Die Spielebranche hat jahrelang danach geschrien – jetzt bekommt sie ihre Förderung. Bis zu 200.000 Euro können Spieleentwickler in Deutschland vom Staat kassieren, damit sie ihre Projekte verwirklichen. Das ist die erste bundesweite Förderung von Computerspielen überhaupt. Und es wird höchste Zeit.
Deutschland ist kein Entwicklerland
In Deutschland lieben wir Computerspiele: 2018 haben wir 4,4 Milliarden Euro für sie ausgegeben. Wenn es aber an die Entwicklung geht, sieht es traurig aus: Von 100 Euro, die in Deutschland für Games ausgegeben werden, landen nur etwa 5 Euro in den Taschen der deutschen Entwickler. Obwohl es einzelne Vorzeigespiele gibt, “Anno 1800” oder “Shadow Tactics” zum Beispiel.
Doch das ist nicht genug. Schon der Blick auf den Deutschen Computerspielpreis, dieser traurigen Veranstaltung, zeigt, wie hoch der Nachholbedarf in der Branche ist. Nachdem sie jahrelang ignoriert oder verteufelt wurde – Stichwort: Killerspieldebatte -, ist es jetzt richtig und wichtig, dass das Medium Unterstützung bekommt. Auch mit Steuergeldern, also von uns allen finanziert.
So funktioniert die Förderung.
Die De-minimis-Förderung soll für höhere Umsätze und damit wiederum für höhere Steuereinnahmen sorgen. Es geht aber nicht nur um wirtschaftliches Kalkül. Hier geht es auch um Kulturförderung, und auch wenn viele es nicht gerne hören: Computerspiele sind die Kulturform des 21. Jahrhunderts.
Wie in der Literatur oder im Kino reicht die Spannbreite der Produktionen von reiner Unterhaltung bis zu echten Meisterwerken. Letztes, bestes Beispiel: Das jüngst erschienene “A Plague Tale” zeigt, wie visuell und akustisch beeindruckend eine Geschichte über den Verlust der Unschuld erzählt werden kann. “A Plague Tale” kommt aus Frankreich. Das Mittelaltermärchen hätte aber ebenso gut aus Deutschland kommen können.
Jetzt müssen sich Deutschlands Entwickler beweisen
Richtig ist: Mit höchstens 200.000 Euro lassen sich nur kleinere Games umsetzen. Mehr soll es Ende des Jahres geben. Dann wird, falls die Europäische Kommission grünes Licht gibt, ein Fördertopf von 50 Millionen Euro freigegeben. Aber gerade die kleinen Projekte, die jetzt gefördert werden, sind wichtig.
Spätestens im November nächsten Jahres müssen sie fertig sein. Dann werden Kritiker, Spieler und Medien sehr genau schauen, was die Gamedesigner mit den Steuergeldern angestellt haben. Es müssen keine brillanten Spiele sein – aber sie müssen mutig sein, sie müssen sich etwas trauen und etwas anderes machen. Sie müssen beweisen, dass die deutsche Gamesbranche die Förderung auch verdient hat.
5 Kommentare
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Eine anerkannte Suchterkrankung auch mit unser aller Geld zu fördern, statt es für Hilfen für Spiel- und Smartphonesuchterkrankte und für die Suchtprävention auszugeben, ist ein SKANDAL:
Siehe statt aller: “Pressemeldung: Computerspielsucht als Krankheit anerkannt – das wird Betroffenen helfen” ( = https : / / w w w . presseportal . de / pm / 7 7 9 7 8 / 3 9 7 1 8 7 4 )
Entschuldigung, ich hatte ein Wort vergessen.
Es muß natürlich heißen:
“Eine anerkannte Suchterkrankung auch NOCH mit …”
Sind wir mal ehrlich: “Mutig sein, sich etwas trauen und etwas anders machen” müssen Spiele höchstens dann, wenn wir das Ganze als reine Kulturförderung betrachten. Reden wir von Wirtschaftsförderung, spielt das absolut keine Rolle. Wie “neu und mutig” sind denn die aktuellen Verteter von FIFA, Battlefield, Call Of Duty, Far Cry und Co.? Oder auch das deutsche “Anno 1800”, das ebenfalls nur ein lange bewährtes Konzept weiterstrickt? Und die verkaufen sich alle trotzdem millionenfach. Woran es deutschen Spieleschmieden schon in der Vergangenheit mangelte (und das gilt beispielsweise auch für Piranha Bytes), war nicht etwa mangelnde Keativität, sondern vor allem mangelnde Professionalität.
Ich denke “einfach weiter stricken” kann man sich aber auch nur erlauben, wenn man schon eine Marke mit Marktmacht hat.
Verhältnismäßig kleinen Spiele (für die bis zu 200.000 € Zuschuss ein bedeutender Zuschuss sind und nicht nur wie beim FIFA-Aufguss die Portokasse ein bisschen ausbessern), müssen schon auffallen und ausgefallen sein, sonst gehen sie in der Schwelle an Einheitsbrei schlicht unter. Oder sie müssen sich den Vorwurf gefallen lassen nur der billige Abklatsch eines bekannten Spiels zu sein. Insofern, ja, Mutig sein gehört dazu.
Ich sehe das ähnlich wie Thorsten: Auch mit 200.000 Euro extra für die Entwicklung lassen sich keine Grafikkracher wie Battlefield entwickeln. Da müssen zwangsweise sehr, sehr viel kleinere Spiele entstehen. Natürlich könnten diese kleinen Produktionen auch nur genau das machen, was eh schon etabliert ist und könnten damit halbwegs erfolgreich sein. Ich halte es aber für wichtig, dass mit diesem Geld etwas entsteht, was zumindest an der einen oder anderen Stelle eine gewisse Exzellenz hervorblitzen lässt. Es muss sicher nicht das nächste Minecraft aus Deutschland kommen. Aber um zu zeigen, dass die Förderung auch im kulturellen Sinne gut angelegt ist, wünsche ich mir zumindest ein paar, ich sage mal, Leuchtturmspiele.