Wie Facebook, Twitter und Co. reguliert werden könnten

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Wie Facebook, Twitter und Co. reguliert werden könnten

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Der 6. Januar 2021 ist der “9/11-Moment der sozialen Medien”, schreibt EU-Kommissar Thierry Breton bei POLITICO. So wie der 11. September 2001 ein Wendepunkt für die Sicherheitspolitik war, so sei der Sturm aufs Kapitol in Washington ein Wendepunkt für die Rolle digitaler Plattformen in unserer Demokratie. Ich gebe ihm recht.

Mittlerweile geht es kaum noch darum, ob die Politik Plattformen wie Facebook, YouTube oder Twitter regulieren sollte. Die Frage ist eher, wie das passieren soll, wer die Regeln festlegt und wer sicherstellt, dass bei aller Moderation von Inhalten die Meinungsfreiheit gewahrt bleibt.

Facebook hat sich für die Flucht nach vorne entschieden: “Gerade bei der Moderation von Inhalten würden wir uns wünschen, wenn wir als Privatunternehmen nicht so viele weitreichende Entscheidungen ganz alleine fällen müssten”, sagt Policy-Sprecherin Anne Laumen in COSMO TECH. Jörg Schieb und ich blicken in der neuen Ausgabe des Podcasts auf die bisherigen Ideen für eine Regulierung der Internetkonzerne.

Audioplayer

Wer kontrolliert die Internetkonzerne? – COSMO TECH

Eine Idee hat der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen 2019 auf der re:publica vorgestellt. Er schlägt vor, den Internetkonzernen die Macht über das digitale Hausrecht zu nehmen. Stattdessen könne ein Plattformrat die Regeln verfassen und kontrollieren. Ein solcher Plattformrat wäre mit Vertretern gesellschaftlicher Gruppen besetzt – so dass am Ende demokratisch legitimierte Regeln entstehen.

Eine andere Idee stammt vom US-amerikanischen Politikwissenschaftler Francis Fukuyama. Er schlägt vor, dass nicht die Plattformen die Inhalte moderieren, sondern externe Unternehmen, die kein finanzielles Interesse daran haben, die Nutzerinnen und Nutzer mit aufwühlenden Inhalten möglichst lange bei der Stange zu halten.

Und dann wäre da noch die Frage, welche Zukunft das Plattformprivileg hat. Soziale Netzwerke gelten als Infrastruktur für Debatten – werden aber kaum inhaltlich in die Verantwortung gezogen. In den USA sorgt dafür Section 230 im Communications Decency Act – über die Joe Biden der New York Times sagte, sie gehöre abgeschafft.

Donald Trump zu sperren, halte ich nach wie vor für die richtige Entscheidung – von der mittlerweile auch klar ist: Sie hatte einen Effekt. Ich halte auch das Deplatforming rechtsextremer Plattformen und Aktivisten für nachvollziehbar. Problematisch ist aber der Weg, auf dem all das zustande gekommen ist. Denn er riecht nach Willkür. Die Ideen, die jetzt für eine Regulierung der Plattformen im Raum stehen, könnten das ändern.

Über den Autor

Dennis Horn, offline geboren 1981 in Köln, arbeitet als Digitalexperte in der ARD. Für Tagesschau und Morgenmagazin ordnet er die Entwicklungen in der digitalen Welt ein - und in Digitalistan bloggt er seit vielen Jahren darüber.

3 Kommentare

  1. Fukuyamas Idee finde ich interessant, weil sie bei den ökonomischen Anreizen ansetzt und eine strukturelle Lösung vorschlägt. Wir arbeiten uns nicht nur in dieser Frage viel zu oft an Oberflächenphänomenen ab und ignorieren die Kräfte, die diese Phänomene hervorbringen. Statt über die Geschäftsmodelle, die das Plattformdesign treiben, reden wir über Inhalte und Moderationsregeln; statt über Onlinewerbung und Datenbusiness reden wir über Cookies; statt über die Organisation der Schuldigitalisierung und die nötigen Investitionen streiten wir über die besten Softwareprodukte. Am Ende wundern wir uns, wenn dabei außer Geschrei und Compliance-Zirkus nichts herauskommt.

  2. Überwiegend Zustimmung! Jedoch halte ich das Deplatforming sämtlicher (!), extremer Plattformen und Aktivisten (also: links, paramilitärisch, rechts, religiös etc.) nicht nur für “nachvollziehbar”, sondern vielmehr für zwingend notwendig.
    Man kann versuchen, noch so viele Ventile und Undichtigkeiten an einem Schnellkochtopf zu schließen: wenn der Überdruck (hier, der gesellschaftliche) zu groß wird, platzt er trotzdem doch irgendwann; dann umso heftiger. Regulierungen, Gesetze und Verbote werden das nicht lösen, bestenfalls nur verzögern, können. Nur weil etwas nicht mehr gelesen werden kann, heißt das noch lange nicht, dass es in den Köpfen nicht mehr existiert. Der Grat zwischen freier Meinungsäußerung (fälschlicherweise, “Meinungsfreiheit” genannt – ich habe grundsätzlich die Freiheit, jede(!) Meinung zu haben bzw. anzunehmen, die ich will; ich darf sie nur nicht überall kundtun) und Zensur wird auch dadurch immer schmaler. Eine gute Entwicklung ist das auch nicht.
    Den Vergleich mit 9/11 halte ich für unangemessen: das war ein barbarischer, religiösmotivierter, terroristischer Massenmord!

    • Dennis Horn am

      @Dino: Breton vergleicht den 6. Januar 2021 nicht mit dem 11. September 2001, sondern die Wirkmacht der beiden Ereignisse auf die jeweils mit ihnen verbundenen Debatten über Sicherheitspolitik und Netzpolitik: “Just as 9/11 marked a paradigm shift for global security, 20 years later we are witnessing a before-and-after in the role of digital platforms in our democracy.”

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