Facebook: Methoden wie beim Nachrichtendienst

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Facebook: Methoden wie beim Nachrichtendienst

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Dass Facebook äußerst robust mit Gegnern und Kritikern umgeht, wissen wir spätestens seit der sogenannten Soros-Affäre. Im Herbst 2018 kam heraus, dass Facebook die berühmt-berüchtigte Agentur „Definers Public Affairs“ aus Washington mit einer Schmutzkampagne gegen Kritiker des Datenkonzerns beauftragt hatte.

Nun musste Facebook die Existenz einer “Beobachtungsliste” eingestehen, auf der Konzern-Gegner und ehemalige Mitarbeiter verzeichnet sind. Außerdem räumte der Konzern ein, dass bei Bedarf der aktuelle Aufenthaltsort derjenigen geortet wird, deren Namen sich auf dieser Überwachungsliste befinden. Die auf jedem Smartphone verfügbare Standortübermittlungsfunktion eignet sich bestens dazu.

Facebook-Sicherheitsdienst führt Überwachungsliste

Facebook kann außerdem die Internet-Protokolladresse der Betreffenden tracken. Seit der Aussage des damaligen Europa-Managers Richard Allan vor dem Innen- und Rechtsausschuss des Kieler Landtages im Sommer 2011 ist auch öffentlich bekannt, wie detailliert persönliche Profile von Internet-Nutzern mit Facebook-eigener Software erstellt werden können. Rein technisch gesehen ist eine Komplettüberwachung mit den Daten und Analysemethoden, die Facebook im Köcher hat, überhaupt kein Problem.

Der Hamburgische Datenschützer Prof. Johannes Caspar ist alarmiert

Die Datenschützer hat das aufgeschreckt. Professor Johannes Caspar, der hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, hat dazu eine datenschutzrechtliche Untersuchung eingeleitet und einen ganzen Fragenkatalog an Facebook geschickt. Er will wissen, wer da wie weitgehend überwacht wird.

Bei entsprechenden Medienanfragen wirft Facebook mit Nebel. So argumentiert eine Facebook-Sprecherin, dass die auf der Überwachungsliste verzeichneten Menschen eine Bedrohung für Facebook darstellten. Was für eine Bedrohung das ist, bleibt schwammig. Facebook erklärt lediglich, das Unternehmen müsse sich gegen Gefährder und sogar Gewalttäter schützen. Und genau das würde Facebook mit der Beobachtungsliste tun.

Unklare Beobachtungskriterien

Die Kriterien, wann ein Name auf diese Liste gesetzt wird, verrät Facebook nicht. Reicht Kritik an den jüngsten Datenskandalen des Internet-Konzerns? Muss eine Beleidigung a la „F… you Mark“ gegen den Facebook-Chef per Mail oder Kommentar geäußert werden?

Der Hamburgische Datenschützer hat die irische Datenschutzbehörde eingeschaltet, weil diese für die Europa-Zentrale des Internet-Konzerns zuständig sind. Die Datenschützer rechnen erst in einigen Wochen mit Antworten von Facebook.
Der Hamburgische Datenschutzbeauftragte Caspar hat eine Liste mit Fragen an Facebook geschickt.

Inzwischen haben sich weitere ehemalige Mitarbeiter aus der Facebook-Sicherheitsabteilung bei Journalisten gemeldet, die über ihre Erfahrungen mit der Beobachtungsliste sprechen wollen. Hier scheint also Stoff für Datenschutzgeschichten zu liegen, die uns noch lange beschäftigen werden.

Über den Autor

Peter Welchering arbeit seit 1983 für Radio, Fernsehen und Print (u.a. Deutschlandradio, ZDF, verschiedene ARD-Sender, FAZ) und hat verschiedene Lehraufträge an Journalistenschulen in Deutschland und anderen Ländern. Online ist Welchering seit 1983.

3 Kommentare

  1. Off_Leiner am

    Na ja: Der entscheidende Unterschied zwischen einem staatlichen Nachrichtendienst und Facebook ist doch der, daß man letzterem erstens leichter entgehen kann – Account löschen oder gar nicht erst einrichten – und mit Boykott durch Abstinenz über kurz oder lang zu Fall bringen könnte, womit sich auch die kriminellen internen wie externen Methoden erledigt hätten: Schließlich “brauch” kein Mensch ein asoziales Netzwerk wie Facebook und seine Spießgesellen – das Problem ist leider nur, daß die Zahl derjenigen immer noch zunimmt, die im pathologischen Sinne abhängig geworden sind: DENEN müßten Ausstiegshilfen angeboten werden, und Prävention für die, die bisher noch clean sind.

    • Van Agaudi am

      Facebook braucht keinen Account von dir, um Daten über dich zu sammeln:
      Beliebte Android-Apps übermitteln durch eine kaum bekannte Schnittstelle Daten an Facebook. Das zeigt eine in Dez. 2018 bekannt gewordenen Analyse von Datenschützern. Betroffen sind Millionen Nutzer von vieler tausernder Apps. Facebooks bietet ein kostenfreies Software Development Kit (SDK) für Android-Apps an. Eine Art Werkzeugkasten für Softwareentwickler, die hiermit von Facebook Statistiken und Analysen über die eigenen App-Nutzer erhalten und so besonders Zielgruppen-gerechte Anzeigen schalten können. Natürlich profitiert auch Facebook davon.

  2. Das erinnert irgendwie an die Praktiken des “Office of Special Affairs (OSA)”, Scientologys Nachrichtendienst. Selbst schuld, wer (immer noch) FB nutzt.

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