Und es ist wieder passiert: Ein Hackangriff auf die Politik. Die privaten Daten und vertraulichen Dokumente Hunderter Politiker (und Prominenten) sind im Netz gelandet. Diesmal auf Twitter. Die Art und Weise, wie die geleakten Informationen verteilt wurden – nämlich zeitlich gestreckt – lässt den Verdacht zu, dass die Hacker ihre Arbeit genießen. Sie sagen uns: Seht her! Wir können so etwas – und ziehen den Schmerz bewusst in die Länge.
Geheimdienste waren es wohl eher nicht
Zumindest Geheimdienste kommen daher als Täter in diesem Fall eher nicht in Betracht. Allerdings ist der durch den jetzt bekannt gewordenen Leak entstandende Schaden enorm: Das Vertrauen in die Vertraulichkeit ist angeschlagen. Wenn vertrauliche Informationen und Dokumente von Politikern abgegriffen werden können – darunter offensichtlich auch von der Kanzlerin – dann ist so ziemlich alles denkbar.
Wir haben dieses Jahr einige Wahlen, unter anderem EU-Wahlen. Das Vertrauen in die Politik allgemein (weiter) zu erschüttern ist daher eine durchaus denkbare Motivation für den Datenleak. Auffallend, dass ausgerechnet AfD-Politiker von diesem Leak nicht betroffen sind. Sie könnten von der Aktion – gewollt oder ungewollt? – profitieren. Die “etablierte” Politik steht wie ein begossener Pudel da. Wer derart vorgeführt wird, der ist keine überzeugende Führungskraft – könnten viele denken.
Jörg Schieb beantwortet einige wichtige Fragen zum Bundestag-Leak
Weniger Vertrauen in die Technik
Natürlich: Man kann jetzt vortrefflich darüber diskutieren, ob Politiker “sich auskennen” und Daten ausreichend schützen. Selbst Hillary Clinton hat im Präsidentschaftswahlkampf private Handys benutzt, um vertrauliche Dokumente auszutauschen. Ein No-Go aus Sicht der Sicherheitsexperten. Aber wohl nie völlig zu verhindern.
Der Leak zeigt deshalb etwas anderes: Wie verletzlich wir durch den immer stärkeren Einsatz von digitaler Technik sind. Wie leicht vertrauliche Dokumente und Informationen in falsche Hände oder in die Öffentlichkeit gelangen können. Wenn aber selbst der Bundestag immer wieder Ziel von (erfolgreichen) Hackangriffen ist, wie sieht es dann erst in Unternehmen oder im Privatbereich aus?
Das sollte uns zu denken geben. Wir sollten der Technik nicht blind vertrauen, sondern immer skeptischer werden. Und vor allem sollten wir alle – die Politik zuerst – dem Thema Datensicherheit einen größeren Stellenwert einräumen.
6 Kommentare
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Wieso Hacker?
Zumindest teilweise ist es nur mangelhafter Datenschutz. Auf der Seite von Destatis findet man beispielsweise derzeit noch immer Adressdaten von der Landtagswahl 2012. Ein klarer Verstoß gegen Datenschutz.
Die Stadt Duisburg veröffentlichte letztes Jahr zu Weihnachten auch personenbezogene Daten im Internet und entfernte diese erst nach Einschaltung meiner Anwältin.
Also bitte nicht sofort von Hacking reden, wenn Datenschutz nicht eingehalten wird.
Darüber, was uns das sagen soll bzw. über mögliche Motivationen für die Hacks und die anschließende süffisante Veröffentlichung der “Ausbeute”, kann ich auch nur spekulieren.
Vllt war es reiner Spaß am Machbaren oder “Spaß an der Freud” …
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Ich halte es nicht für unmöglich, dass Politikern und uns überdeutlich gezeigt werden soll, wie anfällig (IT-) System und User für “Angriffe aller Art” sind.
Wie sensibel wir auf verletzte Privatsphäre reagieren, wenn wir sie am eigenen Leib bzw. Account erfahren.
Damit “die da oben” nicht mehr ganz so abstrakt oder unausgegoren Wischi-Waschi-Reden halten oder evtlle “Digitalisierungspläne” sowieso lieber unter Verschluss halten.
Damit Anliegen der Netzgemeinde überhaupt einmal bewusst gehört und ernst genommen werden.
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Schließlich will Deutschland “Digital-Weltmeister” werden und 2019 ist das “Wissenschaftsjahr der künstlichen Intelligenz”.
Ein angehender (?) Digital-Weltmeister braucht jedoch weit mehr als flächendeckende, weitestgehend “sichere” Funkverbindung und papierlose Verwaltungen.
Der KI-Entwickllung sollen und müssen (anonymisierte) Datenpools zur Verfügung gestellt werden.
– Möglicherweise soll dieser öffentlich gemachte Hack ein brachialer Weckruf sein, der dazu angregen soll, die Digitalisierung Deutschlands in die Öffentlichkeit und nochmal ganz nah an die Politiker zu bringen.
Immerhin sollen die Veröffentlichungen u. a. mindestens ein Nacktfoto enthalten – wenn das nicht gerade eine nackig geschorene Katze war, wäre das doch der Traum eines jeden Erpressers …
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Ja, ich glaube ganz fest an das Christkind.
Ein frohes neues Jahr!
Sehr geehrter Herr Schieb,
“Wie leicht vertrauliche Dokumente und Informationen in falsche Hände oder in die Öffentlichkeit gelangen können.”
genau so sehe ich dies auch, vor allem in dem Hinblick der elektronischen Patientenakte oder Gesundheitsakte. Wenn diese eingeführt werden und nicht wirklich sicher sind so sehe ich hier erhebliche Probleme auf die Gesellschaft zukommen.
Freundliche Grüße
Uli
Egal, wenn’s mal richtig hart auf hart kommt, dann kann man immer noch den Russen, den Chinesen, den Nordkoreanern oder, wenn alle Stricke reißen sollten, eben der AfD die Schuld in die Schuhe schieben. Irgendeinem Relotiusnachfolger wird schon irgendwas Kreatives einfallen …
Willkommen in der Suppenküche: Alles in einen Topf geworfen… Ist Relotous jetzt der neue Joker? In diesem Beitrag jedenfalls wird niemandem die Schuld gegeben, auch nicht der AfD.
Nein, Ihr Artikel gibt der AfD tatsächlich nicht die Schuld, was ich Ihnen auch nicht vorgeworfen habe. Lesen Sie doch bitte mal den sog. “Faktenfinder / Daten im Netz veröffentlicht Wer steckt hinter der Attacke?” auf der tagesschau-Seite. Dann vergleichen Sie bitte die dortigen Vermutungen (bzw. Gensings “Fakten”?) mit den Aussagen des innenpolitischen Sprechers auf der gestrigen Bundespressekonferenz, der sich nicht nur extremst vorsichtig äußerte, sondern überhaupt keine Fakten lieferte. Der o. g. “Faktenfinder” wusste da schon wesentlich mehr zu präsentieren, mit ganz klarer Tendenz: “… doch zumindest weist die Auswahl vieler attackierten Personen und Kommentare zu den Veröffentlichungen auf ein teilweise rechtes Motiv hin… .”.
“Weist […] auf ein teilweise rechtes Motiv hin” beantwortet also hinreichend die Eingangsfragestellung “Wer steckt hinter der Attacke?”. So schnell wird ein bloßer Hinweis zum Faktum im “Faktenfinder”, noch bevor überhaupt die Ermittlungen richtig anliefen. Postfaktisch, nennt man das doch, oder nicht? Ist das eine “saubere”, journalistische Recherche? Den “Relotius-Joker” brachte der sog. “Faktenfinder” also einzig und allein selbst ins Spiel. Karl May lässt herzlich grüßen. Und, richtig: “Willkommen in der Suppenküche” – bin ganz auf Ihrer Seite.