wir darüber nachdenken.”

Barrierefreiheit ist möglich

Es dauert, aber es geht. Selbst in Actionspielen können Barrieren so weit wie möglich eingerissen werden. Electronic Arts zeigt das zum Beispiel mit dem Actionspiel “Star Wars: Jedi – Fallen Order”: Ein Spiel verlangt zu schnelle Reaktionen für körperlich beeinträchtigte Menschen? Dann lasst zu, dass sie langsamer machen! Farbenblinde können nichts erkennen? Lasst sie das Farbschema anpassen!

Eigentlich wäre Barrierefreiheit in einem simplen Spiel wie “Quizduell” ein Klacks. Man hätte sie nur von Anfang an mitdenken müssen. Und man hätte sie wollen müssen.

Das Team vom “Quizduell” hat das offenbar nicht gewollt. Die blinde Community ist erstmal raus. Teilhabe? Keine Diskriminierung? Fehlanzeige. MAG Interactive muss so schnell wie möglich nachbessern!

Über den Autor

Mit "Doom" fing es an; seitdem haben digitale Spiele Thomas Ruscher nicht mehr losgelassen. Wenn er nicht gerade selbst spielt, schreibt und spricht er über Battle Royale, Open Worlds, eSport, Roguelikes und alles, was sonst noch mit Games zu tun hat.

10 Kommentare

  1. auch wir haben uns zu diesem Thema informiert. unsere Recherchen haben ergeben: leider sieht es nicht gut aus für die Blinden und sehbeeinträchtigten Menschen die weiterhin Quiz Duell spielen möchten.
    jetzt ist die Solidarität der community gefragt.

  2. EA ist ein denkbar schlechtes Beispiel, wenn man bedenkt, dass bei manchen Spielen es ohne Online nicht geht, obwohl gar nicht unbedingt notwendig oder etwa in Plant vs. Zombies einige geldkostende Bugs sind.

  3. Als MAG Quizduell von FEO übernommen hat, muß es bekannt gewesen sein, daß es auch blinde Spieler gibt.
    Deshalb ist es eine Schande, daß der neue Anbieter darauf nicht eingegangen ist.
    Ich möchte auf jeden Fall mit meinen blinden Freunden weiterspielen können und überlege, wie auch einige andere, die App zu deinstallieren, bis dies wieder möglich ist.

  4. Die alte Version hätte bei etwas Pflege völlig ausgereicht. Den Firlefanz der neuen Version braucht kein Mensch, vor allem nicht zu Lasten der Barrierefreiheit. Wir möchten unsere sehbehinderten Freunde auch weiterhin dabei haben, also tut was oder steckt euch eure App an den Hut.
    Es gibt immer Alternativen. Ich bin zuversichtlich wir finden eine.

  5. Gibt leider nicht nur Apps, die nicht barrierefrei sind, sondern viele Websites funktionieren ohne JavaScript nicht und das Impressum ist meist nicht barrierefrei, obwohl rechtlich vorgeschrieben.

    • Thomas Ruscher am

      Danke für den wichtigen Hinweis! Beim “Quizduell” ist das aber auch noch besonders bitter, weil die App ja über viele Jahre hinweg barrierefrei war und der Community das nun Stück für Stück weggenommen wird.

    • Kristina am

      Nicht nur, dass die neue QD-App katastrophal „verschlimmbessert“ wurde und der Kommerz nun ganz offensichtlich im Vordergrund steht, der Ausschluss der blinden Community ist wirklich eine Frechheit und ein Rückschritt in die Steinzeit.

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