“Eve Online” ist ein faszinierendes Computerspiel: Seit 17 Jahren brausen die Spieler in Raumschiffen durch das virtuelle All, treiben Handel und liefern sich Weltraumschlachten. Und seit 2015 können sie auch aktiv die Wissenschaft unterstützen. Seit einigen Monaten auch im Kampf gegen das Corona-Virus.
Die Idee ist so simpel wie brillant: In “Eve Online” gibt es das “Project Discovery”. Das ist ein Minispiel, in dem die Game-Piloten in einem Koordinatensystem Punkte-Wolken umkreisen müssen. Einfacher geht es kaum: Wolken-Ansammlung erkennen, mit der PC-Maus einen Rahmen drum herum zeichnen, fertig. Der Clou aber: Dieses Minispiel wird gefüttert mit wissenschaftlichen Daten. Die Punkte stellen Eigenschaften von Zellen dar und wie sie auf das Corona-Virus reagieren. Jedes Minispiel ist so eine kleine Datenanalyse.
So funktioniert die Forschung in “Eve Online”.
Inzwischen haben 117.000 Menschen weltweit diese Aufgaben 47 Millionen Mal gelöst. Laut der “Eve-Online”-Firma CCP Games entspricht das einer Forschungsarbeit von 36 Jahren. Ich habe Carsten Watzl, Leiter des Forschungsbereichs Immunologie an der TU Dortmund, gefragt, ob diese Rechnung realistisch ist. Seine Antwort: Ja. Und: Da entsteht ein wissenschaftlicher Erkenntnisgewinn!
Die Daten können genutzt werden, um Therapien gegen das Corona-Virus zu entwickeln, aber auch um Künstliche Intelligenzen zu trainieren. Denn noch ist das menschliche Auge dem Algorithmus überlegen: Wir können die Muster in den Cluster-Wolken besser erkennen als eine KI. Durch die massenhafte Datenerhebung durch die Spieler als Anschauungsmaterial kann sich das in Zukunft ändern.
Spielefirmen sollten sich ein Beispiel nehmen
Ich mag die Idee, wie Computerspiele für die Wissenschaft benutzt werden können, nicht nur in Eve Online. Spieler stellen schon jetzt ihre leistungsstarke Hardware als Rechenpower für die Forschung zu Verfügung, und in dem Game “Foldit” versuchen sie, Proteine gegen Corona zu entwickeln.
Das sollte weitergedacht werden: In fast jedem Spiel gibt es Wartezeiten, wer eine Runde “Fortnite” oder “PUBG” zocken möchte, muss vorher warten, bis die Runde startet. Diese Zeit könnte man sich mit einem Forschungsprojekt vertreiben und zwei, drei Zell-Analysen vornehmen.
Die Chance, spielerisch einen kleinen Beitrag im Kampf gegen Corona zu leisten, sollten wir uns nicht entgehen lassen. Nicht nur in “Eve Online”. Also, Spieleentwickler, Blizzard, Epic und wie ihr alle heißt, wie wäre es mit ein bisschen Wissenschaft in “World of Warcraft” und “Fortnite”? Für die gute Sache.
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Noch etwas weitergedacht:
Wer schon mal online gespielt hat, kennt den “Grind” um seinen Charakter, Fahrzeug, was auch immer auszubauen, zu verbessern, um an Boni zu gelangen
Die Spieldesigner können mini-Aufgaben einbauen, um nützliches für Spieler und Gesellschaft zu verbinden und den “Grind” dadurch etwas erträglicher gestalten.
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P.S.: Das passiert übrigens auch schon, siehe mini-game “Borderlands 3”
Schöne Idee – und danke für den Borderlands-Hinweis! Tatsächlich gibt es bei “Eve Online” bereits kleine Ingame-Belohungen für das Lösen der Mini-Aufgaben. Wenn diese Aufgaben nun noch so in die Spiele eingebaut werden, dass die Spielerinnen und Spieler sie im üblichen Spieldurchlauf lösen würden, es also gar keine Unterschied mehr zum “normalen” Gameplay gebe, wäre das eine sehr clevere Idee und spannendes Gamedesign.