Datenschutz endlich mal ernst nehmen

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Datenschutz endlich mal ernst nehmen

Kommentare zum Artikel: 10

Heute (28.01.2019) ist europäischer Datenschutztag. Eine Idee des Europarats. Der möchte, dass wir User regelmäßig für Datenschutz sensibilisiert werden – so die offizielle Begründung, warum der Tag ins Leben gerufen wurde. Mein Vorschlag wäre, doch mal die Politik und Wirtschaft für das wirklich wichtige Thema zu sensibilisieren. Nicht wir, die User, sollten vorsichtig(er) sein, sondern die Konzerne weniger Möglichkeiten haben, Daten zu erheben, zu speichern und auszuwerten. Wie wäre das denn?

Datenschutz: Fotos von Menschen unter Lupe; Rechte: Pixabay

Europäischer Datenschutztag: Die Konsumenten müssen strukturell geschützt werden

Nach sieben Tagen alles automatisch löschen

Grund genug für ein radikales Umdenken gibt es allemal. Die Datenschutzexpertin Katharina Nocun zum Beispiel vergleicht die im Netz übliche Praxis sehr anschaulich: Wie würden wir es wohl finden, wenn uns beim Einkauf im Supermarkt die ganze Zeit ein Mitarbeiter über die Schulter schaut und alles genau beobachtet – sogar, was wir uns anschauen und welche Waren wir wieder zurück ins Regal legen? Wir würden wohl ausflippen … Doch online passiert genau das. Die Anbieter wissen genau, was wir uns vor sieben Monaten angesehen haben – und wie lange. Aber weil wir es nicht mitbekommen, stören wir uns nicht daran.

Es wäre Aufgabe der Politik, verbindlich zu klären, wie viel Datensammeln in Ordnung geht und was nicht. Möglich, dass es das Einkaufserlebnis verbessert, wenn uns die Onlineshops beim Einkaufen zuschauen. Aber warum schreiben wir den Unternehmen nicht zum Beispiel vor, solche Daten nach sieben Tagen wieder zu löschen? Per Default. Wenn ein Onlineshop die Daten länger speichern will, muss er nicht nur um Zustimmung bitten, sondern auch dafür etwas tun. Zum Beispiel Rabatte gewähren.

https://vimeo.com/278617324

Auch Kinder verdienen Datenschutz: Hier allerdings sind die Eltern in der Pflicht

Wirksamer Datenschutz in unserem Interesse

Das wäre Datenschutz, der uns Konsumenten keine Mühe macht – und Vorteile brächte. Datenschutz by Design. Dann bräuchte man auch keine komplizierte DSGVO, die für Unruhe bei Ärzten oder Friseuren sorgt, aber die großen Onlinedienste weitgehend unbeeindruckt lässt. Es wäre ein großer Wurf beim Datenschutz wünschenswert. Also etwas, was die Prinzipien ändert, nicht die Details. Datenschutz im Sinne der Verbraucher, nicht im Sinne der Unternehmen.

Es geht nicht darum, jeden Cookie zu verdammen und jedes Eingabeformular als Bedrohung zu empfinden. Es geht darum, einen fairen Umgang mit Daten anzustreben. Mit völliger Transparenz und vor allem Gestaltungsmöglichkeit für den Verbraucher. Mit serienmäßig eingebautem Datenschutz. Und ohne Lücken, also ohne die Möglichkeit, mit dem Hinweis auf Firmensitz in Irland, Kalifornien oder sonstwo bevorzugt behandelt zu werden.

Das wäre es, was ich mir für den europäischen Datenschutztag wünsche.

 

Über den Autor

Jörg Schieb ist Internetexperte und Netzkenner der ARD. Im WDR arbeitet er trimedial: für WDR Fernsehen, WDR Hörfunk und WDR.de. In seiner Sendung "Angeklickt" in der Aktuellen Stunde berichtet er seit 20 Jahren jede Woche über Netzthemen – immer mit Leidenschaft und leicht verständlich.

10 Kommentare

  1. Angelika am

    Es ist keiner gezwungen, sich ein Smartphone anzuschaffen. Aber 95 % (+++) machen das dooch gerne und freiwillig und dauernd und überall. Sollen sie doch. Alle anderen lassen es einfach sein. So, what?

    • Im_Diggi_Tal am

      “So what?” würde ich auch gerne denken und sagen können.
      Allein: Die Smartphonesucht und die Digitalgläubigkeit als Ersatzreligion machen ja nicht nur die Süchtigen kaputt, sondern gefährden auch unsere gesamte demokratische, freiheitliche und rechtsstaatliche Gesellschaft – Stichworte Wahlbeeinflussung durch social bots, vermeintliche “rechtsfreie” Räume im Internet, Weigerung oder Unfähigkeit der Politik, die organisierte Kriminalität der Facebook, Google und Komplicen unter Kontrolle zu bekommen.
      Dieses alles macht es immer dringender, sowohl die SUCHTEPIDEMIE einzudämmen als auch von der VERGOTTUNG alles Digitalen herunter- und wieder auf den Teppich menschlicher Wirklichkeit zu kommen, um einen klaren Blick auf die Gefahren zu bekommen und endlich anzufangen, die wirklich effektiv zu bekämpfen.
      Dabei wären Handy-Total- und Gesamt-Digital-Verbote in Schulen, Suchtaufklärung, Suchttherapien, Anerkennung der Smarphonesucht durch die gesetzliche Krankenversicherung und Suchtprävention ein Anfang…

      • DasHeimnetzwerkDe am

        Es gibt auch einen Zwischenweg zwischen “jeder soll machen” und “alles verbieten”.

        Dieser liegt darin “das Richtige” als Voreinstellung zu verwenden (siehe R. Thaler, paternaler Liberalismus).

        Die Möglichkeit des freien Handelns des einzelnen bis zur Unkenntlichkeit einzuschränken, das ist sicherlich auch kein guter Weg. Vor allem wenn man dann konsequenterweise generalisiert und alles verbietet (z.B. Alkohol, …) , was sich negativ auf den einzelnen auswirkt oder auch nur auswirken könnte.

        • Im_Diggi_Tal am

          Das stimmt nicht immer und überall.
          Oder würden Sie auch Pest, Cholera, Tuberkulose und Diphterie nicht bekämpfen wollen?
          Oder Crystal Meth, Heroin und Kokain?
          Nein? Na, sehen Sie, und die Smarphonepestilenz ist NICHTS anderes – die Digitalsucht wird schon “Digital Crack” genannt.
          Außerdem geht es hier nicht nur um “negative Auswirkungen auf den einzelnen” (übrigens: Wenn schon, dann auch auf “die einzelne”!), sondern auf die ganze Gesellschaft, die Demokratie und den Rechtsstaat (s. meinen Kommentar von 10:44).

  2. Was interessiert die Leute der Schutz von Daten, wenn sie bereits leichtfertig Bilder oder Videos ihrer Kinder posten, wo doch angeblich über Pädophile sind? (Stichwort Helikoptereltern) Ich bin jetzt 32 und das erste, was ich als Kind/Jugendliche mitbekommen habe, war: Setzt keine Bilder von euren Kindern ins Netz. Wenn Eltern nicht einmal bereit sind ihre (sich dagegen wehren könnenden) Kinder zu schützen, wen interessiert dann irgendwas? Da wird weiter gepostet, wo man gerade ist, welchen Beziehungsstatus man hat und shoppt weiter im Netz, weil ja immer mehr Läden schließen…..
    Und die ganz schlauen haben dann Angst vor der Islamisierung Deutschlands, die Unfreiheit bedeuten würde…oh man…dabei ist ihr neuer Anführer mit dem Namen Alexa bereits im eigenen Haus, während man auf die ehemalige DDR und die Stasi schimpft und solches Mitgefühl mit den Opfern hat.

  3. Um Nutzer überhaupt erst einmal für die ganze Datenabgreiferei bei alltaglichen Anwendungen zu sensibilisieren, müsste uns mMn haarklein vor Augen geführt werden, w a s wie mit unseren Daten passiert. Was wird da ausgewertet – warum und von wem? Enden diese Auswertungen bei personalisierter Werbung und “verbesserter Benutzer-Erfahrung”?
    Die (z. B.) seitenlangen OptOuts von Google sind für viele einfach nur entnervend und viel zu abstrakt. – Wer schaut schon nach, warum diese Google-Partner überhaupt auf den Seiten eingebunden sind, was machen sie, haben sie einen sog. “Mehrwert” für den Nutzer?
    Wir haben uns für meine Begriffe v i e l – z u – s e h r an diesen ganzen Datenwahnsinn gewöhnt.
    Persönliche Daten sammeln, auswerten (und zusammenführen) sehe ich immer noch nicht als “eigentliches Hauptziel des Internets”.
    Vielen scheint es da anders zu gehen: “So funktioniert es eben … ”
    Warum?

  4. Solange z. B. das
    |*| blog.wdr.de/digitalistan/der-spion-der-den-de-cix-liebte
    von der erwähnten “Politik” und sogar höchstrichterlich für gut und notwendig befunden wird, solange ist ein Onlineversandhaus, das meine Kaufhistorie speichert, sicher nur ein ganz kleines Übel im perversen Geschäft der globalen Bespitzelung.
    “Es geht darum, einen fairen Umgang mit Daten anzustreben. Mit völliger Transparenz und vor allem Gestaltungsmöglichkeit für den Verbraucher.”
    Lol – der war gut: Verbraucher schützen müssen, aber zugleich Bürgerinnen und Bürger gnaden- und anlasslos überwachen dürfen |*|.
    Ja, die hat’s schon drauf – diese “Politik”, aka Datenschutz made in Germany. ;)

    • Ich muss zugeben, dass ich nicht verstehe, was gemeint sein soll. Wo gibt es denn eine “lückenlos Überwachung der Bürger”? In Deutschland kann man das wohl kaum zu sagen.

      • Im_Diggi_Tal am

        “Ich muss zugeben, dass ich nicht verstehe, was gemeint sein soll. ”
        Wirklich nicht?
        Haben Sie schon einmal etwas vom sog. “Smartphone” gehört?
        Von “Siri”?
        Von “Alexa”?
        Vom “Smarthome”?
        Jeder und jede, der und die derlei besitzen, tragen die eigene Stasi-Zentrale in der Tasche mit sich herum bzw. laden sie sich ins eigene Heim ein – und setzen sich vollkommen freiwillig jeder Form von Kontrolle und Überwachung rund um die Uhr aus – vor allem durch die sie ausbeutenden Konzerne, wobei diese die Totalkontrolle und Fernsteuerung durch Apps und Waren bestellende Kühlschränke auch noch als “Service” verkaufen – und damit, das ist das Schlimme, auch noch Erfolg haben!

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